Fußball - FC Bayern München:Mit der Boateng-Debatte nach Kopenhagen
von Maik Rosner
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Vor dem Champions-League-Spiel in Kopenhagen wird Kritik am FC Bayern laut: Die im Raum stehende Verpflichtung von Jérôme Boateng sorgt für Verwunderung - aus mehreren Gründen.
Bald wieder im Bayern-Trikot? Jérôme Boateng, hier bei einem "Legenden-Spiel" im Juli.
Quelle: imago/Lackovic
Am Montag hielt das Erstaunen über die Gedankenspiele beim FC Bayern um Jérôme Boateng und dessen Training an der Säbener Straße an. Auch am Abreisetag der Münchner zum zweiten Gruppenspiel der Champions League am Dienstag beim FC Kopenhagen wunderten sich Teile des Publikums, dass beim FC Bayern offenbar ernsthaft erwogen wird, den 35 Jahre alten und seit 1. Juli vereinslosen Innenverteidiger mit einem Vertrag auszustatten.
Zumal Boateng nach seiner Zeit in München zwischen 2011 und 2021 in den vergangenen zwei Jahren bei Olympique Lyon meist eine Nebenrolle gespielt hatte, Nebengeräusche wie Dispute mit Kollegen inklusive.
Boateng-Prozess noch nicht zu Ende
Teile des Publikums halten es nicht nur sportlich für fragwürdig, den Weltmeister von 2014 womöglich erneut anzustellen, worüber nach der Analyse seiner Trainingsleistungen entschieden werden soll. Die Kritik entzündet sich auch daran, dass Boateng weiterhin angeklagt ist wegen angeblicher Körperverletzung.
Zweimal war der 35-jährige Ex-Nationalspieler Jerome Boateng bereits verurteilt worden. Doch das Bayerische Oberste Landesgericht hat einen neuen Prozess angeordnet.
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Er soll 2018 seine damalige Verlobte und die Mutter seiner Zwillinge geschlagen haben. In zwei Instanzen war er verurteilt worden, zuletzt zu einer Geldstrafe in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Diese war in der vergangenen Woche vom Bayerischen Obersten Landesgericht zwar aufgehoben worden, allerdings nur wegen Verfahrensfehlern. Jetzt soll der Fall vor dem Münchner Landgericht neu aufgerollt werden.
"Unser Zugang ist dazu, was das Beste für den FC Bayern sportlich ist", sagte der Münchner Sportdirektor Christoph Freund. Das Urteil im Prozess gegen Boateng sei aufgehoben und das Verfahren ausgesetzt, bemerkte der 46-Jährige: "Darum ist es auch seine private Geschichte und kein großes Thema für uns. Freund erwartet eine Entscheidung "Ende der Woche".
Kritik am FC Bayern von den Medien
Wegen der juristisch unklaren Lage stellte die "Süddeutsche Zeitung" unter der Überschrift "Der leibhaftige Transfer-Gag" die Frage: "Kann die Personalnot (…) ernsthaft so groß sein, dass ein Klub wie der FC Bayern glauben darf, den Ausgang einer Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung nicht abwarten zu müssen?"
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So ähnlich klang das auch anderswo. "Was will Bayern mit Boateng?", fragte die "Bild" und bezeichnete den gebürtigen Berliner als "Skandal-Weltmeister". Zuletzt über 90 Minuten Fußball gespielt hatte Boateng vor fast einem Jahr.
Rückholaktion als Fehlergeständnis
Deutschlands Fußballer des Jahres 2016 aus dem Ruhestand zurückzuholen, wäre für viele Beobachter als Eingeständnis der Münchner Versäumnisse in der zurückliegenden Transferphase zu werten. "Wir haben gesehen, dass wir dort eher dünn aufgestellt sind", räumte Freund ein.
Wie knapp das Personal in der Defensive ist, hatte sich am vergangenen Dienstag im DFB-Pokal beim Drittligisten Münster gezeigt, als Mittelfeldspieler Leon Goretzka in der Abwehrzentrale aushelfen musste. Die drei einzigen gestandenen Innenverteidiger im Kader, Minjae Kim, Dayot Upamecano und Matthijs de Ligt, waren angeschlagen ausgefallen.
Tuchel wollte Boateng einst zu PSG holen
Trainer Thomas Tuchel hatte im Sommer auf Verstärkungen für die Defensive gedrängt. Der 50-Jährige gilt als Fürsprecher Boatengs. Er hatte ihn einst als Coach von Paris Saint-Germain vom FC Bayern in die französische Hauptstadt holen wollen.
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Für Tuchel und seine Belegschaft steht ohne Boateng nun das Gruppenspiel der Champions League in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen an. Mit einem Sieg nach dem 4:3 gegen Manchester United im ersten Gruppenspiel wollen die Bayern einen weiteren Schritt Richtung Achtelfinale machen.
Viererpack gegen Kopenhagen und Galatasaray
Die Agenda erscheint günstig. Es folgen die beiden Gruppenspiele bei und gegen Galatasaray Istanbul, ehe Kopenhagen nach München kommt. In diesen insgesamt vier Spielen hintereinander gegen die beiden Außenseiter der Gruppe könnten die Bayern schon den vorzeitigen Einzug in die K.o.-Runde erreichen.
Das hätte den angenehmen Nebeneffekt, dass sie ihre knappen Kapazitäten dann für die womöglich schwierigere Bundesliga bündeln könnten. Dort dürfte Boateng übrigens sofort mitspielen, wenn er vom FC Bayern einen Vertrag erhalten sollte. Für die Champions League könnte er allerdings erst ab dem Achtelfinale gemeldet werden.