Antisemitismus-Antrag: Union und Ampel einigen sich
Antisemitismus-Antrag:Union und Ampel einigen sich
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Monatelang wurde im Bundestag darüber gerungen, wie man Antisemitismus genau definiert und bestraft. Jetzt haben sich die Parteien geeinigt.
Seit des Terroranschlags der Hamas auf Israel im vergangenen Jahr nehmen antisemitische Übergriffe zu - nicht nur in Deutschland. Juden und Jüdinnen berichten immer wieder, dass sie Angst haben, auf die Straße zu gehen.
Quelle: dpa
Die Koalition hat sich nach langen, strittigen Verhandlungen mit der Unionsfraktion auf einen Text für einen Antrag zur Ächtung und Bekämpfung von Antisemitismus geeinigt.
Nicht rechtsverbindlich
In einer gemeinsamen Mitteilung der Fraktionen heißt es, der Antrag solle bereits in der kommenden Woche im Deutschen Bundestag eingebracht, beraten und abgestimmt werden. Er ist zwar nicht rechtsverbindlich, dürfte aber dennoch politische Wirkung entfalten.
Vor einem Jahr wurde Israel von der Hamas überfallen. Doch von der anfangs viel bekundeten Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft ist in Deutschland wenig übrig geblieben.08.10.2024 | 9:46 min
Die beteiligten Fraktionen halten in dem Antrag fest: "In den vergangenen Monaten ist nicht zuletzt das erschreckende Ausmaß eines Antisemitismus deutlich geworden, der auf Zuwanderung aus den Ländern Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens basiert, in denen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit, auch aufgrund islamistischer und antiisraelischer staatlicher Indoktrination, verbreitet sind."
Antisemitismus ist ein weltweites Problem. Wegen des Holocausts wird Antisemitismus in Deutschland besonders beobachtet. Aktuelle News und Hintergründe zum Thema im Schwerpunkt.
Engagement für Sicherheit Israels
Gleichzeitig seien antisemitische Verschwörungstheorien sowie völkisches Denken auf dem Vormarsch. Die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP kritisieren in dem Antrag außerdem einen "relativierenden Umgang und vermehrt israelbezogenen und links-antiimperialistischen Antisemitismus".
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Die Bundesregierung solle sich weiterhin "aktiv für die Existenz und die legitimen Sicherheitsinteressen des Staates Israel" einsetzen, heißt es in dem Text weiter.
Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dirk Wiese (SPD), Andrea Lindholz(CDU/CSU), Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) und Konstantin Kuhle (FDP) erklären:
"Deutschland trägt vor dem Hintergrund der Shoah eine besondere Verantwortung für den Schutz jüdischen Lebens in Deutschland. Die Fraktionen der demokratischen Mitte des Deutschen Bundestages haben sich vor diesem Hintergrund und zahlreicher antisemitischer Übergriffe nach dem 7. Oktober 2023 auf einen gemeinsamen Antrag zum bevorstehenden Jahrestag des 9. November 1938, der "Reichspogromnacht", mit dem Titel "Nie wieder ist jetzt: Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken" geeinigt. Der Antrag soll bereits in der kommenden Woche im Deutschen Bundestag eingebracht, beraten und abgestimmt werden. Mit dem Antrag setzen wir ein klares Zeichen, den Antisemitismus in unserem Land wirksam und nachhaltig zu bekämpfen."
Definition unter Wissenschaftlern umstritten
An die Bundesregierung geht zudem die Aufforderung, sich gegenüber Ländern und Kommunen dafür einzusetzen, dass sie bei Entscheidungen - etwa über die Förderung bestimmter Projekte - die sogenannte IHRA-Antisemitismusdefinition als maßgeblich heranziehen.
In Courbevoie bei Paris haben Bürger gegen Antisemitismus demonstriert. Auslöser ist die Vergewaltigung einer zwölfjährigen Jüdin durch mehrere Gleichaltrige.21.06.2024 | 2:09 min
Die Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) in rechtlich verbindlichen Texten ist unter Wissenschaftlern allerdings umstritten. Die IHRA hält darin unter anderem fest, dass sich Erscheinungsformen von Antisemitismus "auch gegen den Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, richten" können. Kritik an Israel, die mit der Kritik an anderen Ländern vergleichbar sei, werde hingegen nicht als antisemitisch betrachtet.
Lob von Deutsch-Israelischer Gesellschaft
Eine Gruppe von Juristen hatte im vergangenen Jahr in einem Brief an Bundestagsabgeordnete davor gewarnt, die Verwendung dieser Definition in einem Entschließungsantrag führe "auf verfassungs- wie völkerrechtlich höchst problematisches Terrain". Auch sei die Arbeitsdefinition nie dazu gedacht gewesen, rechtliche Bindungswirkung zu erlangen.
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Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hat die Einigung begrüßt.
Das erklärte Präsident Volker Beck am Samstag in Berlin. Die klare und unbedingte Unterstützung für Israels Selbstverteidigung durch den Deutschen Bundestag trage dazu bei, Irritationen zu korrigieren, die in den letzten Monaten aus Berlin gesendet worden seien.
"Die Toten Hosen" haben den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen für ihr herausragendes soziales Engagement erhalten. Mit ihrer Musik positionieren sie sich gegen Antisemitismus und rechtsextreme Gewalt.30.10.2024 | 1:47 min
"Selbstverständlich gilt: Das Völkerrecht ist Grundlage und Rahmen für Israels Selbstverteidigung. Gut, dass der Text auf überflüssige Hinweise zu solch Selbstverständlichkeiten verzichtet", erklärte Beck.
Quelle: ZDF
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