Der Vorschlag des Bundesinnenministeriums zur leichteren Abschiebung von Clan-Mitgliedern sorgt für Aufsehen. SPD-Innenpolitiker Fiedler gibt Ministerin Faeser nun Rückendeckung.
SPD-Innenexperte Fiedler findet den Vorschlag des Innenministeriums, Angehörige von kriminellen Clans abzuschieben, "sinnvoll und hilfreich".09.08.2023 | 6:54 min
Organisierte Kriminalität sei für Deutschland eine riesengroße Gefahr, da sie eine "wirklich demokratiezersetzende Wirkung" habe, da sie Wirtschaft und Politik unterwandere, sagte Fiedler, der von Beruf Kriminalbeamter ist, im ZDF Morgenmagazin.
Darauf angesprochen, dass viele Clanmitglieder eine deutsche Staatsbürgerschaft hätten und ohnehin nicht abgeschoben werden könnten, sagte Fiedler, bei ihnen bringe der Vorschlag in der Tat nichts. Aber es gehe auch nicht um einen Vorschlag, der alle Probleme der organisierten Kriminalität löse.
Dennoch halte er ihn für "außerordentlich richtig, denn das tut der organisierten Kriminalität und eben auch Teilen der Clankriminalität sehr, sehr weh, wenn diejenigen hier ihren Aufenthaltsstatus verlieren, die Teil dieser Gruppierung sind." Und das müssten Gerichte natürlich nachweisen, sagte der Politiker der SPD.
Das Innenministerium plant Angehörige von kriminellen Clans auch ohne strafrechtliche Verurteilung abzuschieben. Bisher gilt diese Regelung nur im Bereich der Terrorismusbekämpfung.07.08.2023 | 2:20 min
Bund Deutscher Kriminalbeamter: Papier "gute Grundlage"
Auch der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Dirk Peglow, unterstützt den Vorstoß aus dem Bundesinnenministerium zur leichteren Abschiebung von Clan-Angehörigen:
Peglow sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Wir dürfen es nicht dulden, dass kriminelle Clans weiterhin eine Paralleljustiz und -gesellschaft aufbauen, die jegliche Grundlagen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens den Regeln patriarchalischer Familienstrukturen unterordnet." Das Diskussionspapier sei insoweit "eine gute Grundlage".
Ministerium: Familienzugehörigkeit reicht nicht für Abschiebung
Ein Diskussionspapier aus Faesers Ministerium sieht vor, dass eine Ausweisung bereits möglich sein soll, wenn jemand Teil einer kriminellen Vereinigung war oder ist. Ein Ministeriumssprecher hatte bereits am Montag erläutert, dass eine Abschiebung entsprechend einer solchen Regelung einen klaren Bezug zu kriminellen Aktivitäten voraussetzt. Eine Familienzugehörigkeit zum Clan allein reiche nicht.
Der Vorschlag des Bundesinnenministeriums zu leichteren Abschiebungen von Clan-Mitgliedern wird weiter kontrovers diskutiert. Die Grünen zweifeln an der Rechtsstaatlichkeit an.09.08.2023 | 2:39 min
Ähnlich wie der Sprecher des Innenministeriums betonte Peglow, es müsse aber klar sein, "dass die alleinige Zugehörigkeit zu einer sogenannten Clan-Familie, also allein der Familienname, nicht ausreichend für aufenthaltsbeendende Maßnahmen ist".
Auch SPD-Experte Fiedler betonte im ZDF: Ob jemand Teil einer kriminellen Vereinigung sei, müssten Tatsachen in einem rechtsstaatlichen Verfahren definieren.
Grüne und Union kritisieren Faeser-Vorschlag
Der Vorschlag wird von Union und Grünen scharf kritisiert. Die Innenpolitikerin Irene Mihalic (Grüne) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, außerhalb des Rechtsstaats stehende Regelungen stünden niemals zur Debatte. "Das gilt auch für Maßnahmen, die nicht strafrechtlich verurteilte Verwandte von Kriminellen genauso behandeln wie Kriminelle."
Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), hatte am Montag gesagt, statt Erwartungen zu schüren, die am Ende nicht erfüllt werden könnten, sollte Faeser "aktiv werden und mit Ländern wie dem Libanon konkrete Abkommen zur Rücknahme von Straftätern aushandeln".