Neuer Bundestrainer: "Mit Nagelsmann wird der Erfolg kommen"

Während ich Julian Nagelsmann am Tag seiner Vorstellung zugehört habe, beschlich mich von Minute zu Minute etwas mehr das Gefühl, dass das was werden könnte mit der Heim-EM nächsten Sommer.

Der zweitjüngste Bundestrainer der Verbandsgeschichte hat einen ebenso sympathischen wie überzeugenden Eindruck hinterlassen. Ich nehme ihm ab, dass er attraktiven Fußball zur Aufführung bringen wird, dass er den Spielern wieder Halt und Selbstvertrauen geben wird, kurzum: dass er den Karren wieder flottkriegt.

In den Monaten seit seiner überraschenden Entlassung in München hat Nagelsmann offenbar nicht nur ein paar schöne Urlaube gemacht, wie er erzählte, sondern auch gründlich über sich und sein Tun nachgedacht.

Nagelsmanns Bemerkung, er habe sich besonders mit Situationen beschäftigt, die nicht so gut gelaufen seien, wirkte glaubhaft und überzeugend. Da saß einer, der weiß, dass er nicht gleich die Nummer zwei nach dem Fußballgott ist und es offenbar auch gar nicht (mehr?) sein will.

Nur ein Jahr Vertrag - für immer noch genug, aber deutlich weniger Geld als zuvor - das sendet ebenfalls eine klare Botschaft. Da will einer diesen Job, diese Heim-EM, den Erfolg. Das Geld wird da (fast) zur Nebensache.

Die Spieler bleiben seine wichtigsten Ansprechpartner, er kennt nicht nur seine ehemaligen Bayern-Kollegen aus dem Effeff. Eine gesunde Aggressivität sollen sie in Zukunft ausstrahlen, sich auf ihr Spielsystem verlassen können, beim Gegner ordentlich Stress erzeugen können. Und Ilkay Gündogan bleibt Kapitän.

Halt geben in schwierigen Zeiten: Nagelsmann weiß offenbar, dass das die wichtigste Medizin ist für die angeschlagene Nationalmannschaft, die sich seit dem Frankreich-Spiel auf dem Wege der Besserung befindet.

Benjamin Glück ist Nagelsmanns rechte Hand, auf den muss der 36-Jährige auch beim DFB nicht verzichten. Kennengelernt haben sich die zwei schon damals in Hoffenheim, da stand Glück noch hinter der Videoanalyse-Kamera. Die folgenden Stationen Leipzig und München haben sie zusammen als Trainer und Co-Trainer erlebt.

Sandro Wagner hat in Hoffenheim noch unter Nagelsmann gespielt. Ein Telefonat - besser gesagt: die ersten Minuten eines Telefonats - reichten Wagner, den neuen Bundestrainer von ihm zu überzeugen. Seine Kompetenz, sein Ehrgeiz und seine ehrliche, gradlinige Art könnten der Mannschaft guttun. Da sagt mal einer, was wirklich Sache ist im Paralleluniversum DFB. Vermutlich nur intern, aber immerhin.

Die Botschaft an die Deutschen ist klar und deutlich und kein bisschen arrogant oder weltfremd: Wir wollen nächsten Sommer gewinnen und dafür werden wir uns zerreißen. Sollten sie wenigstens Letzteres überzeugend hinkriegen, wäre ihnen wohl auch keiner böse. Und die vielzitierte Doku beim Streaminganbieter Amazon über die DFB-Elf, sagt Nagelsmann, habe er noch nicht gesehen, will das aber nachholen.

Da kann er dann bestaunen, wie man es nicht macht. Den schweren Rucksack des Scheiterns ist die Mannschaft mit ihrem neuen Trainer jetzt los. Ich bin gespannt, ob schon bei den kommenden Länderspielen zu sehen sein wird, wie viele Wackersteine da zuletzt tatsächlich drin waren.