Bayerns Wirtschaftsminister: Aiwanger kritisiert Ampel

    Bayerns Wirtschaftsminister:Aiwanger: Ampel regiert undemokratisch

    von Pierre Winkler
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    Hubert Aiwanger schließt von der Gewalt in Frankreichs auf die aus seiner Sicht verfehlte Integrationspolitik in Deutschland. Der Ampel wirft er undemokratisches Regieren vor.

    Markus Lanz vom 4. Juli 2023: Hubert Aiwanger, Markus Lanz, Ursula Münch, Florian Flade, Annika Joeres
    Über die wirtschaftspolitische Agenda Hubert Aiwangers, die Ausschreitungen in Frankreich und die neuesten Recherchen zu dem Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee04.07.2023 | 75:47 min
    Szenen wie zuletzt auf Frankreichs Straßen mit tagelangen gewaltsamen Protesten kommen laut Hubert Aiwanger dabei heraus, "wenn sich ein Teil der Bevölkerung nicht mehr mit dem Staat, nicht mehr mit der Gesellschaft identifiziert". Am Dienstagabend bei Markus Lanz zielte Bayerns Wirtschaftsminister vor allem auf Migranten ab, die "archaische Strukturen mitbringen und eben nicht bereit sind, sich in demokratische Strukturen zu integrieren".
    Parallelen dazu gibt es laut Aiwanger auch in Deutschland: "Wir hatten die Krawalle auch in Essen, wo sich libanesische und syrische Gangs zu Hunderten auf beiden Seiten geprügelt haben", sagte er und machte ein Versagen der deutschen Behörden aus.
    Hintergrund der jüngsten Massenschlägereien im Ruhrgebiet sind nach Ansicht von Experten Rivalitäten zwischen Clans:

    Aiwanger: Polizei und Justiz bei Clans machtlos

    Die Auseinandersetzungen im Ruhrpott hätten nicht die deutsche Justiz und Polizei beendet, sondern ein sogenannter Friedensrichter habe "diese Herrschaften wieder zur Mäßigung gebracht", sagte der Chef der Freien Wähler.
    In Nordrhein-Westfalen waren offenbar mehr als 100 Angehörige der betroffenen Großfamilien nach Duisburg zu einem "Friedensgipfel" gefahren und hatten die Sache untereinander geklärt. "Dann sind das Parallelwelten, dass man die heimische Justiz nicht mehr anerkennt, dass die Polizei die Lage nicht mehr im Griff hat", kritisierte Aiwanger.
    Nach den Massenschlägereien im Ruhrgebiet fand eine Sitzung zum Thema im Düsseldorfer Landtag statt:

    Aiwanger: Syrer "bekommen sehr großzügig deutsche Pässe"

    Ein entscheidender Grund für die heutigen Probleme ist für ihn die deutsche Integrationspolitik der vergangenen Jahre. "Diese Syrer, die seit 2015 bei uns sind, die unter Merkel damals gekommen sind, das ist jetzt acht Jahre her, die bekommen momentan sehr großzügig die deutschen Pässe, sind aber noch nicht unbedingt im Arbeitsmarkt integriert", sagte der Stellvertreter des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder.
    Er bewerte es als "politischen Fehler, hier zu schnell denen mit dem Pass hinterherzulaufen, ohne zu erwarten, dass die vorher einen Arbeitsplatz haben und sich integriert haben". Aus Aiwangers Sicht ist nicht nur die Regierung unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel Schuld, sondern auch die aktuelle. "Die Ampel händigt hier die Pässe aus, hat die Einbürgerung erleichtert", sagte er.
    Das Innenministerium will Einbürgerungen erleichtern. Bei gelungener Integration soll man bereits nach fünf Jahren einen deutschen Pass erhalten können:

    Politologin widerspricht bei Einbürgerungen

    Die Politologin Ursula Münch widersprach:

    Sie stellen das dar, als ob alle den deutschen Pass haben wollten. Es ist im Grunde ja eher so, dass wir eigentlich eher niedrige Einbürgerungszahlen haben.

    Ursula Münch, Politologin

    Im vergangenen Jahr war die Zahl der Einbürgerungen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 28 Prozent gestiegen - davor aber war die Zahl jahrelang etwa auf demselben Niveau und die jährliche Einbürgerungsrate meist unter EU-Durchschnitt.
    Aiwanger hatte in den vergangenen Monaten immer wieder mit harscher Kritik an der Ampel-Koalition auf sich aufmerksam gemacht. So forderte er etwa bei einer Protestveranstaltung gegen das Heizungsgesetz der Ampel, die "schweigende Mehrheit" müsse sich "die Demokratie zurückholen".
    Nicht nur in der Opposition stößt das Heizungsgesetz auf Kritik:

    Aiwanger stellt Demokratie-Verständnis der Ampel infrage

    Jetzt legte er nach. Die Ampel regiere "nach dem Motto 'Einmal an der Macht, dann kann ich vier Jahre tun, was ich will, ich bin ja gewählt und regiere vielleicht sogar gegen die Mehrheit der Bevölkerung'". Das sei "noch eine Demokratie formal", aber "das Vorgehen ist in meinen Augen nicht mehr richtig demokratisch".
    Der Journalist Florian Flade warf Aiwanger vor, mit dessen Rhetorik Schaden anzurichten: "Sie sind natürlich als Vertreter einer konservativen Partei in einer schwierigen Situation gerade, weil es am rechten Rand eine Partei gibt, die gerade wahnsinnige Umfragezahlen hat.

    Ich weiß nur nicht, ob das hilft, die Sprache dieser Leute zu übernehmen. Und das ist dann doch immer wieder der Fall und da verrutscht was.

    Florian Flade, Journalist

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