Olympia 2024: Jaroslawa Mahutschich widmet Sieg der Ukraine
Jaroslawa Mahutschich:Gold für die Freiheit
von Maik Rosner
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Nach ihrem Olympiasieg widmet die Hochspringerin ihre Medaille den in Russlands Angriffskrieg getöteten 500 ukrainischen Sportlern. Ihre Sprünge versteht sie als Teil des Kampfes.
Jaroslawa Mahutschich will den Menschen in ihrer Heimat Hoffnung spenden.
Quelle: dpa
Mehr als zwei Stunden nach ihrem Olympiasieg ging der Gesprächsmarathon für Jaroslawa Mahutschich so richtig los. Erst jetzt bog die Hochspringerin nach all den Fernsehinterviews in die Mixedzone im Stade de France ein, später stand noch die Pressekonferenz an.
Doch die 22-Jährige wurde am Sonntagabend nicht müde, in ihre Freude über die Goldmedaille nach ihrem Sprung über exakt zwei Meter immer wieder ihre politischen Botschaften zu mischen.
Drei Medaillen für die Ukraine
Neben Mahutschich hatte ihre ukrainische Hochsprungkollegin Iryna Heraschtschenko ebenso Bronze gewonnen wie ihr Landsmann, der Hammerwerfer Mychajlo Kochan.
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Doch besonders auf Mahutschich richten sich die Blicke. Das liegt auch daran, dass sie ihre Sprünge als Beitrag zum Freiheitskampf der Ukraine versteht.
Augen in Landesfarben geschminkt
Durch ihre Teilnahme an internationalen Wettbewerben und ihre Erfolge macht sie ihr Land sichtbar, darum geht es ihr. Deshalb schminkte sie bei Olympia auch ihre Augen wieder in den Landesfarben gelb und blau.
Sie hoffe, noch viele Medaillen für ihr Land zu gewinnen, sagte Mahutschich, und natürlich sei die Medaille auch sportlich für sie sehr wichtig.
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"In meinem Land töten die Russen Menschen"
"Aber wissen Sie, in meinem Land töten die Russen Menschen", sagte Mahutschich.
"Sie werden nie mehr Wettkämpfe absolvieren, sie werden nie mehr feiern, sie werden diese Atmosphäre nie spüren", ergänzte Mahutschich. Ihre Goldmedaille sei für all diese gefallenen Sportler.
Auch das ist ja Teil ihrer Botschaft: Sollte Wladimir Putin mit seinem Terror Erfolg haben und den Krieg gewinnen, wird es die Ukraine bei den kommenden Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles nicht mehr geben.
Bomben weckten sie am ersten Kriegstag
Deshalb will Mahutschich auf ihrem Feld, wie sie das nennt, für die Ukraine kämpfen. Sie will fliegen für die Freiheit ihres Landes und den Menschen in der Heimat Hoffnung spenden. In diesem Fall hatte sie Gold für die Freiheit der Ukraine gewonnen.
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Dass sie ihren Sport stets mit ihrer politischen Botschaft verknüpft, liegt auch daran, dass sie die Schrecken des Krieges hautnah miterlebt hat. Am 24. Februar 2022, am ersten Tag des russischen Überfalls, wachte sie um 4.30 Uhr in der Nacht in ihrer Wohnung in Dnipro auf "wegen schrecklicher Geräusche von Explosionen, Artilleriefeuer und Schüssen", wie sie einmal erzählte.
"Stunden totaler Panik"
Sie wusste sofort, dass der Krieg begonnen hatte. "Nach Stunden totaler Panik" floh sie in ein Dorf in der Nähe und verbrachte dort Tage im Keller. Trotz all der Schrecken fiel bald der Entschluss, an der Hallen-WM in Belgrad im März teilzunehmen.
Mit ihrer Trainerin, einem Freund und einem Fahrer floh Mahutschich, mehr als 2.000 Kilometer in mehr als 60 Stunden.
Titelgewinn nach Flucht
Dass sie in Belgrad den Titel gewann, führte sie auf ihre besondere Motivation zurück. Es ging nicht mehr nur darum, möglichst hoch zu springen. Es geht nun auch immer darum, "dass wir unser Land auch auf internationalen Wettkämpfen verteidigen wollen".
Auch dafür ist sie nun wieder bei Olympia in Paris angetreten, und auch dafür hat sie dort Gold gewonnen. Mahutschich war schon vorher die wohl berühmteste der 140 ukrainischen Sportlerinnen und Sportlern, die an diesen Olympischen Spielen teilnehmen.
37 Jahre alten Weltrekord verbessert
Erst recht, seit sie am 7. Juli, ebenfalls in Paris, 2,10 Meter übersprang und damit den 37 Jahre alten Weltrekord der Bulgarin Stefka Kostadinowa um einen Zentimeter verbesserte.