NRW-Parteitag: Steht die AfD zu ihrer rechtsextremen Jugend?

    NRW-Landesparteitag:Steht die AfD zu ihrer rechtsextremen Jugend?

    von David Gebhard und Julia Klaus
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    Die AfD-Jugend "Junge Alternative" ist gesichert rechtsextrem. Wie geht die Mutterpartei mit ihrem Nachwuchs künftig um? Auf dem Parteitag in NRW steht eine wichtige Resolution an.

    Ein Mann in schwarzen Sandalen hält ein Plakat der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative
    Gesichert rechtsextreme AfD-Jugend "Junge Alternative" - wie verhält sich die Mutterpartei nun?
    Quelle: dpa

    Die AfD muss sich an diesem Wochenende mal wieder die Frage stellen: Distanzieren oder nicht? Pikanterweise geht es dabei um die eigene Parteijugend. Die "Junge Alternative" darf vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft werden, ein Eilverfahren dagegen war Anfang Februar gescheitert.
    Auf dem Landesparteitag in Marl steht an diesem Samstag nun eine Resolution auf der Agenda, die dazu aufruft, sich hinter die JA zu stellen: "Solidarität mit der Jungen Alternativen in NRW" fordert das Papier, das ZDF Frontal vorliegt. Darin heißt es:

    Als Jugendorganisation muss die JA keine Kopie der Mutterpartei sein, sondern darf eigene Wege im politischen Wettbewerb beschreiten.

    Antrag zu "Solidarität mit der JA"

    Verfasst hat sie der Bundestagsabgeordnete und ehemalige NRW-Landeschef Rüdiger Lucassen. Begleitend dazu werben er und andere prominente AfD-Funktionäre in einem Video auf Social Media für ein "Ja zur JA".
    Auch der mächtige Thüringer Landesvorsitzende und Rechtsaußen Björn Höcke hatte sich zu Wort gemeldet und für eine "unbedingte Solidarität" mit der Jugendorganisation geworben:

    Alles, was in Richtung Abspaltung der JA geht, wird von mir den entschlossensten Widerstand erleben.

    Björn Höcke, AfD-Vorsitzender Thüringen

    Demo "Junge Alternative", Teilnehmer mit Banner: "Deutsche Jugend fordert Remigration!"
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    Wie könnte es mit der JA weitergehen?

    Im Bundesvorstand der AfD wird nun diskutiert, wie das Verhältnis zur Parteijugend künftig aussehen soll. Die Mehrheit zeigte sich in Konferenzen zuletzt genervt von ihrer Jugendorganisation - inklusive der beiden Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla. Ein NRW-Kreisverband hatte sich Mitte Februar bereits offen gegen die JA gestellt. Parteichefin Weidel sagte dem ZDF lediglich, dass man zusammen mit der Parteijugend "eine gemeinsame Lösung" suche.
    Für die Zukunft der JA sind mehrere Möglichkeiten denkbar:
    • keine Veränderung - die JA bleibt offizielle Parteijugend
    • die AfD trennt sich von der JA, eventuell verbunden mit deren Auflösung
    • eine engere Anbindung der JA - beispielsweise durch ein "Juso-Modell"

    Die Junge Alternative ist ein Verein und hat laut ihrem Vorsitzenden Hannes Gnauck rund 2.000 Vollmitglieder sowie rund 500 Förderer. Laut Satzung ist sie "selbstständig" und "an Weisungen nicht gebunden". Die AfD hat die JA im November 2015 als ihre offizielle Jugendorganisation anerkannt.

    Der Chef der JA, der Bundestagsabgeordnete Hannes Gnauck, hält nichts von Abspaltungs-Ideen. Gegenüber ZDF Frontal sagte er:

    Eine Mutterpartei braucht eine Jugendorganisation - als Kaderschmiede, programmatischer Motor, auf der Straße und um das politische Vorfeld einzubinden. Die AfD braucht deshalb die JA.

    Hannes Gnauck, Vorsitzender Junge Alternative

    28.07.23., Magdeburg: Tino Chrupalla, Alice Weidel und Maximilian Krah stehen vor einem AfD-Poster.
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    Auch engere Anbindung an die AfD möglich

    Möglich wäre, dass die AfD-Jugend durch eine Satzungsänderung enger in die Mutterpartei eingebunden wird, wie das etwa bei den Jusos der Fall ist. Die AfD hätte dann mehr Durchgriffsrechte; die Jugend wäre weniger autark, was etwa Mitgliedsanträge betrifft. Doch die AfD müsste genau prüfen, wen sie in die Partei lässt. JA-Mitglieder fallen immer wieder mit radikalen Aussagen und Inhalten auf und pflegen oft enge Verbindungen zum politischen Vorfeld wie der rechtsextremen Identitären Bewegung. Allerdings tun das auch AfD-Vertreter, wie das Treffen von Potsdam belegt.
    Für Aufsehen sorgte jüngst die Brandenburger JA-Chefin Anna Leisten, gegen die ein Antrag auf zweijährige Ämtersperre läuft. Bei Instagram hatte sie Fotos gepostet, auf denen sie bei einer Art JA-Bootcamp durch Schlamm robbt, und dazu geschrieben: "Trainingslager Ostfront 2025". Auf einem anderen Foto zeigt sie das "Okay"-Zeichen, was in rechten Kreisen als "White-Power" gelesen wird. Damit wird eine vermeintliche Überlegenheit von Weißen behauptet.

    Instagram-Post Anna Leisten

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    Könnte die Junge Alternative verboten werden?

    Ein anderes Szenario, das seit der Einstufung der JA als gesichert rechtsextrem im Raum steht, ist ein mögliches Verbot. Da sie ein Verein ist, wäre denkbar, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das kurzfristig tun könnte, was nächtliche Razzien und ein Einfrieren der Geldmittel zur Folge hätte. Da die JA aber offizielle Parteijugend ist, erhoffen sich manche in ihren Reihen, dass nach dem Parteiengesetz verfahren werden müsste - ein Verbot wäre dann deutlich langwieriger.

    Bezug auf Reichsbürgergesetz
    :AfD-Mann Ulbrich und die "arische Sprache"

    Neuer Wirbel bei der AfD: Der Bundesschiedsgerichts-Vize Roland Ulbrich hat in einem Schiedsspruch Bezug auf das Reichsbürgergesetz und "arische Sprache" genommen. Er trat zurück.
    von David Gebhard und Julia Klaus
    Symbolbild: AfD-Logo, davor Delegierte
    Exklusiv

    Das "freundliche Gesicht des NS"

    Auf dem Parteitag in Marl wird auch ein bei der JA beliebter Unterstützer zu Wort kommen - der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich. Im Parlament gehört er keiner Fraktion an. Dass er sich in internen Chats selbst als das "freundliche Gesicht des NS" bezeichnet hatte, hatte in der Partei viele empört. Helferich könnte nun aber für den Landesvorstand kandidieren, was eine weitere Radikalisierung bedeuten würde.
    In NRW dürfte nicht das letzte Wort über die JA gesprochen werden - doch die Ergebnisse vom Wochenende könnten ein Fingerzeig für den AfD-Bundesvorstand sein. Der NRW-Landesverband hat seiner Parteijugend zwar sogar die Gelder gestrichen. Ob sich der Bundesvorstand dazu durchringt - das ist offen.

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