Zu wenig, zu langsam - die deutsche Rüstungsindustrie hinkt ihren Ansprüchen hinterher. Doch die entscheidenden Hebel halte die Politik in der Hand, heißt es von den Unternehmen.
Die Branche sei in dem Zustand, wie man sie geschaffen habe: So klein wie möglich, sagt Sicherheitsexperte Mölling. Nur die Politik könne mehr investieren und weniger regulieren.22.02.2024 | 13:58 min
Die Kritik an den deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine ist massiv. Das von der EU ausgegebene Ziel, bis März 2024 eine Million Artilleriegeschosse zu liefern, musste sie zuletzt um neun Monate korrigieren.
Aber woran liegt das? Kann die Produktion nicht hochgefahren werden oder fehlt der politische Wille? Im Gespräch bei ZDFheute live sehen Hans Christoph Atzpodien vom Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie und Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik die Verantwortung vor allem bei der Politik.
Sehen Sie oben das gesamte Gespräch im Video oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagten Atzpodien und Mölling...
... zum Vorwurf, die Industrie komme mit der Produktion nicht hinterher
"Wir kommen schon hinterher", meint Atzpodien. Viele Konzerne aber auch Mittelständler hätten ihre Produktion im Vergleich zur Zeit vor dem Ukraine-Krieg deutlich hochgefahren. Die wirtschaftliche Planbarkeit sei jedoch entscheidend - und die Unsicherheiten im Bundeshaushalt hätten diese zuletzt verhindert.
Bei einem russischen Drohnenangriff auf die südukrainische Stadt Odessa sind Behördenangaben zufolge drei Menschen getötet worden. Auch weitere Orte gerieten unter Beschuss. 23.02.2024 | 0:17 min
"Wir haben erstmal mehrere Monate gebraucht, bis der Haushalt überhaupt rechtskräftig war, bis das Sondervermögen rechtskräftig war", so Atzpodien. "Dann ist im Jahr 2022 fast nichts mehr bestellt worden." Richtig losgegangen sei es dann erst im vergangenen Jahr.
Daher müsse auch bei den kommenden Haushaltsplanungen klar sein, dass der Bund mehr für Verteidigung und für Beschaffung ausgeben will. "Es braucht langfristige Planbarkeit und langfristige Abnahmegarantien."
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... zum Tempo der Produktionsausbaus
Die Industrie sei heute in einem Zustand "weitestgehend wie man sie in den letzten 30 Jahren geschaffen hat", sagt Christian Mölling. "Das heißt: So klein wie möglich." Um "den Sprung nach vorne" zu machen, könne nur die Politik die Weichen stellen.
... über politische Handlungsoptionen
Atzpodien nennt vor allem den Bürokratieabbau und die Unabhängigkeit von Zulieferungen als zentrale Bereiche, in denen die Politik handeln könne.
"Wir müssen zum Beispiel die Zyklen und die Prozesse für Genehmigungen für neue Anlagen überarbeiten", erklärt der Rüstungsexperte. "Wir haben ja in den letzten Jahren, als wir die Gasmangellage hatten, das LNG-Gesetz gesehen, was dann den Bau von Terminals erheblich beschleunigt und erleichtert hat. Sowas brauchen wir für Anlagen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie auch."
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Zudem müsse die Politik "Abhängigkeiten überdenken", fordert Atzpodien. Einerseits Abhängigkeiten von ausländischen Rohstoffen und Zulieferungen, andererseits aber auch selbstgeschaffene Abhängigkeiten, etwa, wenn manche Produktionen durch Umweltauflagen in der EU nicht mehr möglich würden.
Um unabhängiger zu werden, müsse zudem für die Entwicklung einzelner Rüstungsgüter mehr Geld in die Hand genommen werden.
... zu fehlerhaften oder schlechten Produktionen der Industrie
Man müsse schauen, dass bewährte Produkte in größerer Serie produziert werden können, meint Atzpodien. Das sei vergleichbar mit der Autoindustrie: "Die erste Vorserie eines neuen Modells hat auch die eine oder andere Macke. Und wir haben in einigen Bereichen eben nur Kleinserien produzieren können", sagt er.
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