Spahn bei "Lanz" nach Solingen: "Müssen EU-Recht aussetzen"

    Nach Messerangriff in Solingen:Spahn: "Wir müssen EU-Recht aussetzen"

    von Michael C. Starke
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    Beim Thema Asyl stellt der Unionsfraktionsvize bei "Lanz" die Systemfrage. Spahn warnt: Entweder beendet die demokratische Mitte die irreguläre Migration – oder es läuft umgekehrt.

    Markus Lanz vom 27. August 2024: Markus Lanz, Jens Spahn, Anne Hähnig, Ahmad Mansour, Daniel Thym
    Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 28. August 2024 in voller Länge.27.08.2024 | 75:40 min
    Drei Tote, acht Verletzte - das ist die traurige Bilanz des Messerangriffs in Solingen am vergangenen Freitag. Der Täter: ein 26 Jahre alter Syrer, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt. Gegen ihn ermittelt die Bundesanwaltschaft wegen Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz "Islamischer Staat".
    Die Tat mache ihn zornig, hatte Bundeskanzler Olaf Scholz gesagt. Jens Spahn, der Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag, reagierte am Dienstagabend bei "Markus Lanz" ablehnend auf diese Aussage: "Das finde ich fast zynisch". Der Kanzler habe nicht zornig zu sein, er habe für Lösungen zu sorgen, so Spahn weiter.
    Scholz besucht Solingen
    Der tödliche Messeranschlag in Solingen hat eine Debatte über innere Sicherheit ausgelöst. Bundeskanzler Scholz kündigte am Montag bei einem Gedenkbesuch am Tatort Konsequenzen an.27.08.2024 | 2:36 min

    Spahn kritisiert Esken

    Hart ins Gericht ging Spahn auch mit Saskia Esken. Die SPD-Co-Chefin hatte am Sonntag in der ARD-Talksendung "Caren Miosga" gesagt, aus dem Anschlag von Solingen lasse sich "nicht allzu viel lernen". Begründet hatte Esken das damit, dass der Täter von Solingen nicht polizeibekannt war und insofern nicht unter Beobachtung stand.
    Das kommentierte Spahn so:

    Das erklärt einfach, warum die SPD in Sachsen, in Thüringen auf dem Weg zu unter fünf Prozent ist, dass sie so viel Zustimmung verliert, dass diese Ampel so viel Vertrauen verliert.

    Jens Spahn, Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag

    CDU-Angebot an SPD – an Ampel-Parteien vorbei

    Dennoch: Spahn wiederholte in der Sendung das Angebot der Union in Richtung der SPD, gemeinsam in der Asyl- und Migrationspolitik zu Lösungen zu kommen - auch ohne die anderen Ampel-Parteien Grüne und FDP. Am Dienstag hatte es dazu ein Treffen zwischen Kanzler Scholz und CDU-Chef Friedrich Merz gegeben.
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    Woran die Union dabei denkt, führte Spahn dann aus: "Nur wir in Deutschland führen bis ins letzte Paragräfchen die Verfahren durch und überfordern uns am Ende dabei." Ganz konkret forderte er:

    Wir müssen raus aus dieser Situation, dass wir durch internationales europäisches Regelwerk im Grunde schon fast kafkaesk uns selbst völlig gefesselt haben.

    Jens Spahn, Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag

    Asylanträge pro Jahr

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    Schlüssel für Spahn: Kontrolle über Staatsgrenze

    Ob Abschiebungen tatsächlich ein Mehr an Sicherheit bringen, daran äußerte auch Spahn Zweifel. Ein Ansatz, der sich laut dem CDU-Politiker aber lohnen könnte: Ausreisepflichtigen - zu denen auch der Täter von Solingen zeitweise zählte - die finanzielle Unterstützung und Sozialleistungen zu streichen.

    Spahn: "EU-Asyl-System funktioniert vorne und hinten nicht"

    Allerdings für Spahn "seit zehn Jahren das Kernthema": die Kontrolle der deutschen Staatsgrenze. Mehrfach betonte er, dass er das sogenannte "Dublin-Verfahren" für dysfunktional hält.
    Dieses regelt, welcher EU-Mitgliedsstaat für die Durchführung des Asylverfahrens eines Geflüchteten zuständig ist - in der Regel das Land, in dem Geflüchtete erstmals in der EU registriert wurden.
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    Spahn ergänzt jedoch an anderer Stelle: "Die Europäische Union ist immer noch ein Verbund nationaler, souveräner Staaten und am Ende des Tages muss das auch in unserem Interesse funktionieren." Sein Plädoyer daher:

    Wir müssen den Notknopf drücken für dieses System und noch mal von vorne anfangen.

    Jens Spahn, Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag

    Warnung von Spahn

    Wie könnte das aussehen? Spahn sprach sich dafür aus, über sichere Drittstaaten zu gehen. Es gebe für Geflüchtete zwar ein Recht auf Schutz - dieser müsse aber nicht unbedingt in Deutschland oder Europa stattfinden, so der CDU-Politiker. Ein Weiter-so dürfe es in der Migrationspolitik nicht geben, warnte Spahn:
    "Wir können warten, bis die AfD bei 70 Prozent ist. Ich möchte gerne, dass wir aus der demokratischen Mitte diese Herausforderung lösen." Und weiter:

    Die demokratische Mitte beendet irreguläre Migration oder irreguläre Migration beendet die demokratische Mitte.

    Jens Spahn, Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag

    Über Drittstaaten zu gehen, das hielt auch Daniel Thym, Völkerrechtler an der Uni Konstanz, für juristisch machbar. Er gab Spahn aber auch eine Warnung mit:
    "Ich verstehe, dass die Politik der Bevölkerung signalisieren will: 'Wir haben das eine Instrument und das bringt die Lösung.' Und man kann auch für die öffentliche Kommunikation auf dieses eine Instrument setzen."
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    Thym: "Sowohl-als-auch" statt "Entweder-oder"

    Das werde aber nur funktionieren, ergänzte der Jurist, "wenn man im Windschatten dieses Instrumentes noch sehr viele nationale und internationale Maßnahmen ergreift".
    Sein Rat: Die Politik müsse von einem 'Entweder-oder" zum 'Sowohl-als-auch' kommen - und an "allen Schrauben zugleich drehen".

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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