Unter Bedingungen:Ab sofort: Krankschreibung per Telefon
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Ab sofort ist es die Regel: die Krankschreibung per Telefon. Das hat der Ausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken beschlossen. Allerdings: Es gibt Einschränkungen.
Im Frühjahr wurde sie abgeschafft, nach Druck von Ärzten und Verbänden gibt es sie nun wieder: die telefonische Krankschreibung. Die Bedingungen sollen Missbrauch vorbeugen.07.12.2023 | 2:31 min
Wer krank ist, muss sich nicht mehr zwingend die Krankschreibung in der Arztpraxis abholen. Sie kann auch telefonisch bescheinigt werden, wie der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken am Donnerstag beschlossen hat. Das war schon während der Corona-Pandemie möglich, soll jetzt aber dauerhaft gelten.
Allerdings gelten Bedingungen:
- Die Patientin oder der Patient muss in der jeweiligen Arztpraxis bereits bekannt sein.
- Es darf keine schwere Erkrankung vorliegen, die durch eine persönliche Untersuchung abgeklärt werden muss.
- Die Krankschreibung gilt erst einmal nur für fünf Tage. Für weitere muss die Patientin oder der Patient in die Praxis kommen.
- Wurde die Erstbescheinigung in der Praxis ausgestellt, kann die weitere Krankschreibung per Telefon bescheinigt werden.
Regelung gilt ab sofort
Die Regelung muss noch formal von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unterschrieben werden und gilt eigentlich erst ab der Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Der Ausschuss einigte sich aber darauf, dass sie rückwirkend gelten soll, so dass die Krankschreibung per Telefon ab sofort möglich ist.
Vorbild ist eine Sonderregelung, die es in der Corona-Krise gab, um Ansteckungen zu vermeiden. Sie war im April ausgelaufen. Laut Monika Lelgemann, Mitglied des Gemeinsamen Bundesausschusses, knüpfe man genau an diese Regelung an, die ein Auftrag des Gesetzgebers sei.
Für den Ausschuss stehe im Vordergrund, "dass die medizinische Sorgfalt bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit immer gewährleistet sein muss - das gilt selbstverständlich auch für die telefonische Anamnese", so Leglmann. "Bei Bedarf müssen die Symptome durch eine unmittelbar persönliche Untersuchung abgeklärt werden. Diese stellt nach wie vor den Standard in der ärztlichen Versorgung dar.“
Hausärzte erwarten Erleichterung
Der Hausärzteverband begrüßte im Vorfeld die Möglichkeit, sich künftig generell auch telefonisch krankschreiben lassen zu können. Die Arztpraxen arbeiteten wegen der aktuellen Erkältungs- und Corona-Welle "am Limit", sagte der Verbandsvorsitzende Markus Beier im Deutschlandfunk. So würden Praxisabläufe erleichtert und auch Patientinnen und Patienten geholfen.
Beier betonte, die Ärzte hätten immer gefordert, dass die Möglichkeit nur bei "bekannten" Patienten eröffnet werden sollte. Das Missbrauchspotenzial sieht er daher als gering an. Klar sei auch, dass dies nur bei leichteren Erkrankungen zur Anwendung komme, etwa wenn "die Nase läuft und der Kopf etwas drückt".
Praktisch würde dies laut Beier so ablaufen, dass jemand beim Empfang anruft und dann vom Arzt zur Abklärung zurückgerufen wird. Bei schwereren Symptomen sollten Patienten natürlich weiter in die Praxis kommen, unterstrich Beier.
Arbeitgeber: Angriff auf Grundlage für Lohnfortzahlung
Kritik kommt von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Die telefonische Krankschreibung während der Corona-Pandemie sei zwar richtig gewesen, sagte Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter dem ZDF. Das sei aber eine Ausnahmesituation gewesen. Wenn jetzt die telefonische Krankschreibung die Regel werde, dann sei das anders:
Die "Glaubwürdigkeit des gelben Scheins", so Kampeter, sei die Grundlage des Betriebsfriedens und die gesicherte Grundlage für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die neue Regel "greift diese Grundlage an".
Daten, ob sich während der Corona-Pandemie Krankschreibungen gehäuft haben, besitzt der BDI wegen des Datenschutzes nicht. Man verfolge aber "sensibel", so Kampeter, die Stimmung in den Belegschaften. Dort gebe es klare Hinweise, "dass ein Fragezeichen dahinter gemacht wird".
Jeder Krankheitsfall in der Belegschaft führe in der Regel zu Mehrarbeitsanforderung an die gesunden Kolleginnen und Kollegen. Deswegen sei es Kampeter zufolge besonders wichtig, dass eine Krankschreibung nicht nur vom Arbeitnehmer, sondern auch innerhalb des Betriebes als vertrauenswürdig eingestuft werde.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, Steffen Kampeter sei der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Richtig ist: Kampeter ist für die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) tätig.
Quelle: ZDF, dpa
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