Vor der Landtagswahl: Was macht der Wandel mit Brandenburg?

"Das hat fast chinesische Dimensionen", so Bundeskanzler Scholz, der ja sonst nicht zu euphorischen Superlativen neigt, Anfang des Jahres. Gemeint war damit die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs. Das Wachstum dort war zuletzt das mit Abstand größte im Vergleich zu allen anderen Bundesländern.

Ein Grund dafür: Tesla mit seiner Giga-Factory in Grünheide. Am Rande von Berlin gelegen, ist der US-Elektroautobauer eine gigantische Jobmaschine, die dafür sorgt, dass der Speckgürtel rund um die Hauptstadt immer weiter wächst. Doch Brandenburg boomt nicht überall. Das fünftgrößte Flächenland ist dünn besiedelt, der Aufschwung kommt längst nicht bei allen der 2,5 Millionen Einwohner an.

Besonders in der Lausitz sind die Sorgen groß. Nach dem Rheinischen Revier in NRW ist sie das zweitgrößte Braunkohlegebiet in Deutschland. Doch spätestens 2038 ist Schluss. Damit die Region dann nicht komplett ausblutet, pumpt der Bund mehr als zehn Milliarden Euro hierher. Die Stichworte, die dabei immer wieder fallen: Green Tech, Zero Carbon Valley, natürlich Energiewende und Elektromobilität. Was aber sagen die Lausitzer zu den schönen Worten und großen Plänen?

In der "Kumpelklause" in Welzow, nahe der Abbruchkante, treffen sich die, die ihr Leben lang "in der Kohle" gearbeitet haben. Ihre Gefühlslage: Irgendwo zwischen Angst, Resignation, Wut, aber auch Hoffnung.

Für die Männer in der Kneipe ist das nicht der erste Wandel. Bereits vor der Wende wurden hier massiv Stellen in der Kohle abgebaut und mit der Wiedervereinigung dann noch mal. Oft fehlte dann eine Perspektive, viele gingen in den Westen. Der Wegzug hält bis heute an. Seit 1990 hat Welzow mehr als 2.000 Einwohner verloren. Jetzt sind nur noch etwas mehr als 3.000 da.

Solche Stimmen schlagen sich im Lausitzmonitor, einer repräsentativen Umfrage, nieder. Die Unsicherheit ist groß. Nur 18 Prozent finden, dass der Strukturwandel schnell vorangeht.

Tatsächlich hakt es. Zwar wird viel angestoßen - Fördergelder sollen Firmen anlocken, die Industrieflächen schmackhaft gemacht werden, doch Neuansiedlungen verzögern sich, viele Projekte hängen in der Luft.

Und doch gibt es sie, die Unternehmen, die an die Region glauben. Sonocrete etwa, ein junges Start-Up aus Cottbus, stellt umweltfreundlichen Beton her. Bislang weitgehend allein auf weiter Flur in der Lausitz, aber mit der Hoffnung, dass andere mit jungen frischen Visionen nachziehen.

Denn hier soll eine EU-Modellregion für Unternehmensansiedlungen im Climate Tech Bereich entstehen. Dadurch könnten etwa Genehmigungsverfahren für neue Unternehmen extrem beschleunigt werden. Die Frage ist, wo die Fachkräfte dafür herkommen sollen.

Letztes Jahr verdienten Angestellte in Deutschland im Schnitt 47.000 € brutto. Brandenburg lag 7.000 € darunter. Gar nicht so leicht, unter diesen Voraussetzungen, Menschen anzulocken.

Für Nora Baum aus der Geschäftsleitung ist das bereits jetzt ein Problem:

Die Frage - nicht nur in der Lausitz - ist: Wie kann Brandenburg in Zukunft ein lebenswerter Ort für alle sein? Nur dann, da sind sich die Brandenburger einig, kann der Wandel dieses Mal gelingen.