Was die neue Koalition von CSU und FW für Bayern bedeutet
CSU und Freie Wähler:Was die neue Koalition für Bayern bedeutet
von Julian Schmidt-Farrent
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Die neue Koalition in Bayern soll der Gegenentwurf zur Ampel in Berlin werden - doch CSU-Chef Söder betont: Das Bündnis sei keine Liebesheirat. Was die neue alte Regierung plant.
Und prompt liegt der Koalitionsvertrag auf dem Boden. Sekunden vorher haben die künftigen Koalitionspartner ihre gegenseitigen Versprechen im Landtag unterzeichnet, da flutscht Hubert Aiwanger das Papier auf die Füße.
Dabei bemühen sich Aiwanger und sein Koalitionspartner Markus Söder heute viel um Stabilität - nach harten Wortgefechten während des Wahlkampfes.
Söder: Bündnis "keine Kuschelkoalition"
Das Bündnis mit den Freien Wählern sei keine Kuschelkoalition, erklärte CSU-Chef Söder zuvor. "Aber sie wird verlässlich sein." Die Bayern-Koalition als Gegenentwurf zur zerstrittenen Ampel, doch gemein haben sie beide: Es sind Bündnisse aus Gegnern - in Berlin wie in München.
"Ich würde der CSU jetzt hier empfehlen, nicht zu mädchenhaft aufzutreten", sagte Parteichef Hubert Aiwanger noch kurz nach der Wahl. Und erhob nach dem historisch besten Ergebnis seiner Partei den Anspruch auf ein weiteres, viertes Ministerium. Heute ist klar: Er bekommt es.
Bekenntnis zu Demokratie als gemeinsamer Nenner
Die Freien Wähler besetzen künftig das Digitalministerium - das kleinste Ministerium, wie Söder betont. Die Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl von der Universität der Bundeswehr in München erklärt:
Die Freien Wähler vergoldeten sich ihr Wahlergebnis. Substanziell habe sich das Machtgefüge allerdings nicht verändert: Die CSU staubt dafür einen Staatssekretärsposten ab. Trotzdem hätten die Freien Wähler durch ihren Stimmenzuwachs leichtere Verhandlungen gehabt. Und das trotz der Flugblatt-Affäre rund um Parteichef Hubert Aiwanger.
Auffällig im Koalitionsvertrag ist eine Präambel, in der sich die CSU und Freie Wähler zur Demokratie und historischen Verantwortung Deutschlands bekennen. Frage an den Ministerpräsidenten: Sollte das nicht eine Selbstverständlichkeit sein? Antwort Söder: Gerade mit Blick auf die Stärke der AfD sei das Bekenntnis wichtig - "deswegen war uns das ein gemeinsames Anliegen", erklärt der CSU-Chef. Und dreht sich dabei zu Aiwanger um.
Keine inhaltlichen Grabenkämpfe
Im Koalitionsvertrag verspricht die Landesregierung nun auch eine "Verfassungsviertelstunde": Jede Woche sollen sich Schülerinnen und Schüler mit dem Grundgesetz auseinandersetzen. Es ist eines von rund 70 Projekten im Wahlprogramm, das viel auf ein "Weiter so" setzt. Nur mit weniger Bürokratie: Für jeden neuen Paragrafen sollen künftig zwei alte wegfallen.
Beim Wahlkampfthema Migration setzen die alten und neuen Koalitionäre auf das Sachleistungsprinzip, fordern ein Bezahlkartensystem, "um Zuzugsanreize zu verhindern". Die Idee fand allerdings schon 2018 ihren Weg in den Koalitionsvertrag - offen bleibt, ob sie diesmal verwirklicht wird.
Mit Blick auf die bayerischen Klimaziele hatte sich Aiwanger während des Wahlkampfes noch skeptisch gezeigt. "Ob wir’s erreichen, wissen wir nicht", so Aiwanger vor einem Monat.
Im Koalitionsvertrag bleibt es nun dabei: Bayern soll bis 2040 klimaneutral werden - unter anderem mit mehr Windkraft. Der Bund Naturschutz kritisiert: Von den Abstandsregeln für Windräder habe sich die Koalition noch immer nicht verabschiedet.
"Inhaltlich war es für beide Seiten gleich einfach", glaubt Politikwissenschaftlerin Riedl. Bildung, Digitalisierung, Bürokratie - in vielen Bereichen lägen Freie Wähler und CSU nah beieinander, könnten professionell miteinander arbeiten. Nicht ohne Grund, gelten die Freien Wähler doch als Fleisch vom Fleische der CSU.
Einen sehr persönlichen Sieg wollte Markus Söder heute dann doch noch verkaufen: Zwar bekommen die Freien Wähler das Digitalministerium - den Bereich "Film" will Söder aber in die Staatskanzlei überführen. "Weil für die großen Dramen und die Filme, das macht dann doch die Staatskanzlei."