FAQ
Migration in Deutschland:So viele Schutzsuchende kommen und bleiben
|
Die Flüchtlingszahlen nehmen zu und damit auch die Debatten zum Thema. Doch wie viele Schutzsuchende kommen eigentlich nach Deutschland? Und wie viele bleiben? Ein Überblick.
Die Migrationsdebatte in Europa geht weiter. Zahlen und Fakten dazu.
Quelle: dpa
Mit den höheren Flüchtlingszahlen nimmt auch die Debatte über Asyl und Migration an Fahrt auf. Erneut sind Obergrenzen und verschärfte Grenzkontrollen im Gespräch. Ein Blick auf Zahlen und Fakten:
Wie viele Flüchtlinge kommen derzeit in die EU?
Im ersten Halbjahr 2023 kletterte die Zahl der Asylanträge in der Europäischen Union auf 519.000, ein Anstieg von 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Darüber hinaus genießen nach Angaben der EU-Asylagentur aktuell rund vier Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine vorübergehenden Schutz. Die meisten von ihnen kamen 2022. Sie müssen wegen einer Sonderregel kein Asyl beantragen.
Im Gesamtjahr 2022 ersuchten rund 966.000 Menschen Asyl in der Europäischen Union, der höchste Wert seit 2016. Zur Einordnung ist aber genauso wichtig: Nach Angaben der EU-Kommission lag 2022 der Anteil der Flüchtlinge an der Gesamtbevölkerung bei 1,5 Prozent.
Hat Deutschland in der EU die meisten Asylanträge?
Ja. Nach Daten der Europäischen Asyl-Agentur wurden im ersten Halbjahr in Deutschland mit Abstand die meisten Asylanträge gestellt: Es waren 30 Prozent aller Anträge - und damit fast doppelt so viel wie in den nächstplatzierten Staaten Spanien (17 Prozent) und Frankreich (16 Prozent). Dahinter rangierte Österreich, dann Italien.
Im Vergleich zu Bevölkerungszahl sieht es aber anders aus: Während in der Bundesrepublik im Jahr 2022 auf 10.000 Einwohner 29 Anträge kamen, lag das Verhältnis in acht EU-Staaten teils weit darüber: etwa in Zypern (241) und Österreich (123).
Wie viele Menschen kommen aktuell nach Deutschland?
Zuletzt ist die Zahl der Neuankömmlinge gestiegen. Zwischen Januar und August 2023 stellten dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zufolge hierzulande 220.116 Menschen einen Antrag auf Asyl, die meisten aus Syrien und Afghanistan. In etwa neun von zehn Fällen (204.461) waren es Erstanträge nach Neuankunft oder Geburt.
Im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr (Januar bis August) ist die Zahl der Asylanträge 2023 um mehr als 77 Prozent gestiegen. 2015 und 2016, als viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen, lagen die Werte für das Gesamtjahr bei 476.649 und 745.545 Anträgen.
... laut Statistischem Bundesamt Ausländerinnen und Ausländer, die unter Berufung auf völkerrechtliche, humanitäre oder politische Gründe in Deutschland leben.
Dazu zählen auch Asylbewerber im Verfahren und abgelehnte Asylbewerber.
Quelle: dpa, Statistisches Bundesamt
Dazu zählen auch Asylbewerber im Verfahren und abgelehnte Asylbewerber.
Quelle: dpa, Statistisches Bundesamt
Wie viele Schutzsuchende leben in Deutschland?
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lebten Ende 2022 etwa 3,1 Millionen Schutzsuchende in Deutschland, wobei der Großteil (2,25 Millionen) über einen anerkannten Schutzstatus verfügte.
Die Gesamtzahl stieg gegenüber dem Vorjahr um 1,14 Millionen Personen, was den höchsten Zuwachs innerhalb eines Berichtsjahres seit Beginn der Statistik 2007 darstellt. Zurückzuführen ist das vor allem auf den Krieg in der Ukraine, weswegen 2022 rund 1,01 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer Schutz in Deutschland suchten.
Wer als Flüchtling nach Deutschland kommt, muss sich zunächst registrieren. Meistens passiert das in der nächstgelegenen Erstaufnahmeeinrichtung im jeweiligen Bundesland. Verteilt auf die Länder wird nach dem "Königsteiner Schlüssel".
Nach diesem sollte das einwohnerstärkste Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 21 Prozent die meisten der schutzsuchenden Personen aufnehmen, gefolgt von Bayern (15,6 Prozent) und Baden-Württemberg (etwa 13 Prozent).
Gemessen an der Bevölkerung der Bundesländer lebten aber Ende 2022 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die meisten Schutzsuchenden in den Stadtstaaten Bremen (6,3 Prozent der Bevölkerung), Hamburg (4,8) und Berlin (4,8).
Am niedrigsten waren die Anteile in Bayern (2,8), Brandenburg (2,8) und Mecklenburg-Vorpommern (2,9).
Nach diesem sollte das einwohnerstärkste Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 21 Prozent die meisten der schutzsuchenden Personen aufnehmen, gefolgt von Bayern (15,6 Prozent) und Baden-Württemberg (etwa 13 Prozent).
Gemessen an der Bevölkerung der Bundesländer lebten aber Ende 2022 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die meisten Schutzsuchenden in den Stadtstaaten Bremen (6,3 Prozent der Bevölkerung), Hamburg (4,8) und Berlin (4,8).
Am niedrigsten waren die Anteile in Bayern (2,8), Brandenburg (2,8) und Mecklenburg-Vorpommern (2,9).
Woher kommen die Schutzsuchenden?
Neben Ukrainern waren Ende 2022 die meisten Schutzsuchenden syrische (674.000 Personen), afghanische (286.000), irakische (211.000) oder türkische (101.000) Staatsangehörige. Diese fünf Staatsangehörigkeiten stellen fast drei Viertel der Schutzsuchenden.
Wieviele Flüchtlinge dürfen überhaupt bleiben?
Zwischen Januar und August 2023 hat das Bamf über gut 175.000 Asylanträge entschieden. Mehr als 91.000 Personen wurde Schutz zugesprochen, was einer Gesamtschutzquote von rund 52 Prozent entspricht.
Aussagekräftiger ist allerdings die bereinigte Schutzquote. Denn viele Anträge werden ohne inhaltliche Prüfung entschieden. Das ist etwa der Fall, wenn ein Asylantrag zurückgezogen wurde oder ein anderes EU-Land zuständig ist. Zieht man von den bearbeiteten Fällen die "formellen Entscheidungen" ab, kommt man für die Zeit zwischen Januar und August auf eine bereinigte Schutzquote von 71 Prozent.
Wie viele müssen Deutschland verlassen?
Bei negativem Asylbescheid droht die Abschiebung. Laut Ausländerzentralregister waren Ende 2022 insgesamt 304.308 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig, davon 248.145 mit einer Duldung.
Neben abgelehnten Asylbewerbern können auch Touristen, Arbeitnehmer und ausländische Studenten ausreisepflichtig werden, wenn ihr Visum beziehungsweise ihre Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist.
In Deutschland ist das Recht auf Asyl im Grundgesetz verankert: "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht", heißt es in Artikel 16a. Es ist das einzige Grundrecht, das nur Ausländerinnen und Ausländern zusteht.
Tatsächlich aber erhalten die meisten Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder einen eingeschränkten (subsidiären) Schutz. Das gilt für Menschen, denen in der Heimat etwa Folter, Todesstrafe oder willkürliche Gewalt in einem bewaffneten Konflikt drohen.
Tatsächlich aber erhalten die meisten Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder einen eingeschränkten (subsidiären) Schutz. Das gilt für Menschen, denen in der Heimat etwa Folter, Todesstrafe oder willkürliche Gewalt in einem bewaffneten Konflikt drohen.
Ausschlusskriterien für eine Schutzberechtigung sind Verbrechen und schwere Straftaten, oder wenn die Person eine Gefahr für die Sicherheit Deutschlands darstellt.
Kein Recht auf Asyl gibt es meist, wenn der Ausländer aus einem der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten stammt - etwa aus der EU, Westbalkanstaaten, Ghana und Senegal. Auch wenn bereits ein Schutz durch einen sicheren Drittstaat (EU, Norwegen, Schweiz) besteht, soll in Deutschland kein Asyl mehr beantragt werden können.
Quelle: dpa
Kein Recht auf Asyl gibt es meist, wenn der Ausländer aus einem der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten stammt - etwa aus der EU, Westbalkanstaaten, Ghana und Senegal. Auch wenn bereits ein Schutz durch einen sicheren Drittstaat (EU, Norwegen, Schweiz) besteht, soll in Deutschland kein Asyl mehr beantragt werden können.
Quelle: dpa
Geduldete können aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden, etwa weil sie keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Die Duldung ist immer befristet.
Knapp 13.000 ausreisepflichtige Personen wurden nach Angaben der Bundesregierung 2022 aus Deutschland abgeschoben.
Gegen Entscheidungen des Bamf können auch Rechtsmittel eingelegt werden. 2022 entschieden Gerichte in 96.495 Fällen. Nachträglich wurden damit Asylbescheide positiv entschieden (461 Mal), Flüchtlingsschutz (5.396) oder subsidiärer Schutz gewährt (1.353) und ein Abschiebungsverbot (9.385) erteilt.
Welche Leistung erhalten Schutzsuchende, und wann dürfen sie arbeiten?
Ob Schutzsuchende arbeiten dürfen und Sozialleistungen erhalten, hängt von ihrem jeweiligen Status ab. Asylberechtigte, also anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte, dürfen grundsätzlich arbeiten. Sie haben damit einen Anspruch auf Bürgergeld in Höhe von derzeit 502 Euro (Alleinstehende).
Asylbewerber und Geduldete benötigen grundsätzlich eine Arbeitserlaubnis der Ausländerbehörde. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) muss einer Beschäftigung in der Regel zustimmen.
Ein Asylverfahren kann sich über eine längere Zeit hinziehen - so lange stehen andere Sozialleistungen zu. Diese werden im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Alleinstehende bekommen demnach insgesamt 410 Euro im Monat.
Ausgenommen von dieser gesetzlichen Regelung für Asylsuchende sind Ukrainerinnen und Ukrainer. Als anerkannte Kriegsflüchtlinge sind sie in Bezug auf soziale Leistungen vom ersten Tag an mit deutschen Staatsbürgern gleichgestellt und können Bürgergeld beantragen.
Quelle: dpa
Themen
Mehr zur Debatte um Migration
SPD-Vorsitzender:Migration: Klingbeil warnt vor Populismus
Grenzen zu Tschechien und Polen:Was bringen die neuen Grenzkontrollen?
von Nils Metzger