Putins "Bluthund" und Söhne:Wie der Kadyrow-Clan in Tschetschenien wütet
von Nina Niebergall
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Ramsan Kadyrow und seine Söhne regieren die Kaukasus-Region brutal und ohne Einmischung aus Moskau. Wieso Putin seinen "Bluthund" und dessen Familie gewähren lässt.
Adam (v.l.), Achmat und Eli: Die Kadyrow-Söhne. (Archivbild)
Quelle: Imago
Es ist ein Prozess, der selbst für russische Verhältnisse auffallend viele Regeln bricht: In Grosny, der Hauptstadt Tschetscheniens, steht ein junger Mann vor Gericht. Der 19-jährige Nikita Schurawel soll einen Koran verbrannt haben, nach russischer Darstellung im Auftrag des ukrainischen Geheimdienstes. Seit Kriegsbeginn werden in Russland ukrainische oder westliche Geheimdienste für allerlei innenpolitische Probleme verantwortlich gemacht.
Geschenk des Kreml?
Das Besondere an diesem Fall: Schurawel hat seine mutmaßliche Straftat gar nicht in Tschetschenien, einer russischen Teilrepublik im Nordkaukasus, begangen, sondern mehr als 800 Kilometer entfernt in Wolgograd. Trotzdem soll ihm am 16. November in Grosny der Prozess gemacht werden.
Russlands Präsident Wladimir Putin persönlich segnete das ab. Der russische Politikwissenschaftler Stanislaw Belkowski spricht von einer Missachtung der russischen Strafprozessordnung.
Diese direkte Entscheidung Putins deutet darauf hin, dass er sich über die geschriebenen Gesetze der Russischen Föderation einfach so hinwegsetzen kann.
In Tschetschenien sind mehr als 95 Prozent der Menschen Muslim*innen. Wohl auch deshalb wurde der Fall öffentlichkeitswirksam inszeniert.
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Von Kadyrow-Sohn zusammengeschlagen
Da kommen der tschetschenische Republikchef Ramsan Kadyrow und sein 15-jähriger Sohn Adam ins Spiel. Im September verbreiteten sie ein Video, auf dem Adam Kadyrow den inhaftierten Schurawel zusammenschlägt, offenbar im Untersuchungsgefängnis. Von Vater Ramsan gibt's Lob auf dessen Telegram-Kanal:
Er hat ihn geschlagen und das Richtige getan. (…) Ohne Übertreibung: Ja, ich bin stolz auf Adams Tat.
„
Ramsan Kadyrow, Republikchef Tschetschenien
15 Jahre alter Sicherheitschef: Adam Kadyrow
Quelle: Imago
Kadyrow-Kinder an der Front, beim Treffen mit Putin
Seit dem Angriff auf die Ukraine hat Kadyrow seine Kinder immer mehr in den Fokus gerückt, ihnen Orden und Posten verliehen, was auch daran liegen mag, dass es Gerüchte über seinen Gesundheitszustand gibt.
Und Kinder hat Kadyrow viele, mal sprach er von zwölf, mal von 14. Vor allem seine drei ältesten Söhne traten in den vergangenen Monaten immer wieder in Erscheinung: mit archaischen Auftritten als Kämpfer in der Ukraine, bei Treffen mit Putin oder bei der Ernennung des 15-jährigen Adam zum Sicherheitschef seines Vaters.
Er zeigt damit, dass die Macht in Tschetschenien vererbt wird.
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Putin unterstützt Kadyrow
Putin lässt keinen Zweifel daran, dass er den Kadyrow-Clan unterstützt. Er braucht ihn. Putin wurde 2000 als Ruhestifter Tschetscheniens und Besieger des Terrorismus zum Präsidenten gewählt. Dass es ihm gelungen ist, den Kaukasus zu befrieden, machte ihn zu Beginn seiner Herrschaft so populär. Kadyrow ist mit der Aufrechterhaltung dieses Friedens betraut.
Dass er dafür brutale Mittel einsetzt, ist dem Kreml egal. Umso mehr, seit Russland Krieg gegen die Ukraine führt. Putin braucht die Kämpfer aus dem armen Nordkaukasus für die Front. Unruhe dort kann er nicht gebrauchen. Und wie volatil die Atmosphäre ist, zeigte sich zuletzt bei den antisemitischen Pogromen in Dagestan.
Wir sehen eine deutliche Stärkung von Ramsan Kadyrow, der sich schon vorher so verhalten hat, als dürfe er alles machen. Aber jetzt benimmt er sich so hemmungslos wie nie zuvor.
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Wie Kadyrow vom Tod Prigoschins profitiert
Politikwissenschaftler Belkowski sieht noch zwei weitere Gründe für Kadyrows Macht:
Den Tod von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin: Putin hatte zuvor zwei "Bösewichte", die für ihn schmutzige Arbeit erledigten. Jetzt, wo nur noch einer übrig sei, brauche Putin Kadyrow umso mehr.
Moskaus Hinwendung zur islamischen Welt: Im Krieg gegen Israel unterstütze Putin eindeutig die Hamas.
Kadyrow ist der informelle Führer der russischen islamischen Gemeinschaft und für den Kreml ein wichtiger Gesprächspartner mit internationalen Akteuren, insbesondere mit Eliten der sunnitischen Monarchien am Persischen Golf.
So ist das Regime in Tschetschenien so mächtig wie nie. Der Kadyrow-Clan beherrscht das öffentliche Leben. Fast alle Kadyrow-Kinder haben politische Ämter inne. Sie regieren Tschetschenien mit Korruption, politischen Morden und Folter von politischen Gegner*innen.
Nina Niebergall berichtet als ZDF-Korrespondentin über Russland, die Kaukasusregion und Zentralasien.
Für einen Mordplan gegen einen Exil-Tschetschenen in Bayern ist ein Russe zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Tschetschenen-Machthaber Kadyrow soll den Auftrag gegeben haben.
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