Wagenknecht bei "Lanz": BSW-Vorsitzende eckt in TV-Runde an

    Wagenknecht bei "Markus Lanz":BSW-Vorsitzende eckt in TV-Runde an

    von Michael C. Starke
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    Grünen-Politiker Kellner wirft der BSW-Chefin eine Vergiftung des politischen Diskurses vor. Auch Journalistin Adler kritisiert Sahra Wagenknecht, sie unterschlage Fakten.

    Markus Lanz vom 25. September 2024: Markus Lanz, Sahra Wagenknecht, Sabine Adler, Stefan Bratzel, Michael Kellner (zugeschaltet)
    Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 25. September 2024 in voller Länge.25.09.2024 | 75:42 min
    Für das politische Berlin war es ein Paukenschlag: Am Mittwoch verkündete die beiden grünen Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripour ihren Rückzug im November - nach vier verlorenen Wahlen in Folge. Auf dem Bundesparteitag in Wiesbaden soll dann ein neuer Vorstand gewählt werden.
    Der Schritt kam offenbar auch für Parteimitglieder überraschend. Er habe davon erst am Morgen erfahren, sagte Grünen-Politiker Michael Kellner. Zugeschaltet aus Berlin, drückte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium dazu bei "Markus Lanz" seinen Respekt aus: "Es ist ein Zeichen von Verantwortung und Stärke, Konsequenzen aus Wahlergebnissen zu ziehen."
    Ricarda Lang und Omid Nouripour bei einer Pressekonferenz
    Nach den Wahlniederlagen von Thüringen, Sachsen und Brandenburg ziehen Ricarda Lang und Omid Nouripour die Konsequenzen und kündigen ihren Rücktritt an.25.09.2024 | 1:52 min

    Im Blick der Grünen: die "Merkel-Lücke"

    Er empfinde daher "tiefe Dankbarkeit" für die Entscheidung, so Kellner. Der Vertraute von Bundeswirtschaftsminister Habeck betonte, er sehe vor allem eine Chance für seine Partei auf einen Neustart und eine Neuaufstellung. Kellner prognostizierte für die kommende Bundestagswahl:

    Friedrich Merz wird große Schwierigkeiten haben, Merkel-Wähler zurückzugewinnen.

    Michael Kellner, Grünen-Politiker

    Mit Robert Habeck habe man dagegen "ein gutes Angebot", um Punkte zu machen, sagte der Grünen-Politiker. Was es laut Kellner dagegen nicht geben werde: einen Wahlkampf mit "Ampel-Hurra".
    sgs faas
    Der Rücktritt der Grünen-Spitze sei ein "sehr drastischer Schritt", so Thorsten Faas. Eine Lösung für die Krise der Partei sei jedoch "alles andere als klar", sagt der Politologe.26.09.2024 | 4:33 min

    Wagenknecht erneuert Grünen-Bashing

    Auch Sahra Wagenknecht zollte der Entscheidung des Grünen-Vorstands ihren Respekt, "gerade, weil es heute im politischen Geschäft fast gar nicht mehr üblich ist, dass Politiker, wenn sie Pleiten mitverursachen, auch Verantwortung übernehmen."
    Das waren indes die einzig netten Worten in Richtung der Grünen, danach ging Wagenknecht direkt in den Kritik-Modus über. Sie warf der Partei einen "moralischen Gestus" vor. Die promovierte Ökonomin sagte: "Das macht die Menschen wütend, dass da einige so sich gebärden als die besseren Menschen."
    Sahra Wagenknecht BSW
    Aus dem Stand fuhr das BSW bei den Landtagswahlen 2024 zweistellige Ergebnisse ein. Wofür steht die neugegründete Partei? Eine ZDF-Doku gewährt exklusive Einblicke.24.09.2024 | 2:33 min
    Und Wagenknecht legte verbal noch eine Schippe drauf: "Die Grünen sind ja schon die Partei, die gerade die Verteuerung des Lebens aus angeblichen Klimaschutz- oder Umweltgründen immens verkörpern. Das ist ihr Konzept."
    Zudem hielt die Chefin des BSW frühere Aussagen aufrecht: Im Sommer hatte Wagenknecht gesagt, in ihren Augen seien die Grünen Haupttreiber einer "autoritären Cancel Culture, die totalitäre Züge" trage.

    Kellner: Vergiftung des politischen Diskurses

    Diese Äußerungen brachten wieder Grünen-Politiker Kellner auf den Plan. Er warf Wagenknecht vor, den politischen Diskurs zu vergiften. Kellner stellte dagegen Ampel-Erfolge heraus, die im Bereich der Energiepolitik infolge des Ukraine-Krieges gelungen seien:
    "Wir haben die Energiepreise wieder runter bekommen. (…) Und was ist die effizienteste und kostengünstige Sache? Die Wärmepumpe. Wer kann bis zu 70 Prozent Förderung bekommen? Die Menschen mit geringem Einkommen unter 40.000 Euro."

    Das haben wir getan, und das ist auch richtig.

    Michael Kellner, Grünen-Politiker

    Marianne Birthler
    Bürgerrechtlerin Marianne Birthler (B'90/Grüne) ruft dazu auf, AfD und BSW nicht zu wählen. Sie halte beide für ein "Freiheits- und Demokratierisiko", sagt sie ZDFheute.09.07.2024 | 0:14 min

    Streit über Wagenknechts Nato-Haltung

    Nicht minder kontrovers ging es im weiteren Verlauf der Sendung zu. Dort kam es zwischen BSW-Frontfrau Wagenknecht einerseits sowie Journalistin Sabine Adler und Moderator Lanz andererseits zu minutenlangen Wortgefechten. Anlass für den Streit: Wagenknechts Haltung zur Nato und ihre Ablehnung, US-Raketen auf deutschem Boden zu stationieren.
    Wagenknecht hatte in der Vergangenheit wiederholt den USA vorgeworfen, verschiedene Raketenabkommen aufgekündigt oder gebrochen zu haben. Das erntete Widerspruch von der früheren Russland-Korrespondentin Adler.

    Ihre Erzählung steht nur auf einem Bein, weil immer die andere Seite vergessen wird.

    Sabine Adler, Journalistin

    Spenden BSW
    Das neu gegründete BSW hat bei den letzten Landtagswahlen viele Stimmen geholt. Eine ZDF-Doku geht auch der Finanzierung der Partei nach.24.09.2024 | 1:46 min

    Adler: Wagenknecht lässt Fakten weg

    Mit Blick auf den ABM-Vertrag führte die Osteuropa-Expertin aus, dieser sei 2001 von US-Präsident George W. Bush gekündigt worden - in Folge der Anschläge vom 11. September und im Einvernehmen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Denn: USA und Russland hätten damals einen neuen gemeinsamen Feind gehabt: den internationalen Terrorismus.
    Auch das Beispiel INF-Vertrag zeige, so Adler weiter: "Vorgeworfen wird permanent den Amerikanern, dass sie aus Abkommen aussteigen, die zum Teil von Russland verletzt wurden."

    Adler: "Legitimierung von Landraub"

    Vehement ging Adler Wagenknecht auch in der Frage nach Verhandlungen mit Russland an. Dabei mache es sich die BSW-Chefin zu einfach, sagte die Journalistin.

    Sie sind diejenigen, die sagen 'Frieden oder Kriegstreiberei', das unterschlägt eine Menge und das beleidigt auch all die anderen, die wirklich versuchen, an der Seite der Ukraine für den Schutz der Menschen in der Ukraine einzutreten.

    Sabine Adler, Journalistin

    Auch zu den Referenden, die Wagenknecht in den von Russland besetzen Gebieten ins Spiel brachte, äußerte sich Journalistin Adler ablehnend: "Das ist die Legitimierung von Landraub."

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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