Bosbach: "CDU hat jetzt besondere Verantwortung"

    Interview

    Bosbach nach Landtagswahlen:"CDU hat jetzt besondere Verantwortung"

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    Nach den Landtagswahlen im Osten zeigt sich CDU-Politiker Bosbach besorgt über die wachsende politische Instabilität im Land. Seine Partei sieht er vor großen Herausforderungen.

    CDU-Politiker Wolfgang Bosbach (Archivbild)
    Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ist heute zu Gast bei "maybrit illner".
    Quelle: Oliver Berg/dpa

    Im ZDF-Politiktalk "maybrit illner" geht es heute Abend um das Thema "Nach dem Wahldebakel - neue Hürden, alte Tabus?". Zu Gast ist unter anderem Wolfgang Bosbach. Der CDU-Innenpolitiker hat in den letzten Wochen den Wahlkampf im Osten unterstützt.
    Im Interview spricht Bosbach über die Herausforderungen für seine CDU, die Verantwortung der Union und die umstrittenen Sondierungsgespräche mit dem "Bündnis Sahra Wagenknecht".  
    ZDFheute: Machen Sie sich Sorgen angesichts der Wahlergebnisse am vergangenen Sonntag? 
    Wolfgang Bosbach: Die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen bestätigen eine Entwicklung, die sich schon länger abzeichnet.

    Es wird immer schwieriger, stabile politische Verhältnisse zu schaffen. Koalitionsbildungen und Entscheidungsfindungen werden komplizierter.

    Das könnte uns auch nach der Bundestagswahl 2025 erwarten. Das macht mir Sorgen.
    ZDFheute: Sie waren in den letzten Wochen im CDU-Wahlkampf in Thüringen und Sachsen unterwegs. Hat das Wahlergebnis Sie überrascht?
    Bosbach: Wer über diese Ergebnisse total überrascht ist, muss lange im Untergrund gelebt haben. Die Ampel-Parteien, insbesondere die Grünen, werden zunehmend als Belastung empfunden. Die Bevölkerung wünscht sich einen grundlegenden Politikwechsel.
    Wenn Michael Kretschmer sagt "Wir (die Union) sind das Bollwerk (gegen die Extremisten)", dann hat er Recht. Die SPD büßt ihren Status als Volkspartei immer mehr ein. Darüber kann ich mich nicht freuen, wenn zeitgleich die politischen Ränder stärker werden. Die Union trägt jetzt eine besondere Verantwortung.
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    ZDFheute: Wie haben Sie die Stimmung erlebt?
    Bosbach: Mir persönlich sind die Menschen offen und freundlich begegnet. Politisch gab es bei zwei Themen große Unterschiede zur Haltung im Westen der Republik: Die Migrationspolitik wird dort noch kritischer gesehen und das gilt auch für die militärische Unterstützung der Ukraine durch die Nato bei ihrem Abwehrkampf gegen Putin.

    Es gibt dort viele, die ernsthaft glauben: Wenn der Westen die Ukraine nicht mehr unterstützt, dann schweigen die Waffen, Putin wird seine Armee zurückziehen und dann herrscht Frieden.

    Leider ist diese Haltung meilenweit von der Realität entfernt.
    ZDFheute: Was bedeutet das Wahlergebnis für die CDU?
    Bosbach: Mit den Ergebnissen können wir zufrieden sein, stecken aber in einem Dilemma, Stichwort BSW. Egal, wie wir uns entscheiden, es wird immer Kritik geben. Also wird man sich in Dresden und Erfurt fragen: Was dient den Interessen unserer Länder? Was müssen wir tun, damit die Union nicht an politischer Glaubwürdigkeit verliert?
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    ZDFheute: In der CDU gibt es Stimmen, dass man aus Respekt vor dem Wähler nicht ein Drittel der Stimmen ignorieren könne und daher mit der AfD reden müsse. Was ist falsch an diesem Gedanken?
    Bosbach: Die Union ist gegründet worden auf den Trümmern unseres Landes nach den Verheerungen des Dritten Reiches und des Zweiten Weltkriegs. Wir machen mit Extremisten keine gemeinsame Sache. Die AfD gilt als "rechtsextremistischer Verdachtsfall", vom Verwaltungsgericht Köln bestätigt, in Thüringen sogar als "gesichert rechtsextremistisch".

    Es kommt doch nicht darauf an, was Frau Weidel oder Herr Chrupalla in Interviews oder Talkshows sagen, entscheidend ist die inhaltliche Ausrichtung der Partei.

    Wo sollen das Schnittmengen mit der Union oder der SPD sein? Es gibt beeindruckende Zitatensammlungen von prominenten Vertretern der AfD. Die dortigen Sprüche haben mit bürgerlich-konservativ nichts, aber mit völkisch-nationalistisch viel zu tun.

    Bei "maybrit illner" geht es dieses Mal um das Thema "Nach dem Wahldebakel - neue Hürden, alte Tabus?" (Donnerstag, 5. September 2024, ab 22:25 Uhr im ZDF)

    Es diskutieren: SPD-Ministerpräsident Stephan Weil, CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, die BSW-Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali sowie Juli Zeh, Schriftstellerin und Richterin am Verfassungsgericht Land Brandenburg.

    ZDFheute: In Thüringen will die CDU mit dem "Bündnis Sahra Wagenknecht" Sondierungsgespräche führen. Die CDU und die ehemalige Ikone der Kommunistischen Plattform - kann das gut gehen?
    Bosbach: Gute Frage! Ich weiß es nicht. Abwarten. Es kommt ganz entscheidend auf Sahra Wagenknecht an. Sie ist die Partei und auch wenn sie via TV etwas ganz anderes erzählt, ohne ihr Okay wird dort nichts entschieden.

    Mir sind alle Parteien suspekt, die nach einer Person benannt werden. Dann ist die Partei zu 100 Prozent von dieser Person abhängig, dann stehen alle potentiellen Partner immer mit einem Fuß auf der Seife.

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    ZDFheute: Friedrich Merz beharrt auf den Unvereinbarkeitsbeschluss, also keine Zusammenarbeit mit der AfD und der Linken. Wie lange wird diese Brandmauer nach links und rechts halten?  
    Bosbach: Sie muss und sie wird halten. Zur AfD ist alles gesagt und die Linkspartei hat ihre Wurzeln nun mal in der SED - egal, wie oft man sie umfirmiert. Sie beruft sich auf Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die Union auf Konrad Adenauer und Ludwig Erhard. Da passt nix zusammen, gar nix.
    Das Interview führe Ruth Wimmer von der Redaktion "maybrit illner".

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