Merz braucht die SPD: Woran Schwarz-Rot scheitern könnte
Merz braucht die SPD:Woran Schwarz-Rot scheitern könnte
von Dominik Rzepka
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Friedrich Merz hat nur eine Option: Eine Koalition mit der SPD. Doch Schwarz-Rot dürfte kein Selbstläufer werden. An diesen Knackpunkten könnte das Bündnis scheitern.
Die Union gewinnt die Wahl, das BSW verpasst den Einzug in den Bundestag. Jetzt ist eine schwarz-rote Koalition möglich.24.02.2025 | 3:46 min
Lars Klingbeil schüttelt entgeistert den Kopf. Dass Friedrich Merz gerade einen Antrag zur Migration mit den Stimmen der AfD durch den Bundestag gebracht hat, lässt den SPD-Chef resigniert zurück. Wie soll seine Partei jetzt noch mit der CDU zusammenarbeiten, fragt Klingbeil Richtung Merz.
Es ist der 29. Januar. Dreieinhalb Wochen vor der Wahl ist die Kluft zwischen Schwarz und Rot größer denn je. Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach sieht eine mögliche Koalition zwischen beiden als erschwert an. Parteienforscher Karl-Rudolf Korte gibt die Schuld dafür vor allem Merz, den er einen "sauerländischen Trumpisten" nennt.
Und jetzt? Jetzt sollen diese beiden eine Koalition bilden? Wie soll das gehen?
Von Hängepartei bis historisch schlechtestes Ergebnis – der Wahlausgang bringt Überraschungen. ZDF-Korrespondent Andreas Kynast beobachtet die Parteien der Mitte und links davon.23.02.2025 | 3:16 min
SPD kündigt Mitgliederbefragung an
Am Tag nach der Bundestagswahl ist Schwarz-Rot die einzige Option. Es gibt keine andere. Jedenfalls keine, die nicht im Vorfeld ausgeschlossen wurde. Doch Klingbeil hat den 29. Januar nicht vergessen.
Wenn ich mir manche Äußerung von Friedrich Merz in den letzten Wochen, vielleicht sogar in den letzten Tagen anschaue, dann hat das die Gräben zur SPD nicht flacher, sondern tiefer gemacht.
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Lars Klingbeil, SPD
Die SPD sei zwar zu Gesprächen bereit, sagt Klingbeil. Doch am Ende sollen die Mitglieder der SPD über eine mögliche Koalition mit der Union entscheiden. Sagt die Basis Nein zu einer Zusammenarbeit mit Friedrich Merz?
Ausgeschlossen ist das nicht. Schon frühere Mitgliederbefragungen über eine "Große Koalition" waren kein Selbstläufer - und damals hieß die Kanzlerin Angela Merkel. Erschwerend kommt hinzu, dass die SPD gerade das schlechteste Ergebnis aller Zeiten eingefahren hat. Hat man da den Auftrag zu regieren?
Die SPD müsse jetzt wieder stark und handlungsfähig werden, betont SPD-Chef Klingbeil nach dem schlechten Wahlergebnis. "Das ist der Auftrag, den wir von gestern Abend mitnehmen."24.02.2025 | 10:39 min
Das sind die Knackpunkte
Auch inhaltlich gibt es viele Knackpunkte, an denen Schwarz-Rot scheitern könnte:
Schuldenbremse: Höhere Verteidigungsausgaben sollen laut SPD durch ein Aussetzen der Schuldenbremse bezahlt werden, die Union ist kritisch.
Wirtschaft: Die CDU sagt, schon die Lage der Wirtschaft werde durch die SPD anders bewertet.
Rente: Die SPD sieht hier Konfliktpotenzial, fordert die Stabilisierung der Rente und eine steuerliche Entlastung der großen Masse der Bevölkerung.
Ob die SPD in eine Regierung eintrete, stehe nicht fest, sagt Klingbeil, der nach dem Fraktionsvorsitz greift. Es könne Wochen oder Monate dauern, bis der Prozess einer Regierungsbildung abgeschlossen sei. Es dürfte auch der Versuch sein, die Preise für eine mögliche Koalition hochzutreiben.
Die SPD habe sich "müde regiert", ordnet Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte ein. Das stelle die Sozialdemokraten nun vor ein Dilemma, so der Experte.24.02.2025 | 3:53 min
Merz will auf SPD zugehen
Denn CDU-Chef Merz braucht jetzt die SPD, wenn er Kanzler werden will. Merz kündigt am Mittag an, noch im Verlauf des Montags mit Klingbeil reden zu wollen. Die Gespräche mit der SPD zur Bildung einer Regierung seien vorbereitet.
Wir werden einmal nebeneinander legen müssen, wo wir denn Gemeinsamkeiten sehen, wo wir Trennendes sehen.
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Friedrich Merz, CDU
Das Ganze werde mit einer Bestandsanalyse beginnen: "Haben wir eigentlich das gleiche Verständnis von den Herausforderungen, vor denen wir stehen?" Die Union strebt eine Regierung bis Ostern an. Am 25. März kommt der neu gewählte Bundestag das erste Mal zusammen.
"Wir haben eindeutig den Regierungsauftrag," so CDU-Parteivorsitzender Friedrich Merz. Ziel sei eine schwarz-rote Koalition. Der Erfolg der AfD sei ein "letztes Warnzeichen".24.02.2025 | 10:54 min
Koalitionsvertrag nur für ein Jahr?
Aus der Union heißt es, erste Gespräche könnten erst einmal nur mit wenigen Beteiligten geführt werden. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann schlägt im ZDF zunächst einen schmalen Koalitionsvertrag von 20 oder 30 Seiten vor, nur für ein Jahr. Denkbar wären zunächst einmal zehn große Projekte.
CSU-Chef Markus Söder sagt, über mögliche Ministerposten werde erst am Schluss geredet. In der Union gelten unter anderem der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn und der parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei als ministrabel. Frei wird als Chef des Kanzleramts gehandelt.
Im Gespräch ist außerdem, ein eigenes Digitalministerium einzurichten.
Die Union ist für eine Regierungsbildung auf die SPD angewiesen. ZDF-Hauptstadtstudioleiterin Diana Zimmermann zu den Hintergründen.24.02.2025 | 0:56 min
Was für Schwarz-Rot spricht
Auch, wenn Schwarz-Rot kein Selbstläufer wird: Politikwissenschaftler Korte geht dennoch davon aus, dass auf Deutschland die nächste nicht mehr ganz so "Große" Koalition zukommt. Denn:
Das ist das Lieblingsmodell der Deutschen.
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Karl-Rudolf Korte, Politikwissenschaftler
Die Koalition hätte eine "satte Mehrheit" von zwölf Sitzen, sie könne stabil sein und die Harmoniebedürftigkeit der Wähler befriedigen. Korte erinnert daran, dass die SPD auch 2017 nicht in die GroKo wollte, seinerzeit aber vom Bundespräsidenten ermahnt wurde. Das, so Korte, könnte auch dieses Mal wieder passieren.
CDU/CSU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz ist der Wahlsieger der Bundestagswahl 2025. ZDFheute informiert über aktuelle Nachrichten, Daten, Reaktionen und Analysen.