Syrien: Was Russlands Rückzug für den Ukraine-Krieg bedeutet
Interview
Experte zu Abzug aus Syrien:Gressel: Russland hat "keine großen Reserven"
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Nach dem Sturz von Machthaber Assad zieht sich Russland offenbar aus Syrien zurück. Moskau habe "keine Kräfte, um eine zweite Front zu halten", erklärt Militärexperte Gressel.
Wenn man im Westen erkennt, dass Russland auch verlieren kann, könnte sich psychologisch und politisch etwas für die Ukraine ändern, sagt Militärexperte Gustav Gressel. 12.12.2024 | 25:20 min
Der Sturz von Machthaber Assad in Syrien hat auch die Position Russlands geschwächt. Präsident Wladimir Putin hatte bis zuletzt das Assad-Regime militärisch unterstützt. Nun muss Moskau um seine Militärbasen in Syrien fürchten. Satellitenbilder zeigen, dass russische Kriegsschiffe den Militärstützpunkt in Syrien verlassen haben. Ein Grund könnte sein, dass Russland seine Kräfte in der Ukraine bündeln will.
Moskaus Truppen sind unterdessen im Osten der Ukraine weiter in Richtung der strategisch wichtigsten Stadt Pokrowsk vorgerückt. Bei ZDFheute live erklärt Militärexperte Gustav Gressel die Lage.
Sehen Sie das ganze Interview oben im Video und lesen Sie hier Auszüge. Das sagt Gustav Gressel ...
... zu den Folgen des Umsturzes in Syrien für Russland und den Ukraine-Krieg:
Lange unterstützte Russland den syrischen Machthaber Assad. Dem Aufstand der Rebellen haben sich russische Streitkräfte allerdings nicht entgegengestellt und räumen jetzt offenbar ihre Militärbasen im Land, was einem Rückzug aus Syrien gleicht.
Mit Blick auf den Ukraine-Krieg wird sich für Russland nach Ansicht von Gressel zumindest militärisch nichts ändern: "Höchstens psychologisch oder politisch". Und zwar wenn Regierungschefs in Europa zu dem Schluss kommen, "dass Russland auch verlieren kann" und verwundbarer sei, als man oft denkt. Zur Zeit sehe man diesen Effekt aber kaum.
Putin sehe, "dass er in der Ukraine nicht wirklich vorankommt" und sogar auf "nordkoreanische Truppen angewiesen ist", so Marcus Faber (FDP), Vorsitzender im Verteidigungsausschuss.29.11.2024 | 5:50 min
... zur Lage an der Ukraine-Front
Die Lage im Osten des Landes um die Stadt Pokrowsk sei enorm schwierig für die Ukraine, sagt Gressel. Pokrowsk ist ein wichtiges Logistikzentrum für das ukrainische Militär. Dass Russland hier weiter voranschreitet, ist nach Ansicht des Militärexperten für die Ukraine ein großes Problem, weil so der Nachschub für die Front leicht gestört werden könne.
Sollte die Ukraine Pokrowsk nicht halten können, wäre das extrem gefährlich für das Land.
Der Assad-Sturz lässt die Ukrainer auf eine militärische Schwäche Russlands hoffen. Dennoch wissen sie über zunehmende Gebietsverluste im Osten, so ZDF-Reporter Timm Kröger.12.12.2024 | 7:15 min
... zur Rekrutierung in Russland
Russland hat nach Einschätzung von Gressel das Problem, dass es mehr Soldaten verliert als rekrutieren kann. Das werde auch strategisch deutlich, indem man sich vor allen Dingen auf den Süden und Südosten der Ukraine konzentriere und andere Offensiven, beispielsweise um Tschassiw Jar oder Kupjansk herunterschraube. Dennoch gebe es auch weiterhin ein gewisses Freiwilligenaufkommen in Russland.
Eine weitere Strategie Russlands bei der Rekrutierung sei es, den Menschen Schuldennachlässe zu versprechen. Wegen der hohen Inflation und stetiger Zinserhöhung könnten viele Russen ihre Kredite beispielsweise für Häuser nicht mehr zahlen, so Gressel.
Die gesamte Sendung zu den Folgen des Umsturzes in Syrien für Russland:
Russland verliert offenbar seine Militärbasen in Syrien. Was das für die Ukraine bedeutet, erklärt Militärexperte Gustav Gressel bei ZDFheute live.12.12.2024 | 35:44 min
Das Interview führte ZDFheute live-Moderatorin Victoria Reichelt, zusammengefasst hat es ZDF-Redakteurin Laura Rosinus.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.