Brandenburg: Wie die Bilanz der Kenia-Koalition ausfällt

    Bilanz der Kenia-Koalition:Fünf Jahre Vernunftehe in Brandenburg

    von Marcus Groß
    |

    Nach fünf Jahren steht in Brandenburg die Zweckehe aus SPD, CDU und Grünen an einem Scheideweg. Wird die AfD stärkste Kraft, will Ministerpräsident Woidke das Handtuch werfen.

    Archiv: Dietmar Woidke (M, SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, spricht während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Michael Stübgen (CDU), Minister des Innern und für Kommunales, und Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen),
    Michael Stübgen (CDU, l-r), Dietmar Woidke (SPD) und Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen)
    Quelle: dpa

    "Mein Ziel ist es, gegen die AfD zu gewinnen, und wenn ich gegen die AfD verliere, bin ich weg", warnte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Anfang August in die Fernsehkameras. Noch bei der letzten Landtagswahl 2019 ging der SPD-Landeschef knapp vor der AfD durchs Ziel.
    Diesmal könnte es bei der Wahl in Brandenburg am 22. September genau andersherum ausgehen. Treffen die Wahlprognosen zu, fahren auch die Grünen massive Verluste ein. Die CDU könnte hingegen leicht hinzugewinnen. Was ist nur passiert in den letzten fünf Jahren?
    Potsdam: Wahlplakate der SPD, der Grünen und der AfD hängen in einem Bogen an Straßenlaternen.
    In wenigen Wochen sind in Brandenburg Landtagswahlen. Der Wahlkampf ist im vollem Gange. Laut Umfragen könnte eine Fortsetzung der rot-schwarz-grünen Regierung schwierig werden.24.08.2024 | 2:24 min

    Krisen bestimmen Brandenburger Politik

    Die Brandenburger und Brandenburgerinnen haben in den letzten Jahren einen Hindernisparcours hinter sich gebracht. In der Lausitz kann mit der Braunkohle in Zukunft kein Geld mehr verdient werden. Drei Jahre lang hielt Covid-19 das Land im Griff. Dann begann der Krieg in der Ukraine und mit ihm Gasmangel, Ölsanktionen und steigende Preise. Für die Menschen im Osten bedeutet das: Einschnitte, Veränderungen und Unsicherheiten.
    Das Land musste Milliarden Kredite aufnehmen, um ökonomische und soziale Strukturen in Krisenzeiten aufrechtzuerhalten. Ausgegeben wird das Geld für klamme Kommunen, den Wegfall von Kitabeiträgen für Eltern, aber auch für Ehrenamtler und Sportvereine.
    Wasserdampf steigt aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde der Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG).
    Die Region in Ostdeutschland hat jahrzehntelang von dem Abbau von Braunkohle gelebt, nun muss man dort umdenken: Bis spätestens 2038 soll der Ausstieg aus der Braunkohle gelingen.27.02.2024 | 1:37 min

    Die Wirtschaft ist besser als die Stimmung

    Auf der Haben-Seite der Landesregierung steht ein insgesamt positives Wirtschaftswachstum, das über dem Bundesdurchschnitt liegt. Die Tesla-Ansiedlung schafft rund 12.000 neue Arbeitsplätze; im neuen Bahnwerk in Cottbus sollen perspektivisch 1.200 Arbeits- und Ausbildungsplätze entstehen. Ein weiteres Schlüsselprojekt: Die Stadt Cottbus bekommt eine staatliche Universitätsklinik.

    Fünf Argumente der Wirtschaft
    :Warum Brandenburger Firmen vor der AfD warnen

    Die AfD schade der Wirtschaft, so die Kritik der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg in einem Positionspapier. Darin beziehen sie klar Stellung gegen Forderungen der Partei.
    von Nicola Albrecht
    Delegierte sind beim Landesparteitag der AfD Sachsen vor einem Logo der Partei zu sehen
    mit Video
    Die Arbeitslosigkeit in Brandenburg ist in den letzten fünf Jahren gesunken. Sie liegt bei rund 6,1 Prozent. In der Lausitz wird der Strukturwandel mit 10,3 Milliarden Euro vom Bund vorangetrieben.
    In der Koalition schreibt sich die CDU die Bezahlkarte für Geflüchtete und die Grenzkontrollen auf die Fahnen. Die Grünen loben sich für die Pflegeoffensive und den Erhalt der 54 Krankenhäuser im Land.
    Deutschland warum bist du so? - Eva Schulz
    Eva Schulz fragt: Kommt Brandenburgs Aufschwung überall an?05.08.2024 | 27:38 min

    Opposition sieht viele offene Baustellen im Land

    Fragt man hingegen die größte Oppositionspartei im Land, die AfD, bekommt man ein anderes Bild von Brandenburg präsentiert. Hans-Christoph Berndt, Spitzenkandidat für die Brandenburger Landtagswahl, lässt kein gutes Haar an der Landesregierung.
    Er sieht die größten Verfehlungen in der Migrationspolitik, bei der Abkehr von der Kohleförderung, der Bildung und der fehlenden Ärzteversorgung auf dem Land. Auch mit der Corona-Politik der Landesregierung geht er hart ins Gericht. Sein Fazit: "Die Regierung hat Schaden angerichtet."
    Einen ganzen Blumenstrauß ungelöster Probleme benennt auch Sebastian Walter, Spitzenkandidat der Linken. Er sieht einen großen Niedriglohnsektor, Lohnabstände zum Westen und vermisst eine gerechte Bildungspolitik. Die Wirtschaftsdaten seien zwar gut, aber das habe mit der Realität der Menschen vor Ort nicht viel zu tun: fehlender Wohnraum, schlechte Integration von Flüchtlingen, ein fehlender Ausbau bei Infrastruktur, Breitband und Mobilfunk.
    Wahlplakat in Brandenburg
    Im Wahlkampf in Brandenburg wird das Thema Zuwanderung heiß diskutiert. Während AfD und BSW auf Begrenzung der Migration setzen, wollen Grüne und Linke Geflüchtete nicht abschieben20.08.2024 | 1:59 min
    Die anhaltenden Probleme im Land würden die Menschen frustrieren, erklärt Walter. Die Koalition als mangelhafter Problemlöser führe bei vielen zur Enttäuschung, so die Deutung des Linken-Fraktionsvorsitzenden im Landtag. Hinzukäme ein Transformationsprozess im Rahmen der Energiewende, der vielen Angst mache:

    Das Wort Transformation nehmen viele Menschen im Osten als Bedrohung wahr.

    Sebastian Walter, Spitzenkandidat für die Linke in Brandenburg

    Showdown zur Landtagswahl am 22. September

    Wer geht am 22. September als erster durchs Ziel: AfD, SPD oder CDU? Schmeißt der Ministerpräsident hin? Eine Fortschreibung der bisherigen Dreier-Koalition könnte knapp werden, zu sehr haben die Grünen an Zustimmung bei den Umfragen verloren.
    Gedankenspiele von SPD und CDU gehen in Richtung BSW, doch angesichts der ideologischen Kluft dürfte eine realpolitische Zusammenarbeit mit dem BSW schwierig werden. Und die AfD? Mit ihr will keiner Politik machen, zu extrem ist sie den anderen Parteien in ihren Forderungen.
    Marcus Groß ist Reporter im ZDF-Landesstudio Brandenburg.
    Wiesenburg Bürgermeister
    Um neue Einwohnerinnen und Einwohner zu gewinnen, will der Bürgermeister von Wiesenburg/Mark alte DDR-Brachen wiederbeleben. Doch die Hürden für Marco Beckendorfs Pläne sind groß. 19.08.2024 | 42:58 min

    Mehr zur Landtagswahl in Brandenburg

    Mehr zur ostdeutschen Identität