Mordplan: Kadyrow-Handlanger in Bayern zu Haft verurteilt

    Auftragsmord geplant:Kadyrow-Anhänger in Bayern zu Haft verurteilt

    Samuel Kirsch
    von Samuel Kirsch
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    Für einen Mordplan gegen einen Exil-Tschetschenen in Bayern ist ein Russe zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Tschetschenen-Machthaber Kadyrow soll den Auftrag gegeben haben.

    An 63 Verhandlungstagen hat das Oberlandesgericht München Beweise erhoben, Zeugen gehört, um den Fall aufzuklären - und nun geurteilt: Wegen der Vorbereitung eines Mordes im Auftrag der tschetschenischen Führung um Machthaber Ramsan Kadyrow muss ein russischer Staatsbürger für zehn Jahre in Haft.
    Das Gericht sah es einer Sprecherin zufolge als erwiesen an, dass der in Deutschland lebende Angeklagte Valid D. sich als Handlanger zu der Tat bereit erklärt hatte. Den Auftrag hatte er demnach aus dem tschetschenischen Sicherheitsapparat erhalten.

    Kadyrow-Kritiker im Visier

    Machthaber Kadyrow beherrscht, geduldet vom russischen Präsidenten Wladimir Putin, die russische Teilrepublik im Nordkaukasus und geht skrupellos gegen Gegner vor, sowohl in Tschetschenien als auch im Ausland.
    In Bayern sollte Mochmad Abdurachmanow getötet werden, ein Tschetschene, der 2017 mit seiner Familie nach Deutschland geflohen ist. Er gilt als Kadyrow-Kritiker, genau wie sein Bruder, der unter dem Namen "Abu-Saddam Shishani" von Schweden aus einen YouTube-Kanal betreibt und in seinen Videos vor einem Millionenpublikum den tschetschenischen Machthaber Ramsan Kadyrow kritisiert.

    Generalbundesanwalt: Schusswaffe und Schalldämpfer bereits besorgt

    Kadyrows Sicherheitsapparat soll den Auftrag gegeben haben, Mochmad im deutschen Exil zu ermorden. Eine "staatlich beauftragte Tötung", um die Brüder zum Schweigen zu bringen, so der Generalbundesanwalt in einer Pressemitteilung zur Anklage. Valid D. soll bereits eine Schusswaffe mit Munition und Schalldämpfer besorgt und den Wohnort des Opfers ausgespäht haben.
    Der Mordplan scheiterte. Der Auftragskiller, der angeleitet von Valid D. die Tötung ausführen sollte, hatte sich nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft nur zum Schein darauf eingelassen und warnte das Opfer.

    Angeklagter arbeitete für Verfassungsschutz

    Der Fall zeigt nicht nur, dass der Arm des tschetschenischen Diktators offenbar bis nach Bayern reicht. Brisant ist auch eine weitere Besonderheit: Der Angeklagte soll nach Recherchen von MDR und Spiegel als V-Mann für den Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern tätig gewesen sein.
    Ein Beamter mit Zugriff auf Sicherheitsdatenbanken soll die Adresse des Opfers an ihn weitergegeben haben. Das mecklenburg-vorpommerische Innenministerium bestätigte 2021, dass der Generalbundesanwalt wegen Geheimnisverrats gegen den Beamten ermittle. Zum Stand der Ermittlungen machte die Bundesanwaltschaft auf ZDF-Anfrage keine Angaben.

    Immer wieder Attentate auf Exil-Tschetschenen

    Dass Kritik an Kadyrow für Exil-Tschetschenen auch in EU-Ländern gefährlich werden kann, zeigen mehrere Attentate auf Kadyrow-Gegner in den letzten Jahren. 2020 kam es in Frankreich und Österreich zu Attacken. In Lille wurde Imran Aliyev getötet, kurz darauf Mamihan Umarow in der Nähe von Wien. Auch sie hatten Kadyrow in den sozialen Medien kritisiert und sich über ihn lustig gemacht.
    Auch den Bruder Abdurachmanows, den YouTuber Tumso Abdurachmanow, griff Anfang 2020 in dessen schwedischem Exil ein Attentäter mit einem Hammer an.
    Der tschetschenische Dichter Apti Bisultanow und die Schwester des in Berlin ermordeten Militäroffiziers Selimchan Changoschwili stehen neben einem Panzer, der durch ein Dorf fährt.
    Im zweiten Tschetschenienkrieg bringt Wladimir Putin als neuer starker Mann Russlands den Nordkaukasus unter seine Kontrolle. Dennoch gilt die Region bis heute als aktiver Konfliktherd.08.09.2022 | 45:10 min

    Experte: Morde für den Machterhalt

    "Kadyrow weiß, dass er alle Bedrohungen von außerhalb Tschetscheniens beseitigen muss, damit sein Regime überlebt. Kadyrow und Moskau gehen davon aus, dass solche Bedrohungen vor allem aus Europa kommen, wo die meisten Exil-Tschetschenen leben", so deutet Adam Ashab, Tschetschenien-Experte der Regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie Brandenburg im Gespräch mit ZDFheute die Attacken.
    Je größer ihre Reichweite, desto gefährdeter seien Oppositionelle und ihre Familien, meint Ashab:

    Was ein Tschetschene in Deutschland sagt, kann Tausende Kilometer entfernt in Tschetschenien bewirken, dass Kadyrow ihn zu seinem persönlichen Feind und zum Feind des Landes erklärt.

    Adam Ashab, Tschetschenien-Experte

    "Das führt zu Repressionen, auch für Verwandte: Folter, plötzliches Verschwinden oder öffentliche Vorführungen in den Staatsmedien als Teil der Propaganda."
    Den mutmaßlichen Auftraggeber Kadyrow dürfte das nun in Bayern gefallene Urteil kaltlassen.
    Samuel Kirsch ist Teil der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

    Tschetschenen-Führer
    :Kadyrow: Prigoschins Tod ein "großer Verlust"

    Eigentlich galten sie als zerstritten, nun trauert der tschetschenische Machthaber Kadyrow öffentlich um Jewgeni Prigoschin. Sein Tod sei ein "großer Verlust für den ganzen Staat".
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