Terra X - die Wissens-Kolumne:Das Ende des Heizungsmärchens
von Volker Quaschning
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Trotz erster Frühlingswärme kann auf das Heizen noch nicht verzichtet werden. Welche Heizmethoden wirklich eine Zukunft haben und welche Irrglauben falsche Hoffnung wecken.
Quelle: Jakob Schäuffelen
Eines der Aufregerthemen im Jahr 2023 war das Heizungsgesetz oder juristisch korrekt Gebäudeenergiegesetz, kurz GEG. Als Wissenschaftler war die Diskussion darüber nur schwer zu ertragen. Statt eine sachliche Diskussion zu führen, prägte die Springer-Presse Begriffe wie den Heiz-Hammer und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte sogar, der Einbau einer Wärmepumpe würde bis zu 300.000 Euro kosten. Wie er darauf kam, bleibt schleierhaft.
Teile der Bevölkerung wurden dadurch massiv verunsichert und fürchteten, sie würden ihrer Freiheit und ihres Eigentums beraubt. In der Folge wurde der erste Gesetzesentwurf massiv zusammengestrichen, was einige als gelungene Technologieoffenheit feierten. Am 1. Januar trat das Gesetz in Kraft.
31.10.2023 | 8:46 min
... ist Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin ist mehrfacher Buchautor, Betreiber eines Podcasts und Mitbegründer von Scientists für Future.
Das Märchen von sauberen Heizungen
Die Wirkung des medialen Dauerfeuers gegen den ersten Gesetzesentwurf war wenig überraschend. Jahrelang hatte man erzählt, die Ölheizung sei böse, die Gasheizung die ökologische Alternative. Menschen, die eine Erdgasheizung besaßen, wähnten sich als die Guten und das sollte sich nun quasi über Nacht ändern.
Dabei war die Mär der sauberen Gasheizung schon immer ein Märchen. Erdgas verbrennt zwar sauberer als Erdöl, aber bei der Erdgasförderung gibt es extrem klimaschädliche Methanleckagen. In extremen Fällen ist dann sogar die Verbrennung von Kohle klimatechnisch besser.
Volker Quaschning ist Professor für Regenerative Energiesysteme. Wie er mit Forschung und wissenschaftlicher Aufklärung Klimaschutz leisten will, erklärt er im Science Date.31.10.2023 | 8:46 min
Die Erdgaskarriere und ihr Ende
Dass Pipelinegas immer mehr durch Flüssiggas ersetzt wird, das auch noch zum Teil über umweltschädliches Fracking gewonnen wird, macht das Problem nicht besser. Aber Erdgas hatte einen Vorteil: Russisches Gas war billig. Darum haben wir die Augen geschlossen, kollektiv an die Geschichte von billigem und sauberem Erdgas geglaubt und in Deutschland eine Erdgasinfrastruktur für rund 300 Milliarden Euro aufgebaut.
In der Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker sowie Gastexpert*innen jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.
Für viele Gaskonzerne und Stadtwerke wird sie beim Ende der Erdgasheizung weitgehend wertlos. Kein Wunder, dass die mächtigen Interessengruppen erfolgreich gegen das ursprünglich geplante Heizungsgesetz lobbyierten.
Heizungsverbot, und jetzt? Harald Lesch nimmt Wärmepumpen, Wasserstoff und Alternativen unter die Lupe.16.05.2023 | 26:15 min
Wärmepumpen im tiefsten Winter: Skandinavien macht es vor
Dabei funktioniert das, was in Deutschland undenkbar schien, in anderen Ländern gut. In Dänemark dürfen schon seit 2013 im Neubau keinen neuen Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut und seit 2016 auch in Altbauten nicht mehr ersetzt werden.
Während in Deutschland magere drei Prozent aller Häuser mit Wärmepumpen geheizt werden, sind es in Norwegen schon gut 60 Prozent, trotz kalter Winter und zahlreicher Altbauten. Skandinavien zeigt, wie absurd viele der deutschen Bedenken sind.
Wärmeplanung schindet Zeit
Das deutsche Heizungsgesetz sieht nun großzügige Übergangszeiten vor. Unter dem Vorwand, es müssten erstmal kommunale Wärmeplanungen erstellt werden, sind neue Erdgasheizungen bis 2028 in kleineren Kommunen erlaubt. Am Ende werden dort die Wärmeplanungen im Wesentlichen auf eine Lösung hinauslaufen: die Wärmepumpe. Fernwärmenetze lassen sich nur in dicht besiedelten Gebieten wirtschaftlich ausbauen.
Gemeinden müssen Pläne für die Wärmeversorgung vorlegen. Das bringt Probleme mit sich. Es gibt aber auch Kommunen, die es geschafft haben. Für das Dorf Marienthal an der Ahr haben sich die Investitionen und Planungen gelohnt.14.12.2023 | 7:28 min
Noch schnell eine Erdgasheizung einbauen? Lieber nicht!
Wegen der langen Übergangszeiten werden nach unseren Berechnungen im Jahr 2045 in Deutschland nun noch rund fünf Millionen Erdgasheizungen laufen - in dem Jahr, in dem wir gesetzlich verankert und höchst richterlich abgesichert klimaneutral werden müssen, um nicht komplett die Kontrolle über die Klimakrise zu verlieren. Dann dürfen wir gar kein Erdgas mehr verbrennen.
Diese Heizungen müssen nun vor dem Ende ihrer Lebensdauer wieder rausgerissen werden oder der Kohlendioxidausstoß beim Betrieb der Gasheizung müsste andernorts extrem teuer kompensiert werden. Beides sehr unschöne Optionen für alle, die jetzt noch torschlusspanikartig eine neue Gasheizung ordern.
Umrüsten auf Wasserstoff ist teuer
Grüner Wasserstoff wird das Problem nicht lösen. Er ließe sich nur schwer zu den Erdgasheizungen transportieren, Heizungen müssten teuer umgerüstet werden und im Vergleich zu grünem Strom wird grüner Wasserstoff exorbitant teuer sein.
Am Ende haben wir zwei Sachen mit dem zusammengestrichenen Heizungsgesetz erreicht: Viele haben die Illusion, für sie würde sich in den nächsten Jahren erst einmal kaum etwas ändern. Das böse Erwachen kommt später. Unser jetziges mutloses Handeln werden wir noch teuer bezahlen müssen.
Menschen brauchen Energie - als Nahrung, als Licht- und Wärmequelle. Harald Lesch beleuchtet die Geschichte der Energie und fragt nach Zukunftsvisionen.25.02.2024 | 43:37 min
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