EM-Titelverteidiger Italien: Spalletti - Genie oder Zocker?

    Knapper Auftaktsieg für Italien:Spalletti: Genie oder Zocker?

    von Claudio Palmieri, Dortmund
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    Beim 2:1-Auftaktsieg gegen Albanien wird Italien früh geschockt, kommt aber schnell und überzeugend zurück. Für den Titelverteidiger kann es auch bei der EM 2024 weit gehen.

    Italiens Trainer Luciano Spalletti beim EM-Spiel gegen Albanien in Dortmund
    Italiens Trainer Luciano Spalletti beim EM-Spiel gegen Albanien in Dortmund. Die Albaner sorgen für einen Schock mit ihrem Tor in der ersten Minute.
    Quelle: Alberto Pizzoli, AFP

    Der Stadion-DJ in Dortmund machte keine Gefangenen. Italiens 2:1-Sieg gegen Albanien war erst wenige Sekunden alt - da ertönte Gianna Nanninis Evergreen "Un’estate italiana" aus den Boxen.
    Neue "Notti magiche", die von Nannini besungenen magischen Nächte, hatte auch Italiens Torwart und Kapitän Gianluigi Donnarumma vor dem Auftakt der Fußball-EM heraufbeschworen. "Der Geist ist derselbe wie vor drei Jahren", sagte der Elfmeterheld von 2021.

    Albanisches Tor in erster Minute

    Der Samstagabend kam eher einer wilden Nacht gleich. Das Westfalenstadion, das viele Tifosi, die italienischen Fans, seit dem WM-Halbfinale gegen Deutschland 2006 in bester Erinnerung haben, wurde für den amtierenden Europameister zunächst zur roten Hölle. Über 45.000 albanische Fans gaben schon vor Anpfiff den Ton an. Nach nur 23 Sekunden durften sie das 1:0 durch Nedim Bajrami feiern.
    Nicolo Barella bejubelt mit seiner Mannschaft sein Tor zum 2:1 gegen Albanien.
    Den Albanern gelingt das schnellste Tor der EM-Geschichte. Die Squadra Azzurra lässt sich aber nicht beeindrucken und dreht das Spiel in einen hochverdienten 2:1-Erfolg.15.06.2024 | 8:15 min
    Für den Außenseiter in der "Todesgruppe" B war das schnellste Tor der EM-Historie ein Moment puren Glücks. Für die Italiener war es der erste große Charaktertest. Sie meisterten ihn bravourös. Abwehrchef Alessandro Bastoni (11.) und das überragende Mittelfeld-Ass Nicolò Barella (16.) korrigierten den Fehlstart der Elf von Trainer Luciano Spalletti, die auch danach viel Spielfreude zeigte - und vor allem in Hälfte eins ein noch höheres Ergebnis verpasste.

    Euphorie in Italien hält sich in Grenzen

    Wie so oft geht Italien als unbeschriebenes Blatt in ein Turnier. Die Euphorie in der stolzen Fußballnation, die vor und nach dem Triumph von Wembley zwei WM-Teilnahmen verpasste, hält sich wieder einmal in Grenzen.
    Der Vorwurf der fehlenden Weltstars ist dabei altbekannt, wenngleich nur bedingt aussagekräftig. Selbst die als Ikonen verehrten WM-Jahrgänge 1982 und 2006 definierten sich mehr über Teamgeist und das richtige Momentum als über individuelle Klasse.
    Der frühere Inter- und Roma-Trainer José Mourinho traf zuletzt dennoch einen Nerv:

    Ich glaube nicht, dass sie genug Talent haben, um das Turnier zu gewinnen.

    José Mourinho, früherer Roma-Trainer

    Eine Einschätzung, die angezweifelt werden darf. Buffon-Erbe Donnarumma (25 Jahre/PSG), der nach der EM 2021 lange verletzte Flügelflitzer Federico Chiesa (26/Juventus), das nimmermüde Mittelfeld-Metronom Jorginho (32/Arsenal) sowie der Inter-Block um Barella (27), Bastoni (25), Offensivmann Davide Frattesi (24) und Außenverteidiger Federico Dimarco (26) unterstrichen gegen Albanien einmal mehr, für gehobenes internationales Niveau zu stehen.

    Vakuum in Italiens Abwehr

    Andere Problemzonen wirken weitaus eklatanter. Die Suche nach einem Stürmer, der im Nationalteam zündet, gestaltet sich schwieriger denn je. Gegen Albanien startete Gianluca Scamacca (25), der sich mit 19 Pflichtspieltoren für Europa-League-Sieger Atalanta vor dem eingebürgerten Mateo Retegui empfahl. Ciro Immobile (34), der bei den Azzurri stets den letzten Qualitätsbeweis schuldig blieb, durfte nicht mitfahren.
    Die größte Baustelle bildet das einstige Prunkstück. Im Abwehrzentrum ist nach dem Abschied der "Senatoren" Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci ein Vakuum entstanden. Der Ausfall von Francesco Acerbi (36/Inter) verschärft Spallettis Sorgen - sollte man meinen.

    Mancini: Fehlende Zeit kein Alibi

    Der 65-Jährige, der in der Saison 2022/23 die SSC Napoli zum ersten Meistertitel seit der Ära Maradona geführt hatte und im Spätsommer den nach Saudi-Arabien gewechselten Roberto Mancini ersetzte, lieferte am Freitag einen denkwürdigen Presseauftritt ab. Die fehlende Zeit sei kein Alibi, gab der Fußball-Guru mit dem ihm eigenen leichten Hang zur Besserwisserei kund. Denn: "Die Mannschaft hat mir in der kurzen Zeit gezeigt, dass ich dieses Alibi nicht anwenden kann."
    Zockt Spalletti - oder weiß es der Mann, der beim ersten Training in Iserlohn die Nähe zu den Fans suchte, wirklich besser? Am Donnerstag (21 Uhr/ZDF) wartet Spanien. Am 24. Juni braucht es auch gegen Kroatien eine magische Nacht.
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