So will Millionenerbin Engelhorn ihr Geld gerecht verteilen

    25 Millionen:So will Engelhorn ihr Erbe gerecht verteilen

    Britta Hilpert
    von Britta Hilpert
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    Erbin Marlene Engelhorn will 25 Millionen Euro aus ihrem Vermögen "zurückgeben" und es gerecht verteilen - ohne ihre Mitsprache. Dazu setzt sie nun einen Rat aus Bürgern ein.

    Millionenerbin verteilt Geld
    Die Wienerin Marlene Engelhorn ist durch den Verkauf eines Konzerns zur Multimillionärin geworden. 25 Millionen Euro sollen nun an die Allgemeinheit vergeben werden.10.01.2024 | 2:07 min
    Ein paar Tausend Einwohner*innen des kleinen Österreichs bekommen am heutigen Mittwoch einen Brief mit einem Angebot: Möchten Sie am "Guten Rat" teilnehmen? Möchten Sie mitwirken, 25 Millionen Euro gerecht zu verteilen? Absenderin ist die Millionenerbin Marlene Engelhorn. Sie möchte ihr Erbe auf demokratischen Wege verteilen.
    "Ich habe nur die Geburtenlotterie gewonnen", so erklärt sie ihren Reichtum.

    Ich finde nicht, dass Geburt bestimmen sollte, welchen Platz ich in einer Gesellschaft habe. Wir sind in einer Demokratie.

    Marlene Engelhorn, Millionenerbin

    Aus denjenigen, die auf ihren Brief reagieren, soll ein wissenschaftliches Team einen repräsentativen Querschnitt der Gesellschaft einladen: 50 Teilnehmer*innen soll der "Gute Rat" haben.

    ...ist Nachfahrin des BASF-Gründers Friedrich Engelhorn, der sein Vermögen unter anderem in die Firma C.F. Boehringer und Söhne investierte, welche die Familie Engelhorn später vollständig übernahm (Boehringer-Mannheim-Gruppe). Der Großteil des Erbes von Marlene Engelhorn stammt aus dem Verkauf jener Boehringer-Mannheim-Gruppe. Engelhorn hat die deutsche und die österreichische Staatsbürgerschaft.

    Engelhorn: Reiche werden zu wenig besteuert

    Engelhorn will mehr, als einmal etwas Gutes zu tun. Seit Jahren wirbt sie um Aufmerksamkeit für ein strukturelles Problem: Reiche, so meint sie, werden in Österreich und Deutschland zu gering besteuert.
    Junge Frau mit kurzen, dunklen Haaren und Brille in Mantel und Schal vor einem öffentlichen Gebäude mit Säulenvorhalle und Reiterstatue.
    Die Erbin Marlene Engelhorn kämpft seit Jahren für eine höhere Besteuerung von Reichen. Sie kritisiert Überreichtum als undemokratisch.23.05.2023 | 3:55 min
    Darüber schreibt sie Bücher, dafür nimmt sie teil an Demonstrationen, auf denen auch schon mal ein riesiger blauer Elefant aufgeblasen wird. So, wie der dank permanenter Luftzufuhr leicht schwankend in der Innenstadt steht, so ist es auch mit der steuerlichen Ungerechtigkeit: unübersehbar, und doch leicht zu entfernen. Man müsste nur ein Ventil öffnen. 

    Das kann ja nicht sein, dass ich einen zweistelligen Millionen-Betrag erbe und dafür keinen Cent Steuern zahlen muss. In Österreich gibt es nämlich keine Erbschafts- und Schenkungssteuer.

    Marlene Engelhorn, Millionenerbin

    Sie kritisiert auch die Steuer in Deutschland: "Und die in Deutschland ist so ein Schweizer Käse von Ausnahmen, dass ich mir Mühe geben muss, nicht durch eine dieser Ausnahmen durchzufallen."

    Die Erbschaftsteuer wird auf den Nachlass eines Verstorbenen erhoben. Je nachdem, wie die Erben mit dem Verstorbenen verwandt waren, gelten unterschiedlich hohe Freibeträge:

    • für einen Ehepartner etwa 500.000 Euro
    • für ein Kind 400.000 Euro

    Wer von seinem Partner ein Haus oder eine Wohnung erbt und darin anschließend wohnt, zahlt in der Regel unabhängig vom Wert keine Erbschaftsteuer; für Kinder gilt dies bis zu einer Wohnfläche von 200 Quadratmetern.

    Ansonsten greifen unterschiedlich hohe Steuersätze bis maximal 50 Prozent. Die gleichen Regeln gelten jeweils für Schenkungen, also die Weitergabe von Vermögenswerten zu Lebzeiten. Erbschaft- und Schenkungsteuer stehen komplett den Bundesländern zu.

    Quelle: dpa

    Österreicherinnen finden Idee von Engelhorn gut

    In Österreich kommt ihre Idee, ihr Geld durch einen "Guten Rat" zu verteilen, gut an. "Ich finde, dass Frau Engelhorn damit zur Demokratie beiträgt", meint beispielsweise Paula Stegmüller, "die 25 Millionen sind nicht verschenkt, sie sind eine Aufforderung sich Gedanken zu machen über diese Lücke zwischen Arm und Reich!"
    Und Melanie Edelhofer sagt:

    Tendenziell ist das ein Schritt in die richtige Richtung. Aber es hilft auch nicht viel, wenn nur eine Person das macht. Und dann auch nur aus der Güte ihres Herzens und nicht, weil es vorgegeben ist.

    Melanie Edelhofer, Österreicherin

    Engelhorn facht Debatte über Erbschaftssteuer an

    Nur einer Steuer könne man trauen, das Geld der Reichen besser zu verteilen, meint auch Engelhorn. Da der Staat dabei seine Pflicht versäume, sucht sie nun die 50 repräsentativen Bürger*innen, die bestimmen sollen, wohin ihr Geld geht.
    Kassandra, Christian und Heike mit Geldscheinen im Vordergrund
    20.000 Euro vom Staat für alle 18-Jährigen - egal, ob arm oder reich. Für mehr Chancengleichheit und Vermögensaufbau. Revolutionäre Idee oder völliger Quatsch?19.02.2024 | 42:26 min
    Im österreichischen Wahljahr hat sie damit eine Debatte um die Erbschaftssteuer wiederbelebt. Der ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker lehnte noch am gleichen Tag eine solche Steuer ab:

    Das ist aus der Mottenkiste der Linken: 'Nehmen wir es den Reichen, geben es den anderen.‘ Wir wollen stattdessen die Bürger entlasten, nicht belasten.

    Christian Stocker, ÖVP-Generalsekretär

    Aber in der oppositionellen SPÖ hat das Thema eine Heimat, denn der relativ neue Vorsitzende Andreas Babler macht eine Erbschaftssteuer zur Koalitionsbedingung: "Wir sind eines der wenigen Länder, die Erben überhaupt nicht besteuern. Wir, die wir arbeiten, müssen Steuern zahlen, bei jeder Wurstsemmel wird besteuert, aber bei den Millionen-Erben schaut man weg."
    Altes Eckhaus
    Hohe Immobilienpreise führen zu hohen Erbschaftssteuern. Nicht jeder Erbende kann sich das leisten. Und so steigen im Nachgang die Mietkosten für die Hausbewohner.22.11.2023 | 6:30 min

    Nur wenig Vorgaben für den "Guten Rat"

    Sechs Wochenenden lang soll der "Gute Rat" Ideen sammeln und diskutieren, dafür bekommen die Teilnehmer*innen eine Aufwandsentschädigung. Sie haben nur geringe Vorgaben: Die Vorschläge müssen sich im Rahmen der demokratischen Verfassung und Menschenrechte bewegen und sie dürfen nicht profitorientiert sein.
    Engelhorn selbst hat kein Mitspracherecht im "Guten Rat". Das sei gelebtes demokratisches Prinzip: "Was mache ich, wenn es mir nicht gefällt? Dann muss ich damit leben. So ist das eben in der Demokratie, sie ist eine verdammte Zumutung und wir bekommen es nicht genau so, wie wir es wollen."
    Britta Hilpert ist Leiterin des ZDF-Auslandsstudios Wien.

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