Geywitz bei "Lanz": Wohnungsbedarf höher als angenommen

    Bauministerin bei "Lanz":Geywitz: Wohnungsbedarf höher als angenommen

    von Pierre Winkler
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    Laut Bundesbauministerin Klara Geywitz werde die Lösung der Wohnungs- und Baukrisen noch mehrere Jahre dauern. Ein Experte für Stadtentwicklung fordert einen Systemwechsel.

    Markus Lanz vom 20. Dezember 2023: Klara Geywitz, Markus Lanz, Roman Pletter, Jan-Hendrik Goldbeck, Matthias Bernt
    Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 20. Dezember 2023.20.12.2023 | 74:32 min
    Als Klara Geywitz 2021 ihr Amt antrat, war sie die erste hauptamtliche Bauministerin im Bund seit 23 Jahren. Aus Sicht der SPD-Politikerin ein entscheidender Grund, warum die Lage auf dem Wohnmarkt heute so angespannt ist.

    Man hat sich vor 20 Jahren ziemlich getäuscht bei der Frage: Wie viele Deutsche werden wir wohl bald mal sein?

    Klara Geywitz, Bundesbauministerin

    "Man hat gesagt: 'Deutschland ist fertig gebaut, wir brauchen gar keinen neuen Wohnraum'", sagte Geywitz am Mittwochabend bei Markus Lanz.

    Geywitz übernimmt zwei Fachabteilungen

    Darum sei das Bundesbauministerium aufgelöst worden. Danach waren etwa Verkehrs-, Umwelt- oder Innenminister fürs Bauen zuständig. Geywitz habe lediglich zwei Fachabteilungen übernehmen können.
    "Es gab weder einen Pressesprecher noch einen Büroleiter noch irgendwas", sagte sie. "Am ersten Tag habe ich mir tatsächlich auch meinen Kaffee selber mitgebracht, weil da keiner mehr war."

    Geywitz: Bau abhängig von Hypothekenzinsen

    Das sei aber natürlich nicht das eigentliche Problem, "Weil die Frage, wie viele Wohnungen in Deutschland hergestellt werden, zum Beispiel ganz entscheidend davon abhängt, wie die Hypothekenzinsen sind, und nicht, ob Klara Geywitz eine besonders schöne Kaffeemaschine hat".
    Der Baubereich sei derjenige, "der am schnellsten auf Zinssteigerungen reagiert", sagte Geywitz. "Deswegen ist mein Ziel jetzt erst mal, dass wir stabil durch diese Phase kommen, wo wir sehr große Probleme im Baubereich haben, damit wir keine Kapazitäten abbauen, die wir dringend brauchen."
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    Dabei hatte die Ampel-Koalition ursprünglich das Ziel von 400.000 neu gebauten Wohnungen pro Jahr gesetzt. "Als dieses Versprechen gemacht wurde, war das ja nicht eine Idee von Olaf Scholz, weil der sagte: '400.000, das ist mal eine schön klingende Zahl.' Sondern das war der damals tatsächlich errechnete Bedarf", sagte Geywitz.

    Bedarf im Wohnungsbau deutlich gestiegen

    Schon dieses Ziel verfehlte die Bundesregierung bisher deutlich: Im vergangenen Jahr waren es nur rund 295.000. Dabei sei die Lage aufgrund der vielen aus der Ukraine nach Deutschland geflüchteten Menschen längst noch herausfordernder.
    "Der jetzige Bedarf ist deutlich höher", sagte Geywitz. Schon im Januar hatte sie geschätzt, Deutschland brauche mittlerweile "500.000 bis 600.000 Wohnungen im Jahr".
    Selbst das werde aber nicht reichen, um alle Probleme zu lösen, schränkte der Sozialwissenschaftler Matthias Bernt ein. "Neubau alleine führt kaum dazu, dass die Mieten sinken", sagte der Experte für Wohnraumpolitik und Stadtentwicklung.

    Das Überangebot müsste so massiv sein, dass so viele Wohnungen leer stünden, dass das echt einen ernsthaften Druck auf die Preise ausüben würde.

    Matthias Bernt, Sozialwissenschaftler

    Leerstand in Ostdeutschland abgerissen

    Der einzige derartige Fall, der ihm bekannt sei, sei im Ostdeutschland der 90er-Jahre gewesen. "Da ist die Bevölkerung zurückgegangen, gleichzeitig hat man, glaube ich, über eine Million Wohnungen häufig auf der grünen Wiese neu gebaut", sagte Bernt.
    "Das Ergebnis waren eine Million leerstehende Wohnungen und ein Bundesprogramm, Bund-Länder-Programm Stadtumbau-Ost, mit dem für über eine Milliarde Euro leerstehende Wohnungen, 360.000 leerstehende Wohnungen wieder abgerissen werden mussten."
    Statt einfach nur zu bauen, müsse der Bund viel mehr darauf achten, was und für wen er baue. "In den 1980er-Jahren hatte die Bundesrepublik ungefähr vier Millionen Sozialwohnungen", sagte Bernt. "Die Sozialwohnungen sind runter auf eine Million, gleichzeitig haben wir elf Millionen Leute, die einen Anspruch hätten auf eine Sozialwohnung."

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