Saudi-Arabiens Pro League: Wenn Fußball künstlich boomt

    Viel Geld für teure Stars:Saudi-Arabien: Wenn Fußball künstlich boomt

    von Ralf Lorenzen
    |

    Für die neue Rolle Saudi-Arabiens im Weltfußball gibt es zwei Vorbilder. Auch in den USA und China wurde versucht, mit teuren Spielerverpflichtungen einen Boom zu erzeugen.

    Neymar in Saudi Arabiens Pro League
    Neymar in Saudi-Arabiens Pro League.
    Quelle: dpa

    Die Pro League in Saudi-Arabien hat sich in diesem Fußball-Transfersommer praktisch aus dem Stand auf Platz zwei der Ausgabentabelle hinter die uneinholbare Premier League geschoben. Namen wie Neymar, Benzema und Ronaldo sind nur die Spitze des Eisbergs.

    USA: Fußball-WM 1966 als Initialzündung

    Manch einer, der weitere Abgänge von Stars aus Europa befürchtet, tröstet sich mit der Erinnerung an zwei andere Ligen, die einst mithilfe ausländischer Stars boomten - und dann zusammenbrachen. Die North American Soccer League (NASL) in den USA der 1970er-Jahre und die Super League in China ab Mitte des vergangenen Jahrzehntes.
    Fußball führte in den USA lange ein farbloses Schattendasein. Das änderte sich mit der WM 1966 in England, die im US-Fernsehen erstmals in Farbe übertragen wurden und dort für ein überraschend großes Interesse sorgte. Sportinvestoren witterten einen unerschlossenen Markt.

    Weltfußballer bei Inter Miami
    :Wie Messi in den USA einen Hype auslöst

    Messis Wechsel zu Inter Miami löst in den USA einen Hype aus, der die Ticketpreise explodieren lässt. Was das für den amerikanischen Fußball bedeutet und wer davon profitiert.
    von Laura Hoffmann
    Lionel Messi feiert den Sieg seiner Mannschaft Inter Miami.

    Operettenliga in USA mit Pelé, Beckenbauer und Cruyff

    Zunächst gründeten sich 1967 sogar zwei Ligen, die sich ein Jahr später zur North American Soccer League (NASL) zusammenschlossen. Die Liga wuchs am Anfang langsam auf neun Klubs an, 1974 kamen auf einen Schlag sechs dazu und das NASL Championship Game wurde landesweit von CBS live im Fernsehen übertragen. Doch zum "Gamechanger" wurde die Verpflichtung des brasilianischen Altstars Pelé durch Cosmos New York im Jahr 1975.
    Manu Thiele, Transferpolitik Saudi-Arabien
    Der Weltfußball verändert sich grundlegend: Saudi-Arabien greift auf dem Transfermarkt an und holt Top-Stars. Manu Thiele klärt die wichtigsten Fragen dieses Transfersommers.29.07.2023 | 16:54 min
    Zur Premiere des "Königs" wurde das sandige Spielfeld mit grüner Farbe aufgehübscht, damit die 10 Millionen Zuschauer in den 22 Ländern die Illusion eines grünen Rasens hatten. Es folgten die Verpflichtungen von Giorgio Chinaglia, Franz Beckenbauer und Carlos Alberto - Cosmos zog in der Zeit bis zu 40.000 Zuschauer pro Spiel an.

    NASL geht aufgebläht und unausgewogen in den Untergang

    Immer mehr Investoren wollten von dem Boom profitieren, die Liga wuchs auf zwanzig Klubs an. Andere Klubs verpflichteten George Best, Johan Cruyff, Geoff Hurst und Gerd Müller. Aber die Zahl zugkräftiger Altstars war begrenzt, die Teams wurden mit weniger bekannten Spielern aus Europa und Amateuren aus Südamerika aufgefüllt.
    Einige Teams existierten nur ein, zwei Jahre, bevor sie wieder verkauft oder ganz aufgegeben wurden. Die aufgeblähte und ungleiche Liga brach langsam auseinander, 1984 misslang ein letzter Versuch, mit einer Obergrenze für Gehalt und Kadergröße die Kosten in Schach zu halten. Die NASL-Saison 1985 wurde abgesagt, da nur zwei Teams spielbereit waren.
    Heute stellt die Major Soccer League (MSL) Besucherrekorde auf und exportiert Spieler nach Europa. Die Liga hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, ist langsamer gewachsen und kann vor allem auf ein eigenes Nachwuchssystem zurückgreifen.

    Staatliche Fesseln für Ausgaben chinesischer Klubs

    Der kurze Boom des chinesischen Fußballs, der ab 2014 Stars wie Carlos Tevez, Jackson Martinez, Oscar, Hulk, Axel Witsel oder Paulinho in konzerneigene Klubs wie Guangzhou Evergrande oder Shanghai SIPG spülte, wurde vom Staat erst losgetreten und später abgebremst. Die immer höheren Transfersummen und Gehälter waren mit dem Kommunismus nicht mehr vereinbar. 
    Erst wurde eine 100-Prozent-Steuer auf alle Ablösesummen für aus dem Ausland verpflichtete Spieler eingeführt, dann eine Gehaltsobergrenze und schließlich verfügte der Verband, die Unternehmensbezeichnungen aus den Vereinsnamen zu streichen.

    Saudi-Arabien: Mehr Begeisterung und Tradition

    "Dank schlechter Planung, mangelnder Sichtbarkeit, der Finanzkrise und der Pandemie ist der Fußball in China praktisch verschwunden", sagte der Spielerberater Charles Cardoso der britischen "Sun".

    China wuchs auf eine Art und Weise ohne große Infrastruktur und ohne eine angemessene finanzielle Organisation.

    Spielerberater Charles Cardoso

    RB-Leipzigs Sportvorstand Max Eberl glaubt hingegen nicht, dass der Saudi Pro League das gleiche Schicksal bevorsteht: "Wir haben es diesmal offenbar mit einem durchdachteren Konzept zu tun, als es vorher beispielsweise in China und ganz am Anfang in den USA zu beobachten war", sagte Eberl der Süddeutschen Zeitung.

    Saudi Pro League und Co.
    :Neue Akteure verändern den Transfermarkt

    Der Transfermarkt wird immer mehr zum Sommer-Spektakel für Fußball-Fans. Neue Akteure heizen ihn zusätzlich an: die Saudi Pro League und Transferjournalisten wie Fabrizio Romano.
    von Ralf Lorenzen
    Brasiliens Fußballstar Neymar mit Al-Hilals Präsident Fahad bin Nafel
    mit Video

    Mehr zu Fußball in Saudi-Arabien:

    Bundesliga-Duelle