Nach Cyber-Angriff: Berlin bestellt Chinas Botschafter ein

    Cyberangriff vor drei Jahren:Berlin bestellt chinesischen Botschafter ein

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    Das Auswärtige Amt in Berlin bestellt den chinesischen Botschafter ein. Hintergrund ist eine wohl staatlich gesteuerte Cyberattacke auf ein deutsches Bundesamt vor drei Jahren.

    Die Flaggen von Deutschland und China
    Die Bundesregierung gibt China die Schuld für einen Cyberangriff im Jahr 2021 auf das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie.
    Quelle: dpa

    Die Bundesregierung ist sich sicher, dass von China gesteuerte Hacker hinter einem schweren Cyberangriff auf das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) Ende 2021 stecken. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte:

    Heute wissen wir, dass staatlich gesteuerte chinesische Cyberakteure zu Spionagezwecken das Netzwerk des BKG infiltriert haben.

    Sprecher des Auswärtigen Amts

    Der chinesische Botschafter sei aufgrund dieser Erkenntnisse einbestellt worden. Die Bundesregierung verurteile den Cyberangriff auf das Schärfste, fügte er hinzu. Gleichzeitig fordere die Bundesregierung China auf, in Zukunft "derartige Handlungen zu unterlassen und zu unterbinden". Es ist das erste Mal seit dem Jahr 1989, dass das Auswärtige Amt einen chinesischen Botschafter in Berlin einbestellt hat. Anlass war damals laut dem Außenamtssprecher die blutige Niederschlagung der Proteste auf dem Tiananmen-Platz in Peking.
    Dass chinesische Hacker hinter dem Angriff auf das Bundesamt stecken, hatten gemeinsame Recherchen von ZDF Frontal und "Spiegel" bereits im August vergangenen Jahres aufgedeckt. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hatte den Angriff damals bestätigt, sich aber zu den Hintermänner des Hacks nicht offiziell geäußert.
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    "Gründliche technischen Analyse" dauerte drei Jahre

    Die Zuordnung des Angriffs sei "auf Grundlage einer gründlichen technischen Analyse" und belastbarer Informationen der Nachrichtendienste erfolgt, betonte der Sprecher. Das Bundesamt, das Satelliten- und Geodaten auswertet und daraus unter anderem für Sicherheitsbehörden hochdetaillierte Karten aufbereitet, nehme eine wichtige Funktion ein, auch für Einrichtungen der kritischen Infrastruktur - dazu zählen beispielsweise Energieversorger, Wasserwerke und Verkehrsunternehmen.
    Das BKG liefert aktuelle amtliche Geodaten für das gesamte Bundesgebiet. Außerdem führt es eigene Daten mit denen der Bundesländer sowie von Drittanbietern zusammen.
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    Innenministerium: Hacker nutzten Verschleierungsnetzwerke

    Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Maximilian Kall, erklärte, die Angreifer hätten sogenannte Verschleierungsnetzwerke genutzt. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hätten die Angreifer Endgeräte von Privatpersonen und Unternehmen kompromittiert, um diese für ihre Cyberattacke auf das Bundesamt zu nutzen. Ein Netzbereich des Bundesamtes sei betroffen gewesen.
    Ein Wiederaufbau des Netzwerks sei unter Beachtung von Empfehlungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erfolgt. Es gelte als gesichert, dass die Hacker erfolgreich aus den Netzen des BKG ausgeschlossen wurden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte:

    Dieser schwere Cyberangriff auf eine Bundesbehörde zeigt, wie groß die Gefahr durch chinesische Cyberattacken und Spionage ist.

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser

    Sie verwies auf einen Gesetzentwurf, den das Kabinett in der vergangenen Woche beschlossen hatte.
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    Neue Cybersicherheitsregeln für 29.500 Unternehmen

    Dieser Gesetzentwurf sieht strengere Regeln für den Schutz kritischer Anlagen und wichtiger Unternehmen vor Cyberangriffen vor und soll die europäische NIS-2-Richtlinie umsetzen. Als besonders wichtige Einrichtung im Sinne des Gesetzes gelten unter anderem Großunternehmen der Sektoren Energie, Transport und Verkehr, Trinkwasser, Abwasser und Telekommunikation.
    Die Pflicht zur Umsetzung bestimmter Sicherheitsmaßnahmen zur Abwehr und Bewältigung von Cyberangriffen soll künftig rund 29.500 Unternehmen betreffen und damit deutlich mehr als bisher. Zudem soll der Instrumentenkasten des BSI erweitert werden - auch was die Möglichkeit betrifft, Bußgelder zu verhängen.
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    Chinas Cyberstrategie verfolgt industrielle und geopolitische Ziele

    China ist, was gegen Deutschland gerichtete Spionage angeht, nach Einschätzung des Verfassungsschutzes neben Russland, dem Iran und der Türkei einer von vier Hauptakteuren. Im Verfassungsschutzbericht 2023 heißt es, bei der Vorgehensweise chinesischer Cyberspionageakteure sei "eine deutliche qualitative und quantitative Weiterentwicklung" festzustellen.
    China verfolge eine "offensive Cyberstrategie, die durch umfangreichen Wissenstransfer einen wichtigen Beitrag zu den industrie- und geopolitischen Zielen des Landes leisten soll", teilte das Bundesinnenministerium mit.

    Chinesische Abhängigkeit
    :5G-Netz: Wirklich sicherer ohne Huawei?

    Die Bundesregierung zieht im Juli die Notbremse und will chinesische Technik aus dem 5G-Mobilfunknetz werfen. Zumindest einen Teil davon. Was ist von dem Plan zu halten?
    von Laura Rosinus
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    Quelle: dpa

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