USA, Japan und Südkorea: Mini-Nato im Indopazifik?

    USA, Japan und Südkorea:Eine Mini-Nato im Indopazifik?

    Autorenbild: Elmar Theveßen
    von Elmar Theveßen
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    Die USA, Japan und Südkorea weiten ihre Zusammenarbeit aus und wollen ein "noch nie da gewesenes Niveau" erreichen. Eine eindeutige Botschaft, gerichtet an China und an Nordkorea.

    Er ist winzig klein, das wohl unauffälligste Detail dieses Dreiergipfels in Camp David und doch fällt er auf – der blaue Ansteckknopf am Anzugsrevers von Japans Premierminister Fumio Kishida.
    Der Button erinnert an jene 17 japanischen Staatsbürger, die Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre von Geheimagenten des kommunistischen Regimes nach Nordkorea entführt wurden. Kishida signalisiert damit auch eine Besinnung auf gemeinsame Gegner in der indopazifischen Region, durch die sich Japan, Südkorea und die USA gleichermaßen bedroht fühlen: Nordkorea und dessen Schutzmacht China.

    Militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit, gemeinsame Militärmanöver

    So erklärt sich das historische Dreierbündnis, dass Joe Biden und seine zwei Gäste an diesem Tag aus der Taufe heben. Unter dem Titel "Camp-David-Prinzipien" ist es eine neue Allianz, vergleichbar mit der Nato, zwar ohne eine militärische Beistandsverpflichtung im Angriffsfall, aber mit vielem, was unterhalb davon auch das transatlantische Bündnis ausmacht:
    • Eine enge militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit,
    • gemeinsame Militärmanöver,
    • eine trilaterale Hotline und das
    • gegenseitige Versprechen, sich in Konflikten sofort und eng miteinander abzustimmen.
    "Alle Provokationen und Angriffe gegen eins unserer drei Länder", so der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol, "werden einen Entscheidungsprozess in diesem trilateralen Rahmen auslösen; und unsere Solidarität wird dadurch noch stärker und härter werden."
    Ein chinesisches Patrouilleboot bei einer Fahrt in den Gewässern zwischen China und Taiwan am 5. April 2023.
    Japan rüstet auf – im Wettkampf gegen China. Der Hintergrund: Die Spannungen um den Inselstaat Taiwan haben in den letzten Monaten drastisch zugenommen. 01.06.2023 | 10:31 min

    Biden: Ziel ist ein starkes und dauerhaftes Verhältnis

    Das Bündnis soll so institutionalisiert werden, dass es nicht einfach ist, alles wieder zurückzudrehen, falls sich die politischen Verhältnisse innerhalb der Länder verändern. Ein kluger Gedanke, auch angesichts der Präsidentschaftswahl in den USA, bei der ein Machtwechsel nicht ganz ausgeschlossen ist.
    "Wir starten hier eine Serie von Initiativen, die nichts anderes sind als institutionelle Veränderungen", so US-Präsident Joe Biden, "Zusammenarbeit bei Sicherheit, Wirtschaft, Technologie, sowie Konsultationen und Manöver. Das wird eine Dynamik schaffen, Monat für Monat, Jahr um Jahr, die das Verhältnis stärker und wohl auch dauerhaft macht."

    Reaktion auf wahrgenommene Bedrohung aus China und Nordkorea

    In einem nächsten Schritt könnten Japan und Südkorea vielleicht gar ihre Luftabwehrsysteme miteinander verbinden, um mögliche Raketenangriffe aus Nordkorea oder China koordiniert abzufangen. Auch die USA fühlen sich durch die unberechenbaren Aktivitäten des nordkoreanischen Diktators Kim bedroht.
    Gerade erst bekam er für seine atomaren Sprengköpfe von Russland eine Lieferung von Trägerraketen, die sogar amerikanisches Territorium erreichen könnten. Für den Umgang mit den Drohungen Chinas gegenüber Taiwan hatten sich die neuen Bündnispartner auf eine gemeinsame Sprachregelung verständigt, versprachen Widerstand gegen "jeden Versuch für unilaterale Veränderungen des Status Quo durch den Einsatz von Waffengewalt", so Präsident Yoon.

    Annäherung zwischen Japan und Südkorea stößt nicht nur auf Zuspruch

    Das Bündnis ist auch deshalb historisch, weil das Verhältnis zwischen Südkorea und der ehemaligen Besatzungsmacht Japan zutiefst zerrüttet war. Yoon Suk-yeol und Fumio Kishida stoßen für ihre Annäherungspolitik auch auf heftigen Widerstand in der eigenen Bevölkerung. In Südkorea gibt es eine deutliche Mehrheit gegen die Vertiefung der Beziehungen.
    Präsident Yoon bestätigt das, aber fügt hinzu: "Eine Verbesserung dieser Beziehungen ist wichtig. Es gibt ein gemeinsames Verständnis dafür, dass wir für die Zukunft an unserem bilateralen Verhältnis arbeiten müssen."
    Der japanische Premierminister flankiert: "Unsere beiden Länder sollten angesichts der internationalen Herausforderungen miteinander kooperieren", so Kishida, "darauf basieren meine Freundschaft und das Vertrauen zu Präsident Yoon. Beide Länder sollten als Partner eine neue Ära beginnen."

    Alle für einen: Enge Kooperation als gegenseitige Rückversicherung

    Am Ende schrumpfen diese Differenzen angesichts der Bedrohung durch gemeinsame Gegner, allen voran durch China. Wenn das kommunistische Regime in Peking die Sicherheitsinteressen eines der Länder verletzt, muss es mit Reaktionen aller drei Bündnispartnern rechnen – im Extremfall auch militärischen.
    Die Vereinbarung von Camp David ist also ein politisches und militärisches Signal des Zusammenhalts – auffälliger und gewichtiger, und doch passend zu dem kleinen Zeichen des Ansteckknopfes am Revers des japanischen Premierministers.
    Elmar Theveßen ist Leiter des ZDF-Auslandsstudios in Washington.

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