Sorge um Weltlage bei "Lanz":Baum: "Es riecht nach Krieg"
von Felix Rappsilber
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Die "Menschenwürde" leitet uns, sagt Gerhart Baum mit Blick auf das Grundgesetz - international aber sehe es anders aus. Franz Müntefering fordert ein "Unterhaken" der Demokraten.
Sehen Sie hier die Sendung Markus Lanz vom 23. Mai 2024.23.05.2024 | 75:40 min
In Deutschland werden die Feierlichkeiten anlässlich des Jubiläums des Grundgesetzes begangen. Doch die Weltlage veranlasste Gerhart Baum (FDP) zu einer düsteren Aussage: "Es riecht nach Krieg." Am 75. Jahrestag der Verkündung der deutschen Verfassung sprach der ehemalige Bundesinnenminister am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" von einer "im Moment gefährlichen Phase".
Auf internationaler Ebene werde eine "neue Weltordnung" angestrebt. "Diese Putins und Xis, wie sie alle heißen, wollen nichts mehr wissen von der Menschenwürde in der Charta der Vereinten Nationen", sagte Baum. "Das ist ihnen gleichgültig."
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Deutschland werde durch diese Entwicklungen herausgefordert. Die "Menschenwürde" sei der "Schlüsselbegriff, der uns leitet", verankert im Artikel 1 des Grundgesetzes.
Baum: Freiheitsfeindliche Partei in allen Parlamenten
Bedrohungen für die Errungenschaften des Grundgesetzes gebe es nicht nur von außen, sondern auch von innen. Mit Blick auf die AfD sagte Baum: "Wir haben eine stabile Demokratie, aber die ist herausgefordert durch eine Gefahr, die ich so noch nicht erlebt habe: eine freiheitsfeindliche Partei in allen Parlamenten, eingesickert in die Gesellschaft."
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Das "Schlimmste" sei, dass das "Vertrauen in die demokratischen Parteien, die allein die Probleme lösen können", und in die Institutionen "so stark gesunken" sei. Der FDP-Politiker forderte:
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Müntefering: Demokraten sind die Mehrheit
Franz Müntefering, Ex-SPD-Vorsitzender, ergänzte mit Blick auf die Demokraten in Deutschland: "Wir müssen mal sagen: 'Wir sind die Mehrheit!' Und das müssen wir bald machen."
Dennoch wolle er nicht sagen, dass die Demokratie in Deutschland gefährdet sei. Es gebe zwar "Leute, die uns hassen, die uns weghaben wollen, die die ganze Demokratie weghaben wollen" - umso mehr komme es bei der Bundestagswahl 2025 darauf an, "ob alle demokratischen Parteien, die Sozis und die Liberalen und die Grünen und die CDU/CSU und die Linken" zusammenhielten.
Baum forderte mehr als das, angesichts der in diesem Jahr anstehenden Landtagswahlen, wo die AfD stärkste Partei in Sachsen oder in Thüringen werden könne. Seine klare Position: "Es gibt jetzt Überlegungen, dass wir unser Verfassungsgericht durch Verfassungsänderung gegen Verfassungsfeinde schützen müssen. Ich bin dafür."
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Müntefering: Keine Freundschaft mehr zu Schröder
Müntefering sprach außerdem über seinen ehemaligen Weggefährten Gerhard Schröder. Dass der Ex-Kanzler den Ukraine-Krieg als "Fehler" bezeichnet hatte, bringe Müntefering "völlig zum Wahnsinn": "Ein Fehler ist eine taktische Frage. Das ist aber keine taktische Frage, der Krieg ist ein Verbrechen und zwar ein erstreihiges Verbrechen."
Auch wenn es ihm leid tue, verlasse Müntefering "alle Bereitschaft", zu Schröder "noch irgendwie Freundschaft zu zeigen". Infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hatten, bis auf Sigmar Gabriel, alle ehemaligen SPD-Vorsitzenden einen Brief an Schröder unterschrieben. Die Botschaft: "Wer Sozialdemokrat sein will, der muss sich an der Stelle verhalten."
Auf diesen Brief, der die Männerfreundschaft zwischen Wladimir Putin und Gerhard Schröder thematisiert und eine Positionierung Schröders fordert, hätten Müntefering und Kollegen "nie eine Antwort bekommen".