Prozess um Nazi-Parole: Höcke zu Geldstrafe verurteilt
Prozess um Nazi-Parole:AfD-Politiker Höcke zu Geldstrafe verurteilt
von Christoph Schneider
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Der AfD-Politiker Björn Höcke ist vor dem Landgericht Halle zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Er hatte bei einer Kundgebung eine verbotene Nazi-Parole verwendet.
Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke ist zu einer Geldstrafe verurteilt worden. ZDF-Reporter Andreas Weise berichtet über die Entwicklungen.14.05.2024 | 1:15 min
Der heutige abschließende vierte Prozesstag wurde noch einmal richtig lang - für alle Beteiligten. Zunächst ging es von 9 Uhr bis zum Mittag noch mit der Beweisaufnahme weiter, ehe am Nachmittag der Vorsitzende Richter die Beweisaufnahme schloss.
Im Schlussantrag der Staatsanwaltschaft forderte Ankläger Benedikt Bernzen sechs Monate Haft auf Bewährung und die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 10.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung. Die Verteidigung von Björn Höcke (AfD) plädierte auf Freispruch, sprach in ihren Schlussvorträgen von einer "medialen Hexenjagd" auf ihren Mandanten. Björn Höcke sagte in seinen abschließenden letzten Worten vor Gericht:
Und um kurz nach 19 Uhr verkündet der Vorsitzende Richter Jan Stengel das Urteil der 5. Strafkammer: Björn Höcke wird zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 130 Euro verurteilt. Ab 90 Tagessätzen gilt man als vorbestraft, das heißt Björn Höcke wäre, wenn das Urteil rechtskräftig würde, vorbestraft.
Das Landgericht Halle hat den AfD-Politiker wegen des Verwendens einer verbotenen NS-Parole zu einer Geldstrafe von 13.000 Euro verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.14.05.2024 | 2:20 min
Höcke verwendete Parole 2021 in Merseburg
Es geht um einen Satz, den Björn Höcke auf einer Wahlkampfveranstaltung der AfD in Merseburg im Mai 2021 sagte: "Im Brustton der Überzeugung sage ich: Ja, alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland". Was beim ersten Lesen und Hören eher unauffällig klingt, ist die zentrale Losung von Hitlers Sturmabteilung SA der NSDAP gewesen.
Unstreitig ist daher: Dieser letzte Teilsatz "alles für Deutschland" fällt unter eine Strafnorm. In Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs ist das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen unter Strafe gestellt - mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe.
Für die Staatsanwaltschaft ist klar: Höcke habe diesen Satz ganz bewusst gesagt. Dass "alles für Deutschland" eine SA-Parole war, sei ein "historischer Fakt", so Ankläger Bernzen in seinem Schlussvortrag. Mit Blick auf Höcke sagte der Staatsanwalt: "Er hat eine vielfach in Vergessenheit geratene Parole wiederbelebt und salonfähig gemacht".
Der Verfassungsschutz darf die AfD weiter als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen. Was das Urteil für die Partei bedeutet – die Analyse bei ZDFheute live.13.05.2024 | 24:22 min
Wie das Gericht sein Urteil gefällt hat
Zentrale Frage für das gerichtliche Verfahren: Kannte der ausgebildete Geschichtslehrer Björn Höcke diesen Ausspruch, wusste er um die Strafbarkeit? Hat er diesen Satz vorsätzlich, also mit Wissen und Wollen geäußert? Und wie ist der Kontext zu bewerten, dass er den Satz nicht isoliert, sondern in Verbindung mit "alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt" gesagt hat?
Björn Höcke hat den Anklagevorwurf stets bestritten, gab im Prozess an, auch unter Verweis auf Geschichtsbücher, diesen Ausspruch nicht gekannt zu haben.
Doch das Gericht folgte mit seinem Urteil der rechtlichen Bewertung der Staatsanwaltschaft, nahm Höcke die Ahnungslosigkeit nicht ab. Die Strafkammer sieht eine bewusste Verwendung der verbotenen Losung, wie der Vorsitzende Richter Jan Stengel in der mündlichen Urteilsbegründung ausführt:
Und die bewusste Verwendung ist nach Paragraf 86a Strafgesetzbuch strafbar, was das Gericht als erfüllt ansieht.
Ann-Kathrin Jeske aus der ZDF-Redaktion Recht und Justiz erläutert, warum die AfD Verdachtsfall bleibt und ob sie auch als gesichert rechtsextremistisch eingestuft werden könnte. 13.05.2024 | 16:22 min
Höcke hat eine Woche Zeit für eine Revision
Schon im April hatte das Landgericht Halle/Saale durchblicken lassen, dass es im Fall einer Verurteilung des Angeklagten höchstens eine Geldstrafe und keine Freiheitsstrafe als angemessen erachten würde.
Nach diesem abschließendem Spruch der Strafkammer des Landgerichtes Halle/Saale können sowohl Björn Höcke als auch die Staatsanwaltschaft Revision gegen das Urteil einlegen. Nach dem heutigen Tag haben beide Seiten dafür eine Woche Zeit.