Tour-de-France: Vingegaards letzte Hoffnung gegen Pogacar
Analyse
Tour-de-France-Zwischenbilanz:Was Jonas Vingegaards letzte Hoffnung ist
von Benno Krieger
|
Tadej Pogacar führt mit mehr als drei Minuten Vorsprung, muss aber noch die letzte Woche überstehen. Wer hat bei der Tour überzeugt? Wer hat enttäuscht? Eine Analyse mit Ausblick.
Jonas Vingegaard hat am Sonntag über eine Minute auf Tadej Pogacar im Gesamtklassement verloren.
Abseits des Kampfes um Gelb hat der britische Sprinter Mark Cavendish auf der fünften Etappe mit seinem 35. Tour-de-France-Etappensieg einen historischen Erfolg gefeiert. Doch er schrieb nicht als einziger Geschichte. Eine Bilanz der bisherigen Tour de France:
1. Tadej Pogacar (SLO) UAE Team Emirates 61:56:24 2. Jonas Vingegaard (DEN) Team Visma - Lease a Bike +3:09 3. Remco Evenepoel (BEL) Soudal - Quick-Step +5:19 4. João Almeida (POR) UAE Team Emirates +10:54 5. Mikel Landa (ESP) Soudal - Quick-Step +11:21 6. Carlos Rodríguez (ESP) INEOS Grenadiers +11:27 7. Adam Yates (GBR) UAE Team Emirates +13:38 8. Giulio Ciccone (ITA) Lidl - Trek +15:48 9. Derek Gee (CAN) Israel - Premier Tech +16:12 10. Santiago Buitrago (COL) Bahrain Victorious +16:32 ... 75. Nils Politt (Deutschland/UAE Emirates) + 2:49:38
Gewinnt Girmay als erster Afrikaner das Grüne Trikot?
Biniam Girmay gewann dieses Jahr als erster Schwarzafrikaner bei der Tour de France eine Etappe - und ließ gleich zwei weitere Tagessiege folgen. Alle drei Siege holte er im Massensprint. Der 24-Jährige hat sein Talent durch einen Etappenerfolg beim Giro d'Italia und dem Sieg beim Klassiker Gent-Wevelgem unter Beweis gestellt, aber dass er bisher bei der Tour de France häufiger gewann als Top-Sprinter Jasper Philipsen (zweimal), ist eine große Überraschung.
In seinem Heimatland Eritrea, wo Rennradfahren Volksport ist und eine größere Rolle als Fußball spielt, ist Girmay damit zur Legende geworden. Jetzt hat er dazu die große Chance als erster Afrikaner das Grüne Trikot zu gewinnen. In der Sprintwertung liegt er komfortable 86 Punkte vor Philipsen.
Roglic gibt zum dritten Mal bei der Tour de France auf
Gar nicht nach Plan verlief die Tour de France fürs Team Red Bull Bora Hansgrohe. Vor der Saison hatte die einzige deutsche Mannschaft Red Bull als weiteren Hauptsponsor geholt und den Ex-Vuelta- und Giro-Sieger Primoz Roglic extra verpflichtet, um mit ihm die Tour zu gewinnen.
Roglic stürzte jedoch zweimal und gab am Freitag auf. Für den Slowenen keine Ausnahme. In diesem Jahr kam er schon bei der Baskenland-Rundfahrt und der Dauphine-Tour zu Fall; 2021 und 2022 musste er bei der Tour de France mit Sturzverletzungen aufgeben.
Hinzu kommt, dass Roglic in diesem Jahr schon vor den Stürzen nicht mit seinem Landsmann Pogacar mithalten konnte. Und die Mission Tour-Sieg wird 2025 für den 34-jährigen Roglic nicht leichter, denn seine Konkurrenten sind alle deutlich jünger.
Wie lief die Tour de France bisher aus deutscher Sicht?
Während es bei dieser Tour bislang schon drei französische Erfolge gab, warten die Deutschen weiterhin auf ihren ersten Etappensieg seit 2021. Phil Bauhaus blieb bisher den Erwartungen zurück, die Etappenjäger Simon Geschke und Georg Zimmermann sind gar nicht in Erscheinung getreten.
Immerhin zeigt bei Pascal Ackermann die Formkurve nach oben. Nach über einem Jahr ohne Sieg wurde bislang er dreimal Etappendritter und könnte am Dienstag erneut vorne mitsprinten. Überzeugt hat auch Nils Politt als fleißiger Helfer von Tadej Pogacar.
Genesungswunder Jonas Vingegaard
Wie stark Jonas Vingegaard nach mehreren Knochenbrüchen und einer Lungenquetschung keine drei Monate später wieder Rad fährt, ist spektakulär. Nach dem Sturz hat er sich ohne Rennen mit seinem Team fast inkognito auf diese Tour vorbereitet und gewann sogar eine Etappe, als er Pogacar im Schlusssprint besiegte.
Anfang April fürchtete Jonas Vingegaard um sein Leben, drei Monate später fährt er bei Tour wieder um den Gesamtsieg mit. Am Ruhetag blickt der Däne auf seine Leidenszeit zurück.
Erst in den Pyrenäen verlor der Däne tüchtig Zeit, am Sonntag kam er mehr eine Minute nach Pogacar ins Ziel. Bis dahin hatten sich die beiden Ausnahmefahrer fast auf Augenhöhe duelliert, wie in den Jahren zuvor.
Die beiden Bergankünfte in den Pyrenäen hat Pogacar jedoch klar gewonnen und hat nun einen Vorsprung von mehr als drei Minuten auf Vingegaard. Damit geht der Slowene als großer Favorit in die letzte Tour-Woche.
Vingegaards Hoffnung in der letzten Tour-de-France-Woche
Die letzte Hoffnung des Dänen ist, dass Pogacar wie 2023 am Ende die Kraft ausgeht. Zumal der Slowene drei Wochen Giro d'Italia in den Beinen hat. Die Entscheidung wird wohl in den letzten drei Etappen fallen, wenn es in die Alpen geht.
Vingegaard kommen dort die gleichmäßigen, Anstiege entgegen. Aber der 25-jährige Pogacar wirkt 2024 gefestigter und verfügt über das beste Team. Vingegaard fehlt dagegen dieses Mal sein stärkster Helfer Sepp Kuss.