Toni Kroos: Letztes Spiel gegen Wahlheimat Spanien?
Kroos mit Abschied oder Triumph?:"Am Ende verstehen es alle"
von Tim-Julian Schneider
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Toni Kroos verkörpert absolute Weltklasse, wurde jedoch lange in Deutschland belächelt. Das hat sich geändert. Nun geht es gegen seine Wahlheimat Spanien.
Vielleicht wird das EM-Viertelfinale gegen Spanien das letzte Spiel für Toni Kroos. Durch das DFB-Lager weht ein Hauch von Abschied. 04.07.2024 | 1:53 min
Wenn Toni Kroos auf Pressekonferenzen in fließendem Spanisch antwortet, können zumindest deutsche Journalisten längst nicht mehr Schritt halten - so wie sie bei seinem Aufstieg zur unumstrittenen Führungsfigur im Star-Ensemble von Real Madrid auch irgendwann einfach nicht mehr mitkamen. Seit seinem Wechsel 2014 zu den Königlichen residiert der deutsche Mittelfeldstratege in seiner spanischen Wahlheimat und fühlt sich dort mit seiner Familie pudelwohl.
Dass er mit seinem Geburtsland Deutschland fremdelt, würde zu weit gehen, zumindest aber die Wahrnehmung über ihn als Fußballer war für ihn oft Anlass zur Kritik. Wegen seiner oft durch kurze Pässe geprägten Spielweise als "Querpass"-Toni verschrien, ließ der FC Bayern den frisch gekürten Weltmeister 2014 gen Madrid ziehen. Weil sie lieber auf Mario Götze setzten und ihm keinen ähnlichen Vertrag anboten. Real lachte sich ins Fäustchen und begründete mit Kroos im Mittelfeld eine Ära, die ihresgleichen sucht.
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Kroos und die fehlende Anerkennung
Nach seinem fünften von insgesamt sechs Champions-League-Triumphen (mehr als Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi) musste er seinem Ärger mal wieder Luft machen. Als ZDF-Reporter Nils Kaben ihn auf den für Real etwas glücklichen Spielverlauf ansprach und mehrmals nachhakte, brach Kroos das Interview nach den Worten ab: "Du hattest 90 Minuten Zeit, dir vernünftige Fragen zu überlegen. Ganz schlimm, ganz schlimm wirklich." Es wirkte, als entlud sich die fehlende Anerkennung für deutsche Fußballer im Ausland.
Dabei kann es doch gar nicht genug Anerkennung dafür geben, sich im wohl größten Verein der Welt einen Legendenstatus erarbeitet und dort als unumstrittener Mittelfeldstratege über eine Dekade die Fäden gezogen zu haben.
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Letztes Spiel gegen Spanien?
Das erkannte auch Bundestrainer Julian Nagelsmann, als er ihn aus dem DFB-Ruhestand direkt zum Fix- und Angelpunkt seines Spiels auserkor. "Vorher", betonte Mitspieler Leroy Sané, "waren wir nicht so stabil. Das war eine große Schwäche von uns. Diese Schwäche hat er uns genommen." Weil die Mitspieler wissen, dass egal wie brenzlig die Situation ist, Toni Kroos anspielbar sein wird. Der Mann "pinkelt Eiswürfel", sagt Sportdirektor Rudi Völler über ihn. Was auch die PK mit ihm vor dem Spanien-Spiel zeigt, als er extrem entspannt nach vorne blickte und sagte: "Ich gehe nicht davon aus, dass es mein letztes Spiel ist."
Gegen Spanien soll Kroos seine Stärken einbringen, als Metronom den Takt vorgeben, den Rhythmus im Mittelfeld variieren. Solche Spiele würden "in der Mitte entschieden", sagte Kroos: "Wer dort die Duelle gewinnt und das Spiel kontrolliert, der hat die größere Chance, das Spiel zu gewinnen."
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Hype um Toni Kroos im DFB-Team
Inzwischen hat auch jeder in Deutschland verstanden, welch unvergleichliche Karriere dieser Spieler hingelegt hat, welche Klasse er für seinen Verein und die Nationalmannschaft über Jahre hinweg ausstrahlte. Mit seiner Nominierung ist ein regelrechter Hype entstanden, das Trikot mit der Nummer 8 - egal ob in pink oder weiß - das meistverkaufte des DFB-Teams.
Seine Pässe kommen messerscharf auf den Punkt, er versteht es, das Tempo des Spiels zu diktieren. Mit seinen Freistößen und Eckbällen sorgt er nach Standardsituationen für Gefahr. Und selbst ein "langweiliger Querpass" von ihm kann eine ganze Spielsituation verändern, auch wenn das nicht jeder auf den ersten Blick erkennt.
Ob man seine Art des Fußballspielens in Spanien einfach schneller verstanden habe als in der Heimat, wird Toni Kroos auf der DFB-PK gefragt. "Die einen sind schneller, die anderen brauchen länger", antwortete er.
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