Grüne: "Seit 40 Jahren gewohnt, zu streiten"

    Kleiner Parteitag in Bad Vilbel:Grüne: "Seit 40 Jahren gewohnt, zu streiten"

    Andreas Huppert
    von Andreas Huppert
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    Die Minister Habeck und Baerbock: im Kreuzfeuer wie nie zuvor. Der Nachwuchs: empört wegen des Asyldeals. Und die Parteispitze: entspannt - gestritten wird ja immer bei den Grünen.

    Archiv: Ricarda Lang und Omid Nouripour
    Beim Mitregieren in der Ampel mussten die Grünen etliche schmerzhafte Kompromisse eingehen. Jetzt, vor ihrem kleinen Parteitag, steht die Partei vor einer Zerreißprobe.16.06.2023 | 2:17 min
    Bad Vilbel führt im Beinamen "Stadt der Quellen". Es gibt die Ruine einer Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert, in der regelmäßig Festspiele stattfinden. Ansonsten herrscht hier eher Beschaulichkeit. Man darf also getrost sagen: Bad Vilbel ist hessische Provinz - ohne dass einem das einer der gut 35.000 Einwohnerinnen und Einwohner krumm nimmt.
    In diese hessische Provinz also hat es den Länderrat der Grünen an diesem Samstag verschlagen. Einen kleinen Parteitag, denn im Herbst ist Landtagswahl in Hessen. Für die wahlkämpfenden grünen Freundinnen und Freunde sollte die Ortswahl Rückenwind und Unterstützung geben. Die Parteispitze wollte ein bisschen die grünen Erfolge in der Bundesregierung feiern.

    Hat sich Habeck beim Heizgesetz über den Ampel-Tisch ziehen lassen?

    Doch seit einigen Tagen ist bei den Grünen ordentlich Feuer unterm Dach. Die Partei gespalten wie lange nicht. Zwei Themen, ein Riss: und zwar quer durch die Partei - von der Basis bis hoch in die Spitze.
    Länderspiegel: Grüne Basis - Heizung
    Muten die Grünen den Menschen zu viel zu? Zumindest Umsetzung und Kommunikation beim Thema Heizen kritisiert der grüne Ministerpräsident Kretschmann. In der Diskussion hat sich seine Partei nicht nur Freunde gemacht.27.05.2023 | 3:50 min
    Thema eins: das Gebäudeenergiegesetz, landläufig auch als Heizungsgesetz bekannt. Da haben sich viele mehr versprochen, als das, was jetzt im Bundestag verhandelt wird. Zu wenig Klimaschutz sei das, weil man SPD und vor allem der FDP zu viel entgegengekommen sei. Die versprochene Wärmewende - also weg vom Öl und Gas - sehe wahrlich anders aus. Der Robert habe sich da über den Ampel-Koalitionstisch ziehen lassen, ist an der Partei-Basis zu hören.

    Zankapfel Asyl -und Flüchtlingspolitik

    Thema zwei betrifft ebenfalls urgrünes Politikverständnis: die Asyl- und Flüchtlingspolitik. Als sich letzte Woche die EU-Innenminister auf eine Verschärfung des europäischen Asylrechts verständigten - mit Zustimmung der Bundesregierung - gehen viele Grünen auf die Barrikaden.
    Weil der Beschluss der Europäischen Union nämlich auch vorsieht, dass künftig Flüchtende aus sogenannten sicheren Herkunftsländern, mit geringer Chance auf Anerkennung, in streng kontrollierten Einrichtungen bleiben müssen. So können sie schneller abgeschoben werden. Die Neuregelung soll auch für Familien mit Kindern gelten.
    Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock hätte sich dem entgegenstemmen müssen, findet die Grüne Jugend. Die Nachwuchsorganisation hat für den Länderrat einen Antrag angekündigt, der die deutsche Zustimmung wieder rückgängig machen soll.

    Habeck und Baerbock im Kreuzfeuer wie nie zuvor

    Reichlich Zündstoff für Zoff und Streit. Das grüne Spitzenpersonal - allen voran Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Baerbock sehen sich parteiinterner Kritik ausgesetzt wie nie zuvor.
    Schwer vorauszusehen, wie stark sich der Unmut der Basis auf die Parteispitze auswirkt und wie angeschlagen das komplette grüne Führungspersonal nach diesem Länderrat ist. Zumal auch die Umfragewerte und die politische Zustimmung für die Grünen in den letzten Monaten ordentlich abgenommen haben, wie etwa das jüngste Politbarometer zeigt.
    Die Parteivorsitzenden, Ricarda Lang und Omid Nouripour, wollen von einem Rumoren an der Basis nichts wissen:

    Wir sind eine Partei, die es seit 40 Jahren gewohnt ist, zu streiten!

    Bad Vilbel in der hessischen Provinz - zumindest für die Grünen könnte das ein Ort von enormer parteipolitischer Bedeutung werden.
    Andreas Huppert ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio.

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