EU-USA-Gipfel: Westen sucht Antworten auf krisenhafte Welt

    EU-USA-Gipfel in Washington:Westen sucht Antworten auf krisenhafte Welt

    Ulf Röller
    von Ulf Röller
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    Drohender Flächenbrand in Nahost, Krieg in der Ukraine, die Präsidenten Chinas und Russlands herzen sich in Peking: Der Westen muss auf eine Welt voller Krisen Antworten finden.

    EU-Flaggen und amerikanische Flaggen nebeneinander
    Angesichts der weltweiten Krisen beraten die Spitzen von EU und USA am Freitag in Washington. (Symbolbild)
    Quelle: dpa/belga/Nicolas Maeterlinck

    Die Blicke wandern von Brüssel in die andere Hauptstadt Washington zum Weißen Haus. Dort sitzt der 80-jährige Joe Biden, der der Hoffnungsträger der freien Welt ist. Manchmal wirkt er müde, manchmal verliert er sich in seinen Worten und Gedanken. Aber egal, sagen sie in Brüssel. Der US-Präsident und sein Team managen die Krisen dieser Welt. Was zählt sei Erfahrung, Besonnenheit und nicht das Alter.
    Auf das Treffen der Vereinigten Staaten mit der EU, die die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Ratspräsident Charles Michel vertreten, baut der Westen. Geschlossenheit wollen sie dort demonstrieren - und gleich in mehrere Richtungen.
    Mit drohender Faust in Richtung Peking, Moskau und Teheran, mit Kusshand in Richtung globalem Süden und Indien, die umworbenen Partner in einer Welt, die in neue Machtblöcke zerfällt.

    Klare Botschaften an Nahost

    Die Arbeitsliste ist lang. Da gibt es die Abteilung "Klare Botschaften". Den Dreiklang im Nahen Osten werden sie im Weißen Haus wiederholen: Solidarität mit Israel, Einhaltung des Völkerrechts und eine Warnung an alle in der Region, kein Öl ins Feuer zu gießen. Biden, von der Leyen und Michel wissen, wie schwer es ist, dies hinzubekommen.
    Wichtig dafür: Europa und die USA müssen sich einig sein. Bisher ist das ziemlich gut gelungen. Aber was ist, wenn die Gewalt in der Region weiter eskaliert? Das zerstörte Krankenhaus hat schnell die Schuldfrage aufkommen lassen. Eine gefährliche Frage - auch in Europa.
    Nicht alle Länder stehen gleich nahe an der Seite Israels, manche betonen besonders stark das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat. Der Dreiklang kann schnell zum Missklang werden.

    Solidarität mit der Ukraine zerbrechlich

    Auch beim anderen Krieg, den Russlands gegen die Ukraine, wollen die USA und die EU eine klare Botschaft senden. Dort formulieren sie einen Zweiklang. Wir stehen an der Seit der Ukraine, so lange wie nötig. Und auch dort darf man nicht zu genau hinschauen, sonst erkennt man leichte Risse.
    Der US-Präsident erlebt die Fragilität der Solidarität am eigenen Leib. Die Republikaner im Kongress stoppen erst einmal die Ukraine-Hilfe. Donald Trump lässt grüßen. Europa macht das nervös. Denn ohne die USA kann die EU die Ukraine nicht halten. Biden versichert allen, alles im Griff zu haben. Das Prinzip Hoffnung herrscht im Weißen Haus.

    Wohl weiterhin keine Strafzölle zwischen EU und USA

    Um dieses Prinzip zu stärken, arbeiten sie an einer guten Botschaft auf dem Gipfel. Das ist allerdings nicht so einfach und das hat wiederum mit Donald Trump zu tun und seinem Ehrgeiz, Präsident zu werden. Seine Amerika-First-Politik ist immer noch beliebt bei vielen US-Wählern.
    Biden weiß das und verabschiedete deshalb den sogenannten Inflation Reduction Act, eine Art America-First-Politik in der Umweltvariante. Er sieht Milliarden schwere, staatliche Zuschüsse vor für US-Firmen oder für Firmen, die in den USA produzieren, die klimafreundliche Technologien herstellen.
    Aber eben nur für diese. Brüssel befürchtet Nachteile für die europäische Industrie. Deshalb wird Kommissionspräsidentin von der Leyen darauf drängen, dass Biden die europäischen Firmen wie amerikanischen Firmen behandelt. Sonst droht Brüssel mit Strafzöllen.

    Biden in einem Dilemma

    Der US-Präsident ist in einem Dilemma: Er will einen drohenden Handelskrieg mit Europa verhindern, aber er will auch nicht die vielen US-Bürger verprellen, denen die Amerika-First-Politik gefällt. Er will vor allem nicht, dass Trump der nächste Präsident wird. 
    Eine mögliche Lösung: Europas Umweltindustrie bekommt einen speziellen Zugang zum US-Markt, aber ohne mit der US-Industrie gleichgestellt zu werden.
    Damit wäre ein Handelskrieg verhindert und America-First gerettet. Biden hofft mit diesem Kompromiss vor dem US-Wähler zu bestehen. Denn über eins sind sich die drei im Weißen Haus zumindest einig. Ein Amerika mit einem Präsident Trump würde die Weltlage weiter komplizieren.
    Ulf Röller ist Leiter des ZDF-Studios Brüssel.

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