Krankenhausreform vor dem Aus: Lauterbachs Endspiel

    Analyse

    Aus für Krankenhausreform?:Lauterbachs Endspiel

    Britta Spiekermann
    von Britta Spiekermann
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    Karl Lauterbach nennt seine Krankenhausreform eine Revolution. Doch sie könnte nun im Bundesrat ausgebremst werden. Es geht um viel mehr als um Lauterbachs politisches Vermächtnis.

    Karl Lauterbach
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Am Freitag könnte seine Krankenhausreform im Bundesrat ausgebremst werden.

    Dieses Wort von der "Revolution" geht manchen im Gesundheitssystem schon lange auf die Nerven. Karl Lauterbach (SPD) wiederholt es unablässig, in dem festen Glauben, dass sich viel Neues entwickeln könnte, wenn diese Revolution auf verkrustete Strukturen trifft. Sein Objekt der geplanten Umwälzung: die deutsche Krankenhauslandschaft.
    Und so setzte Lauterbach kurz nach Amtsantritt eine Regierungskommission mit Experten ein, um das System auf den Kopf zu stellen. Die Diagnose: zu viele Kliniken, Medizin wird immer teurer, Patienten immer älter, auf Dauer unfinanzierbar. Die Lösung: weniger Kliniken, stärkere medizinische Spezialisierung, dadurch bessere Versorgung.
    Der Kardinalfehler war vielleicht von Anfang an, dass die Bundesländer und die Deutsche Krankenhausgesellschaft als zentrale Player nicht mit in der Regierungskommission saßen. Sie waren nicht eingeladen. Lauterbachs Argument: Schließlich hatten sie auch zuvor keine Reform zustande gekriegt.
    Ein Schild weist den Weg zu einem Krankenhaus.
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    Was die Länder kritisieren

    Seitdem kämpft Lauterbach um seine Revolution, viele Länder kämpfen dagegen - seit über zwei Jahren. Dass die Krankenhauslandschaft - so wie sie ist - nicht überleben kann, ist allen Beteiligten klar. Doch die Länder kritisieren, Lauterbach mische sich in ihre Domäne ein. Dass er ihnen vorschreiben wolle, welches Krankenhaus schließt und welches bleibt, das geht vielen Ministerpräsidenten zu weit.
    Am Freitag kommt es im Bundesrat zum Showdown. Die Union fordert, die Reform zu begraben und nach der Neuwahl komplett neu zu verhandeln. Die Länderkammer kann das Gesetz nicht einfach ablehnen - es aber in den Vermittlungsausschuss zwingen. Lauterbachs Gegner brauchen dafür 35 von 69 Stimmen.
    Berlin: Karl Lauterbach (l, SPD), Bundesminister für Gesundheit, verfolgt die Rede von Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und amtierende Bundesratspräsidentin, in der 1042. Plenarsitzung vom Deutschen Bundesrat.
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    Es wird knapp, denn auch der ein oder andere SPD-Minister aus den Ländern hat Zweifel oder ist gar gegen Lauterbachs geplanten Klinik-Umbau. Lauterbach selbst sagt, im Vermittlungsausschuss werde die Reform weiter verwässert, sei dann wirkungslos. Im Schlussspurt trommelt der Minister auf allen Kanälen für seine Reform. Käme sie nicht, könne das Leben kosten. Der Minister scheut kein Schreckensszenario.

    Neue Finanzierung gegen Fehlanreize

    Die schlechte Finanzlage der Kliniken und ein völlig überhitzter Klinikbetrieb hatten den Anstoß zur Reform gegeben. Das Fallpauschalen-System, wonach jede Behandlung einen Preis hat, den die Kliniken mit den Krankenkassen abrechnen, führte zu massiven Fehlanreizen. Wie viele Operationen aus rein ökonomischen Gründen durchgeführt wurden, um die Klinikkasse zu stabilisieren, ist kaum zu beziffern. Dass es sie gab, steht außer Zweifel.
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    Lauterbach erklärte gleich zu Beginn, man habe es mit der Ökonomisierung in den Kliniken übertrieben, er wolle einen neuen Weg einschlagen. Das klang gut, unterschlug aber, dass sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten niemand ernsthaft um eine Reform gekümmert hatte. Und dass er selbst es war, der die Fallpauschalen als Experte an der Seite der damaligen SPD-Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt mit vorantrieb.
    Die Länder wiederum unterschlagen bis heute gern, dass sie die Klinikmisere mitverursacht haben - dadurch, dass sie ihre Pflicht, in Kliniken zu investieren, mitunter sträflich vernachlässigten.
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    Viele Krankenhäuser klagen mittlerweile über finanzielle Schieflage. Schwarze Zahlen schreibt kaum eines mehr. Gerade auf dem Land steigt die Sorge, dass Kliniken schließen. Kann die Krankenhausreform helfen?19.08.2023 | 4:36 min

    Lieber diese Reform als keine?

    Jetzt ist die Kliniklandschaft in dem schlechten Zustand, in dem sie ist. Und besonders die Bevölkerung auf dem Land ist in Sorge oder schon vor den Fakt gestellt, dass Kliniken schließen. Lauterbach verspricht gute Versorgung, will durch diverse Zuschläge auch die Versorgung der ländlichen Bevölkerung absichern.
    Bundesweit will er in Krankenhäusern gleiche Leistungsgruppen nach Fachgebieten einführen, etwa die Leistungsgruppe Herzchirurgie mit einem bestimmten Qualitätsniveau. Bis zu 60 Prozent soll über sogenannte Vorhaltepauschalen finanziert werden - dass ein Krankenhaus bereit steht, unabhängig von den Behandlungen.
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    NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann kritisiert die Reformpläne von Gesundheitsminister Lauterbach. Krankenhäuser müssten regional geplant werden, so der CDU-Politiker. 16.05.2024 | 4:40 min
    Der Umbau, etwa Fusionen oder Schließungen, soll über einen 50 Milliarden Euro schweren Transformationsfonds finanziert werden, zur Hälfte von den Bundesländern, zur anderen Hälfte von den gesetzlich Versicherten. Lauterbach wirft diesen Brocken den Versicherten hin, als hätten diese durch die jüngsten "Beitragsanpassungen" nicht schon genug zu zahlen.

    Showdown im Bundesrat

    Das Wort Showdown ist nicht übertrieben. Es geht um viel mehr als um das Vermächtnis eines Bundesgesundheitsministers. Es geht um die medizinische Versorgung von Menschen und damit auch um das Vertrauen in Politik. So oder so. Auch eine neue Regierung wird sich schnellstmöglich um eine Reform kümmern müssen.
    Lauterbach selbst will am 23. Februar erneut für den Bundestag kandidieren, wieder das Direktmandat für die SPD in Leverkusen und Köln-Mühlheim gewinnen. Über seine Revolution entscheiden nun die Länder. Was, wenn sie dagegen stimmen?
    Dann komme die Reform in der nächsten Legislatur, ist Lauterbach überzeugt. Er glaubt, dass er Minister bleibt, dann in einer Großen Koalition. Lauterbach ist noch nicht fertig mit der Politik. Im Gegenteil.

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