Juristen zu Faeser-Vorschlag :Kann man Clan-Angehörige pauschal ausweisen?
von Felix Molchanov und Birgit Franke
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Innenministerin Nancy Faeser will Angehörige organisierter Kriminalität einfacher ausweisen, auch ohne Verurteilung. Doch ist das rechtlich überhaupt möglich?
Der Vorschlag des Bundesinnenministeriums zu leichteren Abschiebungen von Clan-Mitgliedern wird weiter kontrovers diskutiert. 09.08.2023 | 2:39 min
Den Aufenthaltstitel verlieren, ohne strafrechtlich verurteilt zu sein: Für Angehörige von Clans und anderen organisierten, kriminellen Vereinigungen könnte das bald Realität werden, wenn es nach Nancy Faeser (SPD) geht.
Die Bundesinnenministerin hat diesen Vorschlag in einem Diskussionsentwurf veröffentlicht. Ein Gesetzesentwurf ist das noch nicht, doch schon diese erste Idee erntet Kritik. Doch wie sieht der rechtliche Rahmen dazu aus?
"Menge Druck aus den Ländern": ZDF-Korrespondent Thomas Reichart zu Faesers Beweggründen:
07.08.2023 | 2:20 min
Behörden müssen konkret abwägen
Wer die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet, kann unter Umständen ausgewiesen werden. Damit erlischt das Recht zum Aufenthalt in Deutschland. Ein Beispiel dafür: die Begehung einer Straftat.
Doch bevor es zur Ausweisung kommt, müssen die Behörden konkret abwägen: Auf der einen Seite gibt es Gründe für die Ausreise, auf der anderen Seite stehen Gründe für den Verbleib - wie ein bereits langjähriger Aufenthalt in Deutschland.
Eigenjustiz von Clan-Kriminellen dürfe nicht akzeptiert werden, sagt der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Dirk Peglow bei ZDFheute live:
Jurist: Ausweisung ist kein Automatismus
Erst wenn die Interessen für die Ausweisung überwiegen, kann man ausgewiesen werden und damit den Aufenthaltstitel verlieren. Die Ausweisung führt jedoch nicht immer zu einer Abschiebung. Wenn zum Beispiel diese nicht durchführbar ist, können Personen in Deutschland geduldet werden.
Jurist und Migrationsforscher Daniel Thym erklärt:
Faesers Diskussionsentwurf sieht nun vor, dass Angehörige einer kriminellen Vereinigung einfacher ausgewiesen werden dürfen. Sie müssen dafür nicht strafrechtlich verurteilt sein, wie es bislang nötig war. Für Angehörige einer terroristischen Vereinigung gibt es diese Regelung schon länger.
Sebastian Fiedler, Mitglied im SPD-Innenausschuss, findet den Vorschlag der Innenministerin, Angehörige von kriminellen Clans abzuschieben, "sinnvoll und hilfreich".09.08.2023 | 6:54 min
Familienname ist kein Ausweisungsgrund
Regelmäßig fallen kriminell organisierte Großfamilien unter den Begriff der Clans. Doch wer tatsächlich darunter fällt, ist juristisch nicht geklärt. Ob Faesers Vorschlag zur Bekämpfung der Clan-Kriminalität beiträgt, daran kann gezweifelt werden.
Die Angehörigkeit zu einer Familie darf nämlich kein Grund für eine Ausweisung sein, so Thym:
Daniel Thym bei ZDFheute live über den Vorstoß von Faeser:
Thym führt weiter aus, dass jüngere Clan-Mitglieder teilweise auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Für sie sei eine Ausweisung ohnehin ausgeschlossen. Noch kritischer sieht Rechtsanwalt Hubert Heinhold den Vorschlag:
Was zeichnet Clans aus, und wie bilden sie sich? Mehr dazu in der Doku: die Welt der Clans - Verbrechen, Macht und Ehre:
18.09.2020 | 88:16 min
Innenministerium: Regelung entspricht Wunsch von Ländern und Kommunen
Gegenüber dem ZDF erklärt das Bundesinnenministerium, die vorgeschlagene Regelung entspreche dem Wunsch einiger Länder und kommunaler Spitzenverbände, Angehörige sogenannter Clan-Strukturen künftig leichter abschieben zu können.
Das Ministerium sei sich darüber bewusst, dass der Familienname an sich nicht ausschlaggebend für eine Ausweisung sein kann. Wie die Regelung nun genau ausgestaltet wird und wie sie den Bedürfnissen der Praxis bestmöglich entsprechen kann, soll laut Ministerium nun eingehend mit den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden erörtert werden.
Clan-Angehörige künftig leichter abschieben, geht das? Darüber diskutiert ZDFheute live:
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