Druck auf Neubauer: Fridays for Future mit oder ohne Greta?
Fridays for Future und Thunberg:Luisa Neubauer in der Zwickmühle
von Winnie Heescher
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Greta Thunberg versteckt sich nach Kritik an ihren propalästinensischen Auftritten nicht. Luisa Neubauer macht sich rar - dabei gibt es viele unbeantwortete Fragen.
"Greta ist eine wichtige Person in der Klimafrage, aber sie repräsentiert uns nicht", so Luisa Neubauer von Fridays for Future. 15.11.2023 | 4:11 min
Zwanzig vor Sieben, ZDF-Morgenmagazin. Luisa Neubauer ist aus Paris zugeschaltet. Es gibt in diesen Tagen nicht viele Möglichkeiten, die prägende Gestalt von Fridays for Future Deutschland zu fragen, wie sie weitermachen will nach Greta Thunbergs provozierenden Auftritten.
Luisa Neubauer hat sich rar gemacht in den Medien seit dem 7. Oktober. Sie hat versucht, Metaphorik sprechen zu lassen durch ihre Teilnahme an einer Solidaritätskundgebung am Brandenburger Tor in Berlin im Oktober und dem Gedenken zum 9. November in Hamburg.
Ansonsten war die Bewegung kaum öffentlich zu vernehmen, sie agiert über soziale Medien und distanziert sich dort von Thunberg: "Wir haben die Prozesse mit der internationalen Vernetzung ausgesetzt."
Forderungen nach Auflösung von FFF
Diese Art der Distanzierung reicht vielen in Deutschland jedoch nicht, die veröffentlichte Meinung ist relativ deutlich, dass man mit der einstigen Ikone Greta Thunberg nach ihren propalästinensischen Auftritten nicht mehr zusammenarbeiten könne. Aus der Politik kommen Forderungen nach Auflösung und Umbenennung. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung formuliert ziemlich deutlich an die Adresse von FFF Deutschland: "Ich erwarte mehr!"
Nur: Der Spielraum für Luisa Neubauer ist viel kleiner als er nach außen scheint. "Wir machen beim Thema Antisemitismus keine Kompromisse", sagt sie im Morgenmagazin.
Es ist Neubauers rhetorischer Versuch, sich zu distanzieren und gleichzeitig niemandem vor den Kopf zu stoßen. Viele in der deutschen Klima-Szene - Wissenschaftler, Lobbyisten, Politiker - sagen, sie wollten derzeit nicht in Luisa Neubauers Schuhen stecken.
"Die Fridays-for-Future-Bewegung zersplittert immer mehr", so Alisha Mendgen vom Redaktionsnetzwerk Deutschland. Greta Thunberg sei "nicht mehr tragbar", lenke vom eigentlichen Thema ab.14.11.2023 | 3:42 min
"Andererseits gibt es ganz klar die Anforderungen aus der internationalen Community, also aus den Bewegungen, mit denen FFF zusammenarbeitet, Solidarität zu zeigen. Und da wurde schon sehr viel Kritik geübt, dass sie die deutsche Bewegung zu stark distanziert“, erklärt der Konfliktforscher Felix Anderl. Und fügt hinzu: "Beidem gerecht zu werden ist fast unmöglich."
In weiten Teilen der internationalen Klimabewegung gilt Israel in Palästina als weißes, kolonialistisches Regime, von dem man sich befreien muss. "Stand with Gaza" hatte Greta Thunberg für ihre 14,8 Millionen Follower auf Instagram gepostet und dafür mehr als 750.000 Likes erhalten. Wie soll das noch zu zusammengehen mit Klima-Aktivisten aus Deutschland, ein Land, in dem die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson ist?
Rhetorischer Ausweichversuch von Neubauer
Luisa Neubauer versucht es so im ZDF-Morgenmagazin:"Wir stehen ein für den Schutz von jüdischem Leben und auch dafür, dass das Leid in dieser unerträglichen Situation gerade von beiden Seiten gesehen werden muss."
Gleichzeitigkeiten ohne Gleichsetzung, das ist der rhetorische Ausweichversuch, mit dem Luisa Neubauer versucht, die Balance zu halten. Und das gilt auch für ihre Beziehung zu Greta Thunberg: Die beiden Frauen sind in Deutschland die beiden Gesichter für FFF, sie waren bei Angela Merkel im Kanzleramt, in Brüssel, haben zusammen Zehntausende von Jugendlichen freitags auf die Straße gebracht.
Luisa Neubauer wird den Entscheidungen nicht ausweichen können: Der Druck aus Deutschland, das zeigt sich in Kommentaren und politischen Äußerungen, nimmt nicht ab, sondern mit jedem Tag und jedem Aufritt Greta Thunbergs zu - denn die versteckt sich nicht.
Mit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert. Israel greift infolge der Terrorattacke Ziele im Gazastreifen an. Ein Rückblick.