Experte zu Wagenknecht-Bündnis: Könnte AfD gefährlich werden

    Bündnis Sahra Wagenknecht:Politologe: Könnte AfD gefährlich werden

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    Sahra Wagenknecht hat die Gründung ihres Vereins "Bündnis Sahra Wagenknecht" bekanntgegeben. Politologe Faas ordnet ein, ob sie die politische Landschaft nachhaltig verändern kann.

    Die Ex-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht ist eines der bekanntesten Gesichter der Linken in Deutschland. Nun tritt die 54-Jährige aus der Partei aus - und hat verkündet, im Januar 2024 aus dem gegründeten Verein "Bündnis Sahra Wagenknecht" eine eigenständige Partei gründen zu wollen.
    Der angeschlagenen Linken könnte das den Todesstoß geben, zumal Wagenknecht neun weitere Abgeordnete folgen wollen. Die Linke verliert damit wohl ihren Fraktionsstatus im Bundestag - falls sie die abtrünnigen Mitglieder nicht in der Fraktion behalten will. Das gilt als unwahrscheinlich.
    Parteienforscher Thorsten Faas von der FU Berlin hat sich mit Wagenknechts Plänen beschäftigt. Bei ZDFheute live erklärt er, ob ihr neues Bündnis überhaupt eine Chance in der Politik hätte und welchen Parteien es gefährlich werden könnte.
    Prof. Thorsten Faas dazu, ...

    ... ob das neue Projekt von Sahra Wagenknecht eine Zukunft haben könnte

    "Das ist schon ein historischer Tag heute", sagt der Politologe. Man könnte das sagen, "weil wir zum ersten Mal erleben, dass wirklich eine Partei mit nationalem Anspruch - also bundesweit agieren zu wollen - rund um eine Person antritt." Das kenne man bisher so nicht.
    Und mit Sahra Wagenknecht stehe eine Person an der Spitze dieses Vereins, bald Partei, die sehr bekannt ist. Dazu komme, dass Wagenknecht in Teilen der Gesellschaft sehr positiv gesehen werde.

    Also, das ist sicherlich kein Projekt, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist.

    Thorsten Faas, Parteienforscher

    Und entsprechend sei die Nervosität, glaubt Faas: "Was folgt jetzt daraus, wie wird sich das Ganze entwickeln? Aber ein Potenzial ist sicherlich da."

    ... ob Wagenknechts neue Partei mit ihrer Themensetzung viele Wähler gewinnen könnte

    Es sei bei Wagenknechts Pressekonferenz deutlich geworden, dass es vor allem darum gehe, Unzufriedenheit in neue - Bahnen zu lenken, "nämlich die eigenen". Gefallen seien Schlagworte wie Vernunft, Gerechtigkeit, Frieden, Freiheit. "Da ist natürlich letztlich niemand dagegen, wenn man das so formuliert."
    Martin Schirdewan
    Wer sich an der neuen Partei von Sahra Wagenknecht beteilige, habe bei der Linken "nichts mehr zu suchen" und werde "rausfliegen", sagt Parteichef Martin Schirdewan im ZDF.22.10.2023 | 0:18 min
    Aber zugleich gebe es Tendenzen und Bevölkerungsgruppen im Land, die bisher das Gefühl hätten, es werde sich nicht genug für friedliche Lösungen eingesetzt. "Oder die eben das Gefühl haben, es geht sehr ungerecht zu in diesem Land. Man darf nicht mehr sagen, was man sagen möchte. Und das Ganze hat irgendwie die Vernunft verloren", erklärt Faas.
    "Und ich glaube genau dieses Lebensgefühl, diese Unzufriedenheit, die es offenkundig in der Bevölkerung gibt, die hat Sahra Wagenknecht mit ihrem Projekt in den Blick genommen. Das ist genau das, wo es auch für die AfD gefährlich wird."

    Denn das ist bisher ein Terrain, wo die AfD sehr sehr stark mit Punkten konnte. Jetzt haben wir hier ein zweites Angebot.

    Thorsten Faas, Parteienforscher

    Es sei durchaus spannend, was wir für einen Wettbewerb rund um die Unzufriedenheit in Zukunft sehen werde.

    ... wo die neue Wagenknecht-Partei politisch zu verorten ist

    "Ja, da wäre ich ein bisschen vorsichtig, weil es ist natürlich ein klar linkes Projekt", sagt Faas dazu. Wagenknecht selbst sehe sich auch innerhalb der Linkspartei als Politikerin mit linkem Profil. "Das ist sicherlich keine Politikerin, die eine rechte Position vertritt."
    Bei der AfD habe man zwei Gruppen von Wählerinnen und Wählern: "Nämlich diejenigen, die wirklich hart-rechte, zum Teil rechtsextreme Einstellungen haben. Um die geht es Sahra Wagenknecht glaube ich weniger", sagt Faas.
    Doch die Gruppe, welche die AfD vor allem aus dem Motiv großer Unzufriedenheit wähle, sei die Gruppe, die Sahra Wagenknecht auch mit der heutigen Pressekonferenz ganz gezielt angesprochen habe. "Und nochmal, das ist bisher ein starkes Potenzial und auch ein starkes Reservoir für die AfD, dass der Part der AfD zukünftig nicht mehr automatisch zuneigen wird", sagt Faas.

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