FDP-Politiker Dürr bei "illner": 2024 keine Notlage ausrufen

    Haushaltsdebatte bei "illner":Dürr: 2024 keine Notlage ausrufen

    von Torben Schröder
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    Von einer "finanzpolitischen Zeitenwende" spricht Grünen-Politiker Bayaz. Doch welche politischen Konsequenzen Ampel-Regierung und Union ziehen, ist noch weitgehend unklar.

    Der Begriff hat Konjunktur. "Was wir gerade erleben, ist eine finanzpolitische Zeitenwende", hält Danyal Bayaz (Grüne), Finanzminister in Baden-Württemberg, fest. Doch anders als nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, als Bundeskanzler Olaf Scholz seine "Zeitenwende"-Rede hielt, ist im Bundestag kein Konsens in Sicht.
    Wie die Ampel-Koalition auf die markanten Einschränkungen ihrer Haushaltsplanung reagieren wird, die das jüngste Urteil des Verfassungsgerichts auslöst, wird auch während der ZDF-Sendung "maybrit illner" nicht wirklich klar.
    Für dieses Jahr soll erneut eine "Notlage" ausgerufen werden, um die Schuldenbremse auszuhebeln. Christian Dürr, Fraktionschef der FDP, sagt:

    Die Notlage ist im falschen Jahr erklärt worden, deshalb holen wir das jetzt nach.

    Christian Dürr, FDP-Fraktionschef

    Es sei durchaus bisherige Staatspraxis gewesen, fortdauernde Notlagen auch haushalterisch ins Folgejahr mitzunehmen. "Wir hätten diese Praxis früher beenden müssen. Jetzt beenden wir sie", sagt Dürr.

    Dürr: Der Staat hat Geld

    Im kommenden Jahr sei das aber keine Option mehr. "Man kann nicht einfach eine Notlage ausrufen, dafür braucht es einen engen Sachzusammenhang", sagt Dürr mit Blick auf 2024. "Ich bin auch nicht der Auffassung, dass wir an die Schuldenbremse ran müssen." Der Staat habe Geld.
    "Er muss jetzt priorisieren und eine klügere Klimapolitik machen mit mehr Technologieoffenheit." Statt Steuererhöhungen gelte es Subventionen zurückzuschrauben.
    Mit Blick auf die nachträglich festzustellende Notlage 2023 sagt Bayaz:

    Ich glaube, so viele andere Alternativen hätte es nicht gegeben.

    Danyal Bayaz, Grünen-Politiker

    Die Regierung hätte gut daran getan zuzugeben, dass ihre Strategie gescheitert ist. Jetzt gehe es darum, Maßnahmen besser zu priorisieren, die Einnahmeseite zu stärken und über Subventionen zu sprechen.
    "Jede Partei, die im Bundestag sitzt, muss über ihren Schatten springen, um tragfähige Finanzen hinzubekommen", sagt Bayaz.

    Dobrindt: Durch Trickserei verschleiern

    Das schließt in der politischen Mitte die Union ein. "Dass man die Schuldenbremse ganz offensichtlich betrügen wollte, war die Idee. Man wollte es durch Trickserei verschleiern", sagt Landesgruppenchef der CSU Alexander Dobrindt. "Das ist jetzt aufgedeckt."
    Ob die Union nun erneut klagen wird, ließ Dobrindt offen: "Wir sind schon konstruktiv." Aber man werde darauf achten, dass nicht erneut versucht wird, die Verfassung zu brechen.
    Kritik, die Union verhalte sich destruktiv, weist Dobrindt zurück: "Wir sind nicht die Claqueure, wir sind die Kontrolleure der Ampel-Regierung." Seine Kritik:

    Für 2024 hat die Ampel keinen Plan. Vom Bundeskanzler hört man seit einer Woche gar nichts.

    Alexander Dobrindt, Landesgruppenchef der CSU

    Muss sich die Ampel neu erfinden?

    Statt reinen Tisch zu machen, lege die Ampel bloß eine frische Decke auf einen schmutzigen Tisch, sagt die Journalistin Dagmar Rosenfeld (Welt am Sonntag):

    Der Ampel-Koalition ist es nicht gelungen, die Schuldenbremse einzuhalten. Deshalb wird jetzt eine Notlage ausgerufen.

    Dagmar Rosenfeld, Journalistin

    Die Regierung werde dadurch zusammengehalten, dass sie Geld ausgibt und so tut, als würde sie ebendies nicht tun. "Ich glaube, das bedeutet für die Ampel, dass sie sich ein Stück weit neu erfinden muss", sagt Rosenfeld.
    Eine "enorme Verunsicherung der Wirtschaft und der Bevölkerung" zulasten von Investitionsneigung und Konsumlaune prophezeit die "Wirtschaftsweise" Monika Schnitzer. Nach Pandemie und Energiekrise hätte ein "Energie-Soli" eingeführt werden können. Die Wähler würden schätzen, wenn Parteien in solchen Zeiten über ihren Schatten springen.
    "Was von der Regierung versprochen wurde, wird auch gezahlt, an Unternehmen und an Bürger", betont die ZDF-Rechtsexpertin Sarah Tacke. Da sei der Staat gebunden. "Hilfen, die gezahlt wurden, müssen nicht zurückgezahlt werden."
    Für Verunsicherung sorge, dass die Ampel nicht weiß, was sie in Zukunft noch zahlen kann.
    Quelle: ZDF

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