Palästinensisches Netzwerk:Scholz kündigt Verbot von Samidoun an
von Dominik Rzepka
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Kanzler Olaf Scholz hat ein Betätigungsverbot der Hamas sowie ein Verbot des palästinensischen Netzwerks Samidoun in Deutschland angekündigt. Er verurteilte Antisemitismus scharf.
Nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel mit vielen Hundert Toten hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein Betätigungsverbot für die Organisation in Deutschland angekündigt. Die Hamas ist von der EU und den USA bereits als Terrororganisation eingestuft. In Deutschland ist sie nicht verboten, weil sie keine Vereinsstruktur unterhält. Ein Betätigungsverbot kann aber ausgesprochen werden
Auch das palästinensische Netzwerk Samidoun soll verboten werden, wie Scholz am Donnerstag in seiner Regierungserklärung sagte.
... ist ein Verein, der - offiziell - für die Befreiung palästinensischer Gefangener eintritt. Ihm wird eine zentrale Rolle bei der Verbreitung israelfeindlicher, antisemitischer Propaganda zugeschrieben. Vereinsmitglieder hatten in Berlin auf offener Straße die Angriffe der Terrororganisation Hamas auf Israel gefeiert.
Scholz warf den Mitgliedern des Vereins vor, brutalste Terrorakte auf offener Straße zu feiern. Scholz sagte unter großem Beifall im Bundestag:
Wer zum Beispiel israelische Flaggen verbrenne, mache sich strafbar. Samidoun hatte am Wochenende die Angriffe der Hamas bejubelt. Auf der Sonnenallee in Neukölln hatte der Verein unter anderem Süßigkeiten verteilt.
Sehen Sie hier die Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in ganzer Länge.12.10.2023 | 20:42 min
Kein "Ja, aber"
Scholz kritisierte auch Videos und Posts in den sozialen Netzwerken, in denen Israel die Schuld an den Angriffen gegeben werde:
Er habe in der Vergangenheit oft mit Vertretern Israels geredet, auch mit der aktuellen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Dabei habe er immer auch kritische Fragen gestellt, etwa in Bezug auf den israelischen Siedlungsbau. "Aber nichts rechtfertigt auch nur im Entferntesten Gewalt gegen unschuldige Frauen und Männer. Jedes "ja, aber", sei fehl am Platze.
In seiner Regierungserklärung im Deutschen Bundestag gab Scholz Iran eine Mitschuld am Hamas-Angriff auf Israel. Zwar gebe es im Moment keine handfesten Belege dafür, dass Iran die Angriffe seit Samstag operativ unterstützt habe, aber:
Die jubelnden Äußerungen der Spitze des iranischen Regimes nannte Scholz abscheulich. "Die Führung in Teheran zeigt ohne Scham ihr wahres Gesicht und bestätigt damit ihre Rolle in Gaza."
Waren die iranischen Revolutionsgarden in die Planung des Hamas-Terrors direkt eingebunden? Welche Hinweise gibt es bislang? Das sagen Experten zu den Vorwürfen Richtung Teheran.
von Nils Metzger
Scharfe Kritik an Mahmud Abbas
Scholz kritisierte auch die palästinensische Autonomiebehörede und ihren Präsidenten Mahmud Abbas. Dieser hätte die Gewalt bisher nicht klar verurteilt. In Richtung Abbas sagte Scholz:
In diesem Jahr hat Deutschland nach Angaben des Auswärtigen Amts 73 Millionen Euro an humanitärer Hilfe gezahlt. Außerdem gibt es für dieses und kommendes Jahr Zusagen für Entwicklungsprojekte wie etwa Entsalzungsanlagen in Höhe von 250 Millionen Euro.
Fast 700 Millionen Euro zahlt die EU jedes Jahr an die Palästinenser, vor allem für humanitäre und soziale Projekte. Diese Gelder werden jetzt überprüft.10.10.2023 | 4:28 min
Merz dankt anderen Parteivorsitzenden
CDU-Chef Friedrich Merz dankte zu Beginn seiner Rede den Parteivorsitzenden von SPD, CSU, FDP und Grünen. Bereits am Sonntag hätten alle Parteivorsitzenden eine gemeinsame Erklärung zu den Anschlägen abgeben können.
Anschließend sprach Merz dem israelischen Volk sein Mitgefühl aus. Der 7. Oktober werde als "schwarzer Tag in die Geschichtsbücher des jüdischen Volks eingehen". Auch Deutschland nehme diesen Tag in seine Geschichtsbücher auf. Jeder zivilisierte Mensch stehe in diesen Tagen an der Seite Israels.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sicherte Jüdinnen und Juden Schutz zu. Deutschland werde "alles dafür tun, um jüdische Einrichtungen, um jüdische Institutionen, aber auch das Leben auf deutschen Straßen für jüdische Menschen" zu sichern.
Gauland kritisiert "Lippenbekenntnisse"
Auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch und FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai verurteilten die Anschläge der Hamas. Beide sprachen sich für einen Kurswechsel der deutschen Iran-Politik aus.
Der AfD-Abgeordnete Alexander Gauland warf der Bundesregierung Lippenbekenntnisse vor. Er kritisierte den Ausspruch des Kanzlers sowie dessen Vorgängerin, die Verteidigung Israels sei deutsche Staatsräson. Als Angela Merkel diesen Satz seinerzeit gesagt habe, sei deutsches Steuergeld an antisemitische Hilfswerke geflossen.
Israel reagiert auf die Terror-Angriffe vom Wochenende mit schweren Luftangriffen auf den Gazastreifen. Es laufe "ein groß angelegter Angriff" gegen zur Hamas gehörende Ziele. 12.10.2023 | 1:40 min
Bundestag erklärt Solidarität mit Israel
Im Anschluss an die etwa zweistündige Debatte hat der Bundestag ein Zeichen der Solidarität für Israel gesetzt. "Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Das Existenzrecht Israels ist durch nichts zu relativieren", heißt es in einem Antrag, der von SPD, Grünen und FDP gemeinsam mit der Union eingebracht wurde. Dem Antrag stimmten auch Linke und AfD zu.
In ihm heißt es unter anderem, Deutschland müsse "auf der Grundlage des Völkerrechts Israel alles Notwendige und Erwünschte zur Verfügung stellen, was es für die Verteidigung braucht".
Mit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert. Israel greift infolge der Terrorattacke Ziele im Gazastreifen an. Ein Rückblick.