Liveblog
Konsequenzen für die Ampel?:Weiter, immer weiter, irgendwie
von Kristina Hofmann
|
Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen wollen die drei Ampel-Parteien im Bund weiter machen. Keiner will mehr streiten. Oder so. Zumindest bis zur Brandenburg-Wahl.
Große Gewinne bei der AfD und dem BSW auf der einen, herbe Verluste bei den Ampel-Parteien auf der anderen Seite. Nach den Landtagswahlen geht ein politisches Beben durch Berlin.03.09.2024 | 2:27 min
"Mit dem bitteren Wahlergebnis für meine Partei", sagt der Bundeskanzler, "ist die politische Grundlage für die Fortsetzung unserer Arbeit in Frage gestellt.“ Das war 2005, Gerhard Schröder. Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen hatte seine SPD mehr als 5 Prozentpunkte verloren. Sie kam nur noch auf 37,1 Prozent, sein Koalitionspartner im Bund, die Grünen, nur auf knapp über 6 Prozent. Neuwahlen.
Für Schröders Nachfolger Olaf Scholz ist die Situation viel dramatischer. Nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen kommt die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP nur noch auf 12,4 Prozent in Sachsen, in Thüringen noch nicht einmal auf zehn. Die FDP ist raus, mit plus-minus einem Prozent fast nicht zählbar. Neuwahlen? Am Tag nach den Landtagswahlen halten die Regierungsparteien an der Ampel-Regierung fest. Doch allzu kräftig ist der Griff nicht.
"Jetzt sind beide Wahlen da und es ist keine Empirie mehr. Es ist ein Dammbruch nach rechts", so Wulf Schmiese (ZDF) zu den Folgen für die Ampel nach den Landtagswahlen.02.09.2024 | 1:26 min
Esken: Zeit der Nabelschau ist vorbei
Die Pressekonferenzen an diesem Montag in Berlin folgen alle einem ähnlichen Muster. Sich ein bisschen zerknirscht geben, ein bisschen einsichtig, vor AfD und BSW warnen - und neue Bedingungen für die Zusammenarbeit in der Ampel stellen. Vor allem im Blick auf die Bundestagswahl in gut einem Jahr.
Bei der Kanzlerpartei SPD entsprechen die einstelligen Ergebnisse von 6,1 und 7,3 Prozent "nicht unserem Anspruch", so Co-Vorsitzende Saskia Esken. "Wir haben es nicht geschafft", sagt sie, "mit unseren Themen zu überzeugen und wieder Vertrauen für unsere Politik aufzubauen." Wie das anders werden kann? "Wir werden uns wieder mehr Zeit nehmen, unsere Politik zu erklären."
Es soll Debattenformate im Herbst geben. Kita, Bildung, Bahn, da "müssen wir wirklich ran", sagt Esken. An der Umsetzung der Wirtschaftsfördergesetzes und der Ordnung der Zuwanderung müsse weiter gearbeitet werden. Das Rentenpaket, das Demokratiefördergesetz, all das soll nun kommen.
Von der Koalition fordert Esken mehr Disziplin, vor allem von den anderen beiden: "Die Zeit der Nabelschau in der Ampel ist vorbei." Was die SPD dazu tun könne? Wie angezählt ist Scholz in der eigenen Partei? Kanzler Scholz, sagt Esken, führe die Koalition und nehme seine Richtlinienkompetenz war - und werde es weiter tun:
Die SPD habe bei der vorigen Bundestagswahl kurz vorher den Trend gedreht, "das wird uns auch dieses Mal gelingen", so Esken.
Während die Ampelparteien nach den schwachen Ergebnissen in Thüringen und Sachsen an ihrer Koalition festhalten wollen, strahlt die Spitze der AfD. Bei der Union kommt Unruhe auf.02.09.2024 | 2:50 min
Grünen rütteln am Haushalts-Kompromiss
Bei den Grünen klingt vieles ähnlich. Auch Co-Vorsitzende Ricarda Lang ist nicht zufrieden: In Thüringen sind sie raus, in Sachsen schaffen sie es mit 5,1 Prozent gerade so. Die Ampel habe "massiv" an Vertrauen verloren, sagt Lang. "Wir haben es nicht geschafft, dem Land die Stabilität zu geben, die es verdient." Aber mehr Durchhalteparolen würden jetzt auch nicht helfen. Das könnten die Menschen "nicht mehr hören".
Was die Grünen ändern wollen? Das eine große Thema gebe es vermutlich nicht, so Lang. Man müsse sich in der Ampel in dem verbleibenden Jahr bis zur Bundestagswahl auf ein paar wesentliche Themen konzentrieren. Aus Sicht der Grünen wären das die Daseinsvorsorge im ländlichen Raum, innere Sicherheit, soziale Gerechtigkeit. Überhaupt mehr Investitionen. Und das solle auch bei den Haushaltsberatungen noch einmal besprochen werden, so Lang. Also den Etatentwurf, auf den man sich nur mühsam hatte einigen können.
Wie geht es nun weiter nach der Landtagwahl in Sachsen? AfD und CDU sind nahezu gleich auf, die Linken verfehlen die 5%-Hürde. Eine Neuauflage der schwarz-rot-grünen Regierung ist damit unmöglich.02.09.2024 | 3:30 min
Nur Nett sein untereinander helfe aber nicht, sagt Lang. Natürlich überlegten sich die Grünen, wie man sich für die kommende Bundestagswahl aufstelle. Bis dahin stehe man zur Ampel, sagt Lang:
FDP: Lindner will bleiben, andere nicht
So eindeutig ist das bei der FDP nicht mehr. Dort fordert schon am Sonntag Bundestags-Vize Wolfgang Kubicki die Ampel-Koalition zu beenden. Inzwischen meldet sich auch die Gruppe wieder, die voriges Jahr eine Mitgliederbefragung gegen die Ampel initiiert hatte. Am Montag legt Thüringens Spitzenkandidat Thomas Kemmerich nach: "Ich bin für den Ausstieg aus der Ampel", sagt er. FDP-Parteivorsitzender Christian Lindner hält dagegen: "Nein, hier haben wir unterschiedliche Auffassungen."
"Ich glaube nicht, dass die Ampel hört, was Wählerinnen und Wähler in den Ländern zum Ausdruck gebracht haben", erklärt Prof. Karl-Rudolf Korte, Politikwissenschaftler.
02.09.2024 | 4:28 min
Die Ergebnisse von Sachsen und Thüringen seien zwar ein "schmerzhafter Rückschlag", sagt Lindner. Die FDP befinde sich in der Defensive "durch die Beteiligung an einer Regierung, die äußerst unbeliebt ist". Aber es gebe auf der anderen Seite auch die vereinbarten Hilfen für die Wirtschaft:
Was sich noch ändern müsse? Einhaltung der Schuldenbremse, mehr Einschränkungen beim Bürgergeld, Bürokratieabbaus, ein anderes Lieferkettengesetz, all das. Und vor allem: Es müsse mehr gegen die Migration getan werden. Wie? "Es gibt keine Denkverbote, um zu Kontrolle und Konsequenz zu kommen", sagt Lindner. Die Menschen hätten "die Schnauze voll", dass die Zuwanderung sich nicht besser kontrollieren ließe.
Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen ist die AfD stark wie nie. Die CDU kommt wohl nicht an der Wagenknecht-Partei vorbei, um zu regieren. ZDFheute live ordnet ein. 02.09.2024 | 47:56 min
Warten bis Brandenburg
Keine drei Wochen mehr, dann wählt Brandenburg einen neuen Landtag. Bis dahin will oder traut sich keine der drei Ampel-Parteien offensichtlich aus der Deckung. Bis dahin heißt es durchhalten, weitermachen, an den nächsten Bundestagswahlen schrauben.
Nach den jüngsten Umfragen sieht es für die SPD dort besser aus. Sie könnte verlieren, aber nicht so viel. Die Grünen rutschen dagegen Richtung Fünf-Prozent-Hürde. Und die FDP ist schon weit darunter.
Weitere Hintergründe zu den Landtagswahlen
Analyse
Nach der Landtagswahl:Sachsen: Den Wählern reicht es mit der Ampel
Stefan Kelch, Dresden
FAQ
Wahl in Thüringen:Sperrminorität: Wie die AfD Einfluss gewinnt
mit Video