Orthodoxe Weihnacht in Russland: Krieg in Gottes Namen

    Orthodoxe Weihnacht in Russland:Krieg in Gottes Namen

    Armin Coerper, Leiter ZDF-Studio Moskau
    von Armin Coerper, Moskau
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    Zum Ende des zweiten Kriegsjahres feiert Russland das orthodoxe Weihnachtsfest. Anders als im vergangenen Jahr gönnt der Kriegsherr im Kreml den Ukrainern keine Feuerpause.

    Russlands Präsident Putin inszeniert sich bei einem orthodoxen Weihnachtsgottesdienst mit Familien gestorbener Soldaten.
    Russlands Präsident Putin inszeniert sich bei einem orthodoxen Weihnachtsgottesdienst mit Familien gestorbener Soldaten.
    Quelle: dpa

    Es ist klirrend kalt am Abend, doch die Menschen strömen in die über fünfhundert Moskauer Kirchen, in denen Weihnachtsgottesdienste stattfinden. Es ist das zweite Weihnachtsfest seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine.
    Viele Menschen sehnen sich auch hier nach Frieden, doch die Mehrheit unterstützt laut Umfragen die Ziele des Kreml. "Der Sieg wird unser sein", sagt uns so auch Larissa in die Kamera. Ihr Mann Evgeny widerspricht vielleicht nicht ganz, sagen wir, er ergänzt:

    Wir brauchen doch keinen Sieg, was wir brauchen ist Frieden. Damit wir alle leben können, gesund und glücklich. Das ist doch das Wichtigste!

    Evgeny, Russe in Moskau

    Auch andere Passanten sprechen vor der Kirche vor allem von Frieden. "Jeder will doch, dass dieser Konflikt endet", sagt eine ältere Dame. Wir wollen nicht, dass Menschen sterben. Sondern in Freundschaft mit allen leben." Den Preis für Frieden und Freundschaft bestimmt nach dieser Logik jedoch einzig und allein Russland. Zu seinen Bedingungen. So sehen das die meisten Menschen heute im Reich von Wladimir Putin.
    Vorgezogene Weihnachten in der Ukraine
    Orthodoxe Christen in der Ukraine feierten bislang Weihnachten am 7. Januar. In diesem Jahr zelebrieren viele das Weihnachtsfest bereits am 25. Dezember, um sich so noch weiter von der russisch-orthodoxen Kirche zu entfernen.22.12.2023 | 2:04 min

    Kämpfe in der Ukraine gehen auch an Weihnachten weiter

    Zu Weihnachten in Putins Russland gehört auch, dass die Kirche den Krieg mitmacht und in die Weihnachtsbotschaft aufnimmt. Freilich ohne ihn beim Namen zu nennen. Im größten Moskauer Gotteshaus, der Christ Erlöser Kathedrale, spricht das Oberhaupt der orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill. In seiner Predigt sagt der 77-Jährige:

    Das Vaterland durchschreitet heute einen schweren Teil seines historischen Wegs.

    Kirill I., Vorsteher der Russisch-Orthodoxen Kirche

    Russland habe sich äußeren Angriffen zu erwehren. Dazu brauche es eine starke Wirtschaft und eine starke Armee, aber auch einen festen orthodoxen Glauben. In diesem Jahr hat die Kirche, anders als im vergangenen, zu keiner feiertäglichen Feuerpause aufgerufen. Das Morden in der Ukraine geht auch an Weihnachten weiter, und im heutigen Russland geht das in Gottes Namen.
    Putin empfängt Angehörige gefallener Soldaten.
    An den Weihnachtsfeiertagen in Russland empfing Präsident Putin Angehörige gefallener Soldaten. Dieses Jahr ließ er keine Feuerpause über die Feiertage ausrufen.07.01.2024 | 1:23 min

    Orthodoxe Kirche unterstützt Putin

    Patriarch Kirill gilt als enger Vertrauter Präsident Putins und schafft den moralischen Überbau für seine aggressive Politik. Die Kirche ist somit eine Allianz mit dem Kriegsherrn im Kreml eingegangen. Nachdem sich die sowjetischen Führer von der Religion weitestgehend fernhielten, ist das in Wladimir Putins Welt ganz anders.
    Alle Jahre wieder feiert er das Weihnachtsfest, dieses Mal hat er sich ganz besondere Gäste eingeladen. Die Witwen und Mütter von gefallenen Soldaten nämlich, die er in Krieg und Tod geschickt hat. Das hindert ihn aber mitnichten, sich, während er mit ihnen spricht, immer wieder zu bekreuzigen. Ihre Männer seien Helden, sagt der Präsident, und seine Mitarbeiter seien jederzeit für deren Familien da. Das ist Putins weihnachtliche Prophezeihung.
    Firefighters work to extinguish a fire in a destroyed apartment building after a Russian attack in Kyiv, Ukraine, Tuesday, Jan. 2, 2024
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    Moskau an Weihnachten: Blumen als Protest

    Doch nicht alle spielen bei diesem kriegerischen Krippenspiel mit. Immerhin etwa 15 Frauen legen in Moskau am Grabmal des unbekannten Soldaten im Schatten der Kremlmauern Blumen nieder, Blumen als Protest. Sie sind Mütter und Ehefrauen mobilisierter Soldaten und fordern schon seit Monaten deren Heimkehr. Auch in Sankt Petersburg kommt es zu einer ähnlichen Aktion.
    Ukraine-Krieg - Kiew
    Die Ukraine ringt um Ersatz für gefallene Soldaten. Doch viele junge Ukrainer fürchten sich vor einem Einsatz.06.01.2024 | 2:47 min
    "Frauen für das Leben" steht auf einigen Bändern dort geschrieben. Offiziell fordern sie Gerechtigkeit und den Austausch ihrer Männer, den Krieg verurteilen sie aber nicht. Vielleicht nur deshalb nicht, weil sie dann ihr Protest direkt ins Straflager führen würde, und das für viele Jahre. Denn auch an Weihnachten muss man sehr genau zwischen den Zeilen hören, um die wenigen kritischen Geister zu finden, deren Stimmen im weihnachtlichen Moskau noch nicht erstickt wurden.
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

    Russland greift die Ukraine an
    :Aktuelles zum Krieg in der Ukraine

    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
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