Olympia 2024: Spiel um Bronze - Letzter Lohn für Hrubesch?

Es ist nun wirklich das letzte Mal, dass sich Horst Hrubesch Seite an Seite mit seiner Co-Trainerin Britta Carlson und seinem Vertrauten Thomas Nörenberg aufstellt und die deutsche Nationalhymne erklingt.

Das Spiel um den dritten Platz - und damit um Bronze - bei den Olympischen Spielen gegen Spanien (Freitag 15 Uhr/live ZDF) ist unweigerlich die Abschiedsvorstellung eines Mannes, dem der deutsche Fußball viel zu verdanken hat. Typisch Hrubesch: Der 73-Jährige möchte in Lyon gar nicht im Mittelpunkt stehen.

Im Viertelfinale gegen Kanada ging es ins Elfmeterschießen, im Halbfinale gegen die USA kam in der Verlängerung das Aus. Reicht es noch einmal für einen finalen Kraftakt, um nach 2000, 2004 und 2008 zum Trostpreis zu greifen, als die Frauen jeweils auch mit Bronze heimkehrten? Ersatzkapitänin Giulia Gwinn sagte: "Vom Willen her sind wir alle bereit und wollen auf keinen Fall mit leeren Händen nach Hause fahren."

Davor werden Teile der DFB-Delegation nach Paris reisen, in die Herzkammer der Spiele, wovon der Trainer ja allen vorgeschwärmt hat, weil er das 2016 in Rio de Janeiro erlebte, als Hrubesch die Männer zu Silber führte. Zur Abschlussfeier will er auf jeden Fall. Und am besten auch Einlass ins olympische Dorf erhalten: "Vielleicht kriegen wir eine Chance auf eine Tageskarte."

Doch vorerst muss er sehen, noch ein halbwegs schlagkräftiges Ensemble aufzustellen, das unter seiner Regie wieder zur erweiterten Weltspitze gehört. Kapitänin Alexandra Popp hat sich einen Infekt eingefangen, Torjäger Lea Schüller leidet an einem Patellaspitzen-Syndrom. Beide sollten allerdings gegen Spanien starten können.

Hrubesch hat dem Team trotz der zwischenzeitlichen Ausfälle wieder die Widerstandsfähigkeit vermittelt, das Spielverständnis fehlte teilweise noch, aber war ohne richtige Vorbereitung mehr zu erwarten? Selbst Spanien als Weltmeister wirkte ausgelaugt und strauchelte im Halbfinale an Brasilien (2:4).

"Vor einem Jahr hätte uns keiner das zugetraut, dass wir überhaupt hier stehen. Wir haben noch einen Matchball, und den wollen wir versuchen zu nutzen", betont Hrubesch. Als der gebürtige Westfale im Herbst vergangenen Jahres auf dem DFB-Campus ein zweites Mal fürs Frauen-Nationalteam als Interimslösung präsentiert wurde, war zuvor bei der WM 2023 in Australien viel in die Brüche gegangen. Hrubesch reizte die Retter-Mission, weil: "Ich würde Olympia gerne noch einmal machen."

Gerade ihm würde man eine Plakette als Belohnung für seine Arbeit gönnen. Der passionierte Angler half als U21-Nationaltrainer, dass Manuel Neuer, Jerome Boateng, Benedikt Höwedes, Mats Hummels oder Sami Khedira über den Nachwuchstitel 2009 fünf Jahre später zu Weltmeistern aufstiegen. Nationaltorhüter Neuer sollte einmal sagen:

Dabei ist "Hotte" als Trainer seiner Devise treu geblieben, immer zuerst den Menschen in den Vordergrund zu stellen. 

Bei den DFB-Frauen haben ihn vor allem die Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Bodenständigkeit imponiert, mit der "seine Mädels" den Sport angehen. Eigentlich ist er ja schon am 13. November 2018 bei einem Freundschaftsspiel gegen Spanien (0:0) in den Ruhestand verabschiedet worden.

"Empfinden Sie Wehmut?", fragte danach der ZDF-Moderator Sven Voss. "Nein", antwortete Hrubesch. "Überhaupt nicht. Nur Dankbarkeit, dass ich das erleben durfte. Jetzt ist es gut, irgendwann muss mal Schluss sein." Bekanntlich war es das nicht. Doch inzwischen sagt er selbst:

Er will weiterhin dem Hamburger SV als Nachwuchschef dienen, "auf jeden Fall bis nächstes Jahr." Dann aber müsse auch er allmählich kürzertreten. Sportdirektorin Nia Künzer hat für die DFB-Frauen längst Christian Wück als Nachfolger ausgesucht, der als erfolgreicher U17-Nationaltrainer nach den Olympischen Spielen übernimmt.