US-Wahl: Wie Fake News junge Schwarze Wähler beeinflusst
Desinformation für junge Männer:Wie Fake News Schwarze US-Wähler beeinflussen
von Nils Metzger
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Junge Schwarze Männer in den USA wenden sich vermehrt von den Demokraten ab. Rechte Influencer kämpfen für den "Blexit" Schwarzer Wähler, befeuert von russischer Desinformation.
Schwarz, jung, konservativ: Trump-Unterstützer bei einer Veranstaltung in Las Vegas im Juni 2024. (Archivbild)
Quelle: AFP
Schwarze Wähler in den USA stehen seit Jahrzehnten mit großer Mehrheit aufseiten der Demokraten. 2020 stimmten etwa nur acht Prozent der Schwarzen Wähler für Donald Trump. Doch bei einer Wählergruppe ist diese politische Gewissheit seit dem Aufstieg der Maga-Republikaner ins Wanken geraten: jungen, Schwarzen Männern.
Laut einer Umfrage der afroamerikanischen Bürgerrechtsorganisation NAACP von vergangenem Freitag tendiert jeder vierte Schwarze Wähler unter 50 Jahren zu Donald Trump. Ihre politischen Überzeugungen sind konservativer als die älterer Schwarzer Wähler. Auch das ein Trend, der seit einigen Jahren anhält.
Dahinter steht eine bewusste Strategie der Republikaner und rechter Influencer. Zentral dafür auch: Falsch- und Desinformationen im Netz, die sich gezielt an die Black Community richten. Einige davon kommen direkt oder indirekt aus Russland.
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Impfskeptiker und Männeraktivisten sprechen Schwarze Communities an
Desinformation ist besonders effektiv, wenn sie zielgruppengerecht aufbereitet wird. Die Organisation Onyx Impact hat in einer Studie von Juni untersucht, wie sich Falschinformationen in der Schwarzen Community in den USA verbreiten.
Offen auftretende ausländische Akteure wie staatsnahe Medien spielten demnach nur eine untergeordnete Rolle. Deutlich größer sei die potenzielle Reichweite von Influencern - etwa "Gesundheitsskeptikern" wie Impfgegnern, Anhängern separatistischer Ideologien wie der Nation of Islam oder den Black Panthern, oder von Männeraktivisten ("Black Manosphere").
Mindestens 40 Millionen Nutzer von primär an Schwarze US-Bürger gerichteten Online-Angeboten würden regelmäßig Falschinformationen ausgesetzt, schreibt der Bericht von Onyx Impact. Traditionelle Qualitätsmedien haben in dieser Zielgruppe hingegen kaum Reichweite.
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Russische Fake-Seiten mit Millionenreichweite schon 2016
Bewusst oder unbewusst verbreiten Influencer dann auch teils von russischen Propagandafabriken gestreute Botschaften. Wer hinter bestimmten Gerüchten steckt, lässt sich oft erst rückblickend rekonstruieren.
Bei den US-Wahlen 2016 nahm Russland etwa gezielt Schwarze Wähler in den Blick. Russische Trolle und Agenturen setzten damals zahlreiche Fake-Seiten auf, die vorspielten, Teil der "Black Lives Matter"-Proteste zu sein.
Ein Bericht des US-Senats legte 2019 Zahlen vor, wonach etwa die von Russland betriebene Facebook-Seite "Blacktivist" über elf Millionen Interaktionen sammeln konnte. Kernbotschaften dort: Schwarze Wählerstimmen bewirken nichts, oder Kritik an der damaligen demokratischen Kandidatin Hillary Clinton. Es waren Maßnahmen zur gezielten Spaltung und Demobilisierung demokratischer Wähler.
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Schwarzer Influencer als Beleg für falsche Gerüchte um Haitinianer
Auch in der aktuellen, von Trump-Unterstützern mit rassistischen Lügengeschichten befeuerten Debatte um haitianische Einwanderer in der Stadt Springfield, Ohio, spielen Schwarze Influencer eine Rolle.
So verbreiten rechte Aktivisten wie die Trump-Vertraute Laura Loomer das millionenfach aufgerufene Video eines Schwarzen TikTok-Nutzers, der Gerüchte streute, Haitianer würden Haustiere für "Voodoo-Rituale" entführen. Als Quelle verweist der Maga-Influencer auch auf seine jamaikanische Herkunft, was Loomer ebenfalls betont. Schwarze Stimmen verleihen rassistischen Erzählungen hier einen glaubhafteren Anschein.
Umgekehrt ist Trump auf solche Unterstützer angewiesen, um seit Jahrzehnten gegen ihn bestehende Diskriminierungsvorwürfe herunterzuspielen. Etwa wegen der Benachteiligung Schwarzer Mieter bei Immobilienprojekten oder dem Fall der "Central Park Five", Jugendlichen, für die Trump 1989 in Zeitungsanzeigen die Todesstrafe forderte, deren Urteil wegen Vergewaltigung Jahre später aber aufgehoben wurde.
"Grundsatzbereitschaft zur Gewalt" mache weitere Eskalationen im US-Wahlkampf möglich, so ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen aus Washington.17.09.2024 | 3:10 min
Benachteiligte gegeneinander ausspielen
Die Debatte um Immigration, vor allem aus Lateinamerika, wird auch in der Schwarzen Community intensiv geführt. Oft ist das geprägt von Abstiegsängsten. Die Trump-Kampagne weiß das auszunutzen und versucht, verschiedene, überdurchschnittlich von Armut betroffene Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen.
Bei einem viel kritisierten Auftritt bei der Reportervereinigung NABJ sagte Trump Ende Juli: "Von der Grenze kommen Millionen und Millionen Menschen, die Schwarze Jobs übernehmen werden. (…) Sie nehmen Schwarzen die Arbeitsplätze."
Volkswirtschaftler verweisen jedoch darauf, dass der US-Arbeitsmarkt unter Biden wie Trump gut dastand. Mit einer Schwarzen-Arbeitslosenquote von 4,8 Prozent wurde im April 2023 der niedrigste Monatswert seit Beginn der Aufzeichnungen festgestellt. Auch der Jahresschnitt 2023 von 5,5 Prozent ist Positivrekord - auch wenn die Quote weiterhin spürbar über der der Weißen Bevölkerung liegt.
Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat seine Kontrahentin Kamala Harris bei einem Auftritt in Chicago scharf angegriffen und ihre ethnische Zugehörigkeit infrage gestellt.
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Kann Kamala Harris den "Blexit" abwenden?
Dennoch wird diese Black-Community-Variante einer "Great Replacement"-Verschwörungstheorie seit Jahren von einflussreichen Schwarzen Rechtspopulisten wie Candace Owens verbreitet. Owens erklärtes Ziel: der "Blexit" Schwarzer Wähler - weg von den Demokraten.
Von Kamala Harris hängt es nun ab, ob sie den Trend der jüngsten Wahlen umkehren und wieder mehr Schwarze Wechselwähler an die Demokraten binden kann. "Ich strenge mich an, ihre Stimme zu verdienen, und gehe nicht davon aus, sie sicher zu haben, weil ich Schwarz bin", sagte Harris am Mittwoch in Philadelphia auf die Frage, was sie männlichen Schwarzen Wählern zu bieten habe.
Clips mit Fake News über Kamala Harris: Microsoft hat eine Desinformationskampagne zur US-Wahl aufgedeckt. Verantwortlich ist wohl eine Propagandagruppe, die dem Kreml nahesteht.