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Deutschland als neue Heimat:Warum junge Syrer hier bleiben wollen
von Claudia Oberst
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In "Klein Damaskus" in Saarbrücken leben tausende Syrer. Sie hoffen auf eine bessere Zukunft für ihr Heimatland. Eine Rückkehr schließen gerade viele Junge aber aus.
Firad Dabas möchte in Deutschland bleiben.
Quelle: ZDF/Sacha Seibert
"Hoffentlich bekommen wir jetzt eine Demokratie in Syrien", sagt Firas Dabas. Der 18-Jährige hilft im Modegeschäft seines Vaters aus. Ballkleider, Anzüge, Unterwäsche verkauft die Familie im "Moda Haus" im Saarbrücker Westen. Dabas war sechs Jahre alt, als seine Familie Syrien verlassen hat. Zwei Jahre haben sie in Jordanien gelebt, kurz in Ägypten, seit zehn Jahren sind sie in Deutschland. Seine jüngste Schwester ist hier geboren, geht in Saarbrücken in den Kindergarten.
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Rückkehr nach Syrien ausgeschlossen
Das Geschäft hat die Familie 2019 aufgemacht. "Wir haben am Anfang Leistungen vom Jobcenter bekommen, damit wir hier starten können und alles aufbauen können und dafür sind wir Deutschland dankbar", sagt Dabas im Interview mit ZDFheute.
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Durch seine Familie hat er immer noch eine enge Bindung zu Syrien. Trotzdem kann er sich nicht vorstellen, dorthin zurückzukehren. Er hat sich hier sein Leben aufgebaut, sagt er, steckt mitten im Fach-Abi.
Er könne reden und schreiben, sagt Dabas, "aber es gibt Regeln für die Sprache und die beherrsche ich gar nicht". Für ihn würde eine Rückkehr nach Syrien bedeuten, noch einmal bei null anfangen zu müssen und darauf hat er keine Lust, sagt er.
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Rund Zehntausend Syrer in Saarbrücken
Dabas ist einer von rund zehntausend Syrern, die in Saarbrücken leben. Viele haben sich im Stadtteil Malstatt niedergelassen. Das ehemalige Arbeiterviertel trägt mittlerweile den Spitznamen "Klein Damaskus", weil sich ein syrisches Geschäft an das andere reiht. Es gibt Bäckereien, Möbelgeschäfte, einen Gewürzladen, eine Parfümerie, Restaurants und Supermärkte - alle betrieben von Syrern. Die meisten von ihnen sind vor Jahren vor dem Bürgerkrieg geflohen. Ihre Kinder sind in Deutschland aufgewachsen.
"Die Kinder kennen ihre Heimat eigentlich nur von der Erzählung ihrer Eltern", weiß Riad Katta, geboren in Syrien, der als Gewerbeentwickler bei der Diakonie arbeitet und ein Bindeglied zwischen den syrischen Händlern und der deutschen Verwaltung ist. Seine zwei älteren Kinder studieren, die Jüngste geht noch zur Schule. "Meine Frau und ich diskutieren seit drei Tagen darüber, ob wir jetzt zurückgehen und wann. Aber wir wollen warten, bis die Kinder ihren Abschluss haben", sagt Katta.
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Sorge um die Verwandten in der alten Heimat
Seit dem Wochenende reden alle in "Klein Damaskus" über das Ende des Assad-Regimes und fragen sich, was jetzt aus dem Land wird. Unter die Freude mischen sich Sorge und Angst.
Der 19-jährige Aref Alfaroukh arbeitet im Süßwarengeschäft seines Vaters. Er bezeichnet Deutschland als seine "zweite Heimat".
Aref Alfaroukh ist unsicher, wie es in Syrien weitergeht.
Quelle: ZDF/Sacha Seibert
Seit er neun Jahre alt ist, lebt Alfaroukh hier. Zurück nach Syrien? Auf keinen Fall. "Ich kann nicht mal Arabisch schreiben oder lesen", sagt er. "Saarbrücken ist eine geile Stadt und hier gibt es Arbeit."
Wie geht es nach der Machtübernahme al-Dscholanis für die Menschen in Syrien weiter? Die ZDF-Korrespondentinnen Phoebe Gaa und Golineh Atai berichten. 09.12.2024 | 3:49 min
Ebenso wie Deutschland legen auch andere europäische Länder nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad ihre Asyl-Entscheidungen für Syrerinnen und Syrer vorerst auf Eis.
Quellen: AFP, Reuters
- Norwegen, Dänemark und Großbritannien gaben bekannt, ihre Entscheidungen zu Asylanträgen und Abschiebungen vorerst auszusetzen.
- Auch Italien setzt vorläufig seine Asylverfahren für Menschen aus dem Bürgerkriegsland aus, wie die Rechtsregierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mitteilte.
- Österreich kündigte hingegen einen Abschiebeplan für syrische Flüchtlinge an. Es werde nun ein "geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien ausgearbeitet", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer der "Bild"-Zeitung.
- Frankreichs Innenministerium teilte mit, dass es "an einer Aussetzung der laufenden Asylverfahren aus Syrien arbeitet". Eine Entscheidung würde bald erwartet, hieß es.
Quellen: AFP, Reuters
Sorge um Verwandte in Syrien
Auf dem Handy verfolgt Alfaroukh die Entwicklungen in Syrien. "Ich hab viele Verwandte, die sind noch im Knast und wir haben von denen noch gar nichts gehört." Andere Verwandte aus Damaskus würden berichten, dass alles schlimmer geworden sei im Moment. "Dass es kein Wasser, keinen Strom, keine Lebensmittel gibt", sagt Alfaroukh.
Er wünscht sich Frieden für sein Land, wie alle hier im Viertel. Wie Firas Dabas, der im Modeladen seines Vaters gerade einen schwarzen Anzug auf die Stange hängt. "Es soll endlich gut laufen in Syrien. Die Menschen sollen frei sein, keine Angst mehr haben müssen", sagt er.
Wenn die Lage sich stabilisiert hat, will er nach Syrien fliegen, in den Urlaub. Seine Zukunft sieht er in Deutschland, als Auto-Mechaniker. "Das kann ich mir sehr gut vorstellen als Traumberuf", sagt er, "und ein bisschen Erfahrung habe ich auch schon."
Claudia Oberst ist Reporterin im ZDF-Landesstudio im Saarland.
Quelle: ZDF
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