Das Erbe des verstorbenen Samsung-Chefs kommt nicht komplett bei der Familie an, denn Südkorea hat eine hohe Erbschaftssteuer. Ein Vorbild für Deutschland?
Quelle: AFP
Samsung-Konzernchef Lee Kun-hee war einst der reichste Mensch Südkoreas, bis er 2020 verstarb. Seiner Familie hinterließ er 20 Milliarden Dollar, umgerechnet etwa 18 Milliarden Euro. Das Geld kommt aber nicht vollständig bei den Hinterbliebenen an. Denn in Südkorea gilt ein Erbschaftssteuersatz von 50 Prozent, auch auf Vermögen aus Familienunternehmen. Heißt: Die Samsung-Familie muss etwa neun Milliarden Steuern auf ihr Erbe zahlen.
Niedrige Erbschaftssteuer in Deutschland
Der Fall könnte anregen auch über das deutsche Steuersystem nachzudenken, meint Jens Boysen-Hogrefe vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel: "Bei deutlich niedrigeren Steuersätzen als in Südkorea wäre eine Besteuerung von Unternehmensvermögen durchaus tragbar", meint er. Bisher werden Betriebsvermögen in Deutschland geschont, sie sind von der Erbschaftssteuer ausgenommen. Riesige Summen gehen deshalb oft komplett an die
Erben über.
In Zeiten, in denen die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht, gibt es immer mehr Kritik an dieser deutschen Steuerpraxis. Inzwischen gibt es sogar Initiativen von
Superreichen, die für eine gerechtere Besteuerung werben - auch über die deutschen Grenzen hinaus. Zuletzt hatte
Marlene Engelhorn, BASF-Erbin aus Wien, angekündigt, einen großen Teil ihres Erbes über einen Bürgerrat zu verteilen.
Vermögen in Deutschland: Zweifel an deutscher Praxis wachsen
Allein in Deutschland besitzen die reichsten 10 Prozent in der Vermögensverteilung 67,3 Prozent des Gesamtvermögens. An der Erbschaftssteuer wird bisher trotzdem nicht gerüttelt: Die aktuellen Steuerregeln unterstütze Familienunternehmen und erhalte ihre Wettbewerbsfähigkeit, so die Argumentation bisher. Außerdem könne das Geld den Betrieben nicht entnommen werden, ohne deren Existenz zu gefährden, heißt es oft.
Doch die Zweifel daran wachsen, auch unter führenden Experten. Monika Schnitzer etwa kritisiert die niedrigen Steuersätze für Unternehmenserben. Die Wirtschaftsweisin glaubt, eine anfallende höhere Erbschaftsteuer könne auch über mehrere Jahre aufgeteilt und abgezahlt werden.
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Vorteile von deutschen Steuersätzen für Eigentümer
Eine Regelung wie in Südkorea werde in Deutschland aber kaum über Nacht eingeführt, sagt Boysen-Hogrefe vom IfW. Alles andere sei ein erheblicher Eingriff in die Eigentumsrechte, so der Experte. Deutschland könne dann als Wohnort zusätzlich unattraktiv werden: für Kapitaleigentümer, die in der Regel recht hohe
Einkommenssteuern zahlen.
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Samsung-Familie: Steuern sind Bürgerpflicht
In Südkorea gibt es bisher kaum Kritik an den hohen Steuern für Erben. Die Familie von Lee Kun-hee hatte zuletzt gemeinsam Aktien des Unternehmens verkauft - im Wert von zwei Milliarden Dollar. Damit soll eine Rate der festgesetzten Steuerschuld gezahlt werden, die Steuerlast wird über mehrere Jahre verteilt. Es ist eine der größten Steuerzahlungen der Welt. Schon 2021 teilte die Familie als Reaktion auf die Steuerrechnung mit: "Es ist unsere Bürgerpflicht und Verantwortung, all unsere Steuern zu zahlen."
Superreiche Gelassenheit - und nicht nur das: Die Familie hat außerdem angekündigt, weiteres Geld für das Gesundheitswesen zu spenden sowie mehr als 20.000 Kunstwerke und Antiquitäten aus Lee Kun-hees Sammlung zu spenden.
Um 95 Prozent ist der Gewinn des Elektronikriesen Samsung im zweiten Quartal eingebrochen. Die Krise der Chipbranche macht dem südkoreanischen Unternehmen zu schaffen.