GEG: Habeck korrigiert Versuchskaninchen-Vergleich

    Shitstorm zum Heizungsgesetz:Habeck: Menschen sind keine Labor-Ratten

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
    |

    Minister Habeck und das Heizungsgesetz: Selbst wenn er Fehler dazu einräumt, fühlt er sich missverstanden. Jetzt hat er sich korrigiert: Menschen seien keine Labor-Ratten.

    Robert Habeck
    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
    Quelle: picture alliance / ZUMAPRESS.com

    Manchmal kann Robert Habeck schauen wie ein kleines Kind. Von unten nach oben, Augen weit auf, fehlt nur noch die Flunsch. Auf der Bühne der Digitalmesse Republica veranstaltet der WDR in diesen Tagen ein Europaforum. In Wahlkampfzeiten eine beliebte Veranstaltung, um jüngere Menschen zu treffen. Auch der Bundeswirtschaftsminister und Vize-Kanzler ist gekommen, um über dies und das zu reden. Dies und das zu erklären.
    Warum, wird der Grünen-Politiker gefragt, habe er denn das mit dem Heizungsgesetz neulich gesagt? "Na, erst einmal", sagt Habeck, habe es da eine "missgünstige Interpretationen" gegeben. "Missgünstig" war für ihn vermutlich vor allem die Kritik-Welle, die danach über ihn schwappte.
    Podiumsdiskussion auf der Re:publica 2024
    Die größte Digital-Konferenz Europas ist in Berlin gestartet. Das ZDF hat Werkzeuge entwickelt, um die Diskussionen auf ihren eigenen Plattformen vielfältiger zu gestalten.27.05.2024 | 1:36 min

    Shitstorm nach "Test"-Äußerung

    Bei einem Bürgerdialog rund um die Grundgesetzfeiern hatte der Grünen-Politiker eingeräumt, dass er die Bevölkerung mit dem ursprünglich geplanten Gebäudeenergiegesetz (GEG) überfordert habe. "Die Debatte um das Gebäudeenergiegesetz, also wie heizen wir in Zukunft, war ja ehrlicherweise auch ein Test, wie weit die Gesellschaft bereit ist, Klimaschutz - wenn er konkret wird - zu tragen", hatte er gesagt. Und eingeräumt: "Und ich bin zu weit gegangen."
    Das mit dem "Test" haben einige ihm übel genommen. Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Sanitär, Heizung, Klima, Helmut Bramann, sprach von einem "starken Stück". Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), Markus Staudt bezeichnete diesen "Test am offenen Herzen" nicht als "empfehlenswerte Strategie für politisches Handeln".
    Die Union warf ihm vor, die Bürger als "Versuchskaninchen für grüne Ideologie" zu nutzen, so der umweltpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Jung (CDU).
    In einem Heizungskeller in einem neu gebauten Wohngebäude ist die Technik für eine Wärmepumpe und eine Photovoltaikanlage installiert.
    Der Bund unterstützt Haushalte, die auf eine neue, klimafreundliche Heizung umsteigen. Nun können Privatleute Förderanträge für den Austausch ihrer Heizungen einreichen.27.02.2024 | 0:19 min
    So, sagt der Minister nun am Mittwoch, sei das alles nicht gemeint gewesen.

    Natürlich nicht im Sinne von: Wir probieren mal was aus. Und Menschen sind Labor-Ratten oder so etwas.

    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)

    Vielmehr sei es ihm um die Erfahrung aus dieser Klimadebatte gegangen.

    Habeck: Jetzt ein gutes Gesetz

    Über das GEG hatte es monatelang Streit in der Ampel-Koalition gegeben. Mehrfach musste Habecks Gesetz geändert werden. Aus dem klimaförderlichen Umbau von Gebäuden durch die Förderung von Wärmepumpen wurde ein grundsätzlicher Streit, ob eine Regierung Vorgaben für das Heizen machen dürfe. Nach einem zähen Einigungsprozess verhinderte eine Klage aus der CDU vor dem Bundesverfassungsgericht die Abstimmung über die parlamentarische Sommerpause hinweg.
    "Habeck contra Lindner - Ziemlich beste Gegner": Kollage von Robert Habeck und Christian Lindner vor dem Reichstagsgebäude in Berlin
    Habeck und Lindner. Gezwungen, zusammenzuarbeiten, gefangen im Dauerzoff, getrieben von ihren Parteien. Wer sind sie? Wohin steuern sie?30.04.2024 | 43:42 min
    Habeck sieht diese Diskussion als Lernprozess. Es gebe eben einen Unterschied zwischen Wissenschaft und einer gesellschaftlichen Debatte, sagt er. Und damit zwischen Wissenschaft und Politik. Nicht jede wissenschaftlich richtige Erkenntnis zu mehr Klimaschutz sei umsetzbar, weil sie eben so manchen Lebenswirklichkeit widerspreche, als unsozial oder ungerecht empfunden werde. Beim GEG habe man gesehen, wie diese beiden Seite "nur sehr schwer in einen Ausgleich" zu bringen seien.
    Nun sei es ein Gesetz mit einem sanfteren Einstieg geworden, dazu mit der Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung und damit nun ein Gesetz für die nächsten 20 bis 30 Jahre. Insgesamt sei es "ein gutes Gesetz", sagt Habeck.

    Der Prozess dahin regt zum Lernen an.

    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)

    Die Große Koalition aus Union und SPD unter Angela Merkel habe "an zu vielen Stellen" nichts gemacht. Man habe Ruhe im Land haben wollen und "nichts riskiert". So sei es in der Ampel-Koalition nun einmal nicht. Dann gebe es "eben Debatte oder Widerstand". Auch gegen seine Person, so Habeck.
    15.03.2024, Berlin: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, stellt bei einer Pressekonferenz die Treibhausgasemissionsdaten 2023 und den Projektionsdaten bis 2030 vor.
    Vizekanzler Habeck hält es für möglich, dass die Klimaschutzziele für 2030 eingehalten werden können. Die gute Klimabilanz liegt aber auch an der schwächelnden Wirtschaft.15.03.2024 | 1:45 min

    Lauterbach hat es einfacher

    Eingeladen war Habeck zu der Veranstaltung mit dem interessanten Titel "Krise als Radikalisierungstrigger - ökonomische Antworten auf das Erstarken des Völkischen". Aber das war nicht so wichtig. Die Themen Sylt-Video (Habeck: "Überraschen konnte das niemand"), Schuldenbremse ("sehe keine politischen Mehrheit, dass sich da bis 2025 noch etwas geändert wird") CDU ("man wird belohnt für konstruktive Oppositionspolitik, nicht nur fürs Njet sagen") und gute Laune ("Wir müssen raus aus dem Trübsinn") brachte Habeck trotzdem unter.
    Da hatte es Habecks Kabinettskollege Karl Lauterbach (SPD) eine Stunde vorher auf einer anderen Republica-Bühne etwas einfacher: Mit "Wie geht’s uns denn heute?" ist seine Veranstaltung überschrieben. "Alles gut", wirft Lauterbach vielleicht deswegen ab und zu ein. "Sie mit ihrem alles gut", sagt da der Moderator und kicherte. Mit kritischen Nachfragen muss Lauterbach nicht rechnen.

    Weitere Hintergründe