Teilnahme an Bundestagswahl:Kleinparteien: Weiterhin Unterschriften nötig
von Daniel Heymann
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Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Für eine Teilnahme an der Bundestagswahl müssen Kleinparteien Unterschriften sammeln. Daran ändert auch der vorgezogene Termin nichts.
Die Vorgabe, für die Teilnahme an der Bundestagswahl Unterschriften zu sammeln, setzt viele Kleinparteien unter Druck.
Quelle: Imago
Noch etwa ein Monat - so viel Zeit bleibt Kleinparteien, um ausreichend Unterschriften für die Teilnahme an der kommenden Bundestagswahl einzusammeln.
Bis zum 20. Januar müssen sie ihre Wahlunterlagen einschließlich der gesammelten Unterschriften offiziell einreichen, ansonsten stehen sie am 23. Februar nicht auf dem Stimmzettel.
Viele kleine Parteien kritisieren diese Unterschriften-Erfordernis schon länger - der vorgezogene Wahltermin im nächsten Jahr erhöht den Druck auf sie nun noch einmal erheblich.
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Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht
Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) hatte deshalb nicht nur im letzten Jahr dagegen geklagt, sondern im letzten Monat auch einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.
Aus Karlsruhe gab es heute aber einen doppelten Dämpfer: Kleinparteien müssen die Unterschriftenvorgaben für die bevorstehende Bundestagswahl erfüllen - und auch in Zukunft dürfte es für sie nicht einfacher werden.
Welche Hürden müssen Kleinparteien überspringen?
Das Bundeswahlgesetz verlangt von kleinen Parteien, dass ihre Landeslisten von mindestens 0,1 Prozent der Wahlberechtigten in einem Bundesland, maximal jedoch von 2.000 Personen, unterschrieben sein müssen.
Für Parteien wie die ÖDP bedeutet das schon bei regulären Wahlterminen einen hohen Organisationsaufwand, der nun aufgrund des gestauchten Zeitplans zur echten Herausforderung wird.
Ihr Ärger über die Regelung im Wahlgesetz liegt auch darin begründet, dass sie ausschließlich Kleinparteien trifft. Denn die Vorschrift gilt nur für Parteien, die bislang nicht mit mindestens fünf Abgeordneten im Bundestag oder einem Landtag sitzen.
Dass etwa die ÖDP seit über zehn Jahren einen Sitz im Europäischen Parlament hat und auf kommunaler Ebene bundesweit über 500 Mandate hält, hilft ihr für die Bundestagswahl nicht.
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Vorgabe soll stabile Mehrheitsverhältnisse ermöglichen
Dass das Unterschriften-Erfordernis in die Rechte kleiner Parteien eingreift, sieht auch das Bundesverfassungsgericht. Dennoch betonen die Richterinnen und Richter die Rechtmäßigkeit dieser Beschränkungen, denn:
Karlsruhe macht damit deutlich, dass Wahlen nicht allen Einzelmeinungen - auch wenn sie zum demokratischen Spektrum gehören - politische Geltung verschaffen müssen.
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Vielmehr sei es legitim, verschiedene politische Positionen zu einem gewissen Grad zusammenzufassen - und zwar auch in einer Vorauswahl, die ein Mindestmaß an demokratischem Rückhalt einer Partei in der Bevölkerung dokumentiert.
Die damit verbundene Reduktion der Wahlvorschläge diene dazu, die Stimmen "zu einem Wahlergebnis zu integrieren und stabile Mehrheits- und Regierungsverhältnisse zu ermöglichen". Das Gericht zieht zur Begründung auch die Fünf-Prozent-Hürde heran, die eine Zersplitterung des Parlaments verhindern soll und damit letztlich demselben Ziel diene.
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Enger Zeitplan für Kleinparteien kaum zu bewältigen
Gerade den vom Gericht ins Feld geführten Integrationsvorgang der Wahl sieht die klagende ÖDP durch die heutigen Beschlüsse gefährdet. Durch die Vorauswahl werde die beabsichtigte Integration faktisch ins Gegenteil verkehrt, so Björn Benken, stellvertretender Landesvorsitzender der ÖDP Berlin:
Mit Blick auf den 23. Februar hat die ÖDP - wie viele Kleinparteien - erhebliche Zweifel, ob sie überhaupt in allen Bundesländern an der Bundestagswahl teilnehmen kann. Die Unterschriftensammlung verbunden mit den anderen Fristen im Bundeswahlgesetz - das sei in so kurzer Zeit kaum zu stemmen.
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ÖDP: "Mehr politische Weitsicht gewünscht"
Die Entscheidung führe dazu, dass kleine Parteien im Grunde von der Wahl ausgeschlossen würden. Benken, der die Verfahren für die ÖDP betreut hat, übt deshalb deutliche Kritik am Gericht:
Die ÖDP und andere Kleinparteien bereiten sich nun auf eine hektische Weihnachtszeit vor. Ohne die nötigen Unterschriften findet die Bundestagswahl in gut zwei Monaten ohne sie statt.
Daniel Heymann ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
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