Kennedy-Kandidatur: Schadet sie eher Biden oder Trump?
Analyse
US-Wahl:Schadet Kennedy eher Biden oder Trump?
von Anna Kleiser und Robert Meyer
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Keine Wahl außer Biden oder Trump? Auch der Unabhängige Robert F. Kennedy Jr. tritt an. Chancen auf einen Sieg hat er nicht, trotzdem könnte seine Kandidatur die Wahl entscheiden.
Robert F. Kennedy Jr. könnte Biden wie Trump Stimmen kosten.
Quelle: Reuters/Eduardo Munoz
Wieder Biden vs. Trump? Was in Deutschland viele den Kopf schütteln lässt, bringt auch viele Menschen in den USA zum Stöhnen. "Frustrierend", "nervig", "furchteinflößend", "unfassbar, dass das alles ist, was wir zu bieten haben", sind Kommentare, die uns aus vielen Wählergruppen entgegenschlagen. In Philadelphia bringt es eine junge schwarze Frau so auf den Punkt:
Biden und Trump sind unbeliebt
Sie ist nicht die einzige. Anfang des Jahres sagten zwei Drittel der befragten US-Amerikaner*innen in einer Umfrage von Reuters und Ipsos, dass sie der immer wieder selben Kandidierenden überdrüssig seien und sich neue Gesichter wünschten. Selbst unter Demokraten und Republikanern wollen viele nicht, dass ihre Kandidaten nochmal antreten.
Selten waren zwei Präsidentschaftskandidaten in den USA so unbeliebt. Nur im Rennen zwischen Donald Trump und Hillary Clinton vor acht Jahren erreichten beide ähnlich schlechte Werte.
Selten waren die Kandiderenden so unbeliebt
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Diese Unzufriedenheit ist der perfekte Nährboden für andere Kandidierende wie Robert F. Kennedy Jr. (RFK). Der ehemalige Anwalt stellt sich als Umweltschützer und Staatsdiener dar, zudem setzt er auf Anti-Establishment-Botschaften: Washington und die Wall Street seien das Problem.
Robert F. Kennedy Jr. trägt wie sein Vater auch die Spitznamen Bobby oder RFK. Politik begleitet durch seinen Vater, Senator Robert F. Kennedy, und seinen Onkel, US-Präsident John F. Kennedy, schon immer sein Leben. Er war in Familientradition lange Demokrat und hat seine Kandidatur zunächst auch als Demokrat angekündigt, sich dann aber gelöst und tritt seither als unabhängiger Kandidat an. Ein Großteil seiner Bekanntheit geht auf seinen Familiennamen zurück.
Der 70-Jährige machte sich als Umweltanwalt in New York einen Namen, er sagt großen Konzernen den Kampf an. In Deutschland wurde er während der Corona-Pandemie als Impfskeptiker bekannt und hatte hier auch einige Auftritte. Viele seiner Positionen sind nicht klar politischen Kategorien zuzuordnen, in Teilen sind seine Botschaften auch widersprüchlich. Dadurch finden sowohl demokratische als auch republikanische Wähler*innen Anknüpfungspunkte.
Andrew Cottingham (24) aus Illinois war dabei, als Kennedy bekanntgab, zu kandidieren. Seither hat er ihn mehrfach getroffen und sieht in ihm einen Kandidaten, der verbindet. Auch die 28-jährige Allie Miller will ihn wählen:
Die beiden anderen Kandidaten hält sie für unqualifiziert. Evelyn Burnett (78) aus Kalifornien sagt, Kennedy sei der beste Kandidat. Sie ist sich sicher:
Kann Kennedy Präsident werden?
Wenn es nach Kennedys Kampagne geht, gibt es einen "klaren Weg zum Sieg". Es sei eine "historische Chance", sich aus dem Würgegriff des Zwei-Parteien-Systems zu befreien und in eine "neue Ära in der amerikanischen Politik" überzugehen.
Fachleute wie Politologin Tammy Greer von der Georgia-State-Universität sehen das anders. Sie lacht auf die Frage nach Kennedys Chancen und betont: Er müsse sagen, er könne gewinnen, sonst mache es keinen Sinn, anzutreten. Eine Chance habe er nicht. In Umfragen liegt Kennedy nur bei rund zwölf Prozent.
Umfragen: Kennedy auf Platz 3 (Stand: 03.05.24)
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In den USA gilt das Mehrheitswahlrecht: Wer die meisten Stimmen in einem Bundesstaat erhält, bekommt sämtliche Wahlleute für das Electoral College. Wenn Trump zum Beispiel in Michigan mit 43 Prozent vorne liegt, bekommt er alle 15 Stimmen aus dem Staat. Alle anderen - und damit auch Kennedy - gehen leer aus. Kennedy müsste also in vielen Staaten vor Biden und Trump liegen, um eine Chance auf das Präsidentenamt zu haben. Davon ist er weit entfernt. Kennedy ist mit diesem Problem aber nicht allein: Schon zahlreiche Kandidierende wollten in der Vergangenheit die Vorherrschaft von Demokraten und Republikanern brechen. Aber selbst der erfolgreichste Drittkandidat in der jüngeren US-Geschichte - der Unternehmer Ross Perot im Jahr 1992 - konnte sich mit 19 Prozent der Stimmen keine einzige Stimme im Electoral College sichern.
In den USA wird der Präsident nicht direkt von der Bevölkerung gewählt. Zuständig ist dafür stattdessen ein 538-köpfiges Wahlgremium, das Electoral College, stellvertretend für die Wählenden. Dessen Delegierten werden von den Bundesstaaten entsprechend des Wahlergebnisses im Staat entsandt.
Kennedy könnte Biden und Trump entscheidende Stimmen kosten
Doch genau diese zwölf Prozent könnten die Wahl trotzdem entscheiden, wenn sie am Ende Biden und Trump in diesem engen Rennen fehlen.
Wem der beiden die Kennedy-Kandidatur mehr schadet, ist aber nicht leicht zu beantworten. Auf den ersten Blick scheint es auf der Hand zu liegen: Kennedy ist in der Demokratischen Partei ein schillernder Name und damit eher ein Problem der Biden-Kampagne. Die Mehrheit der heutigen Kennedy-Anhänger*innen hat laut Emerson-Umfrage 2020 für Biden gestimmt - Kennedy ist damals nicht angetreten.
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Doch laut aktuellen Umfragen könnte RFK Jr. beiden Kandidaten gefährlich werden. Denn: Kennedy ist unter Republikanern deutlich beliebter als unter Demokraten - seine Anti-Establishment-Rhetorik rückt ihn näher an Trump. Ein möglicher Hinweis darauf, dass er bei Trump mehr Stimmen abgreifen könnte als bei Biden.
Drittkandidierende in Umfragen oft beliebter als am Wahltag
Das Problem bei diesen Umfragen: Sie lassen sich in den USA nicht so einfach in Wahlergebnisse übersetzen. Durch das Mehrheitswahlrecht liegt der Fokus auf den beiden Kandidaten von Demokraten und Republikanern. Bisherige Daten zeigen, dass Drittkandidierende in Umfragen besser abschneiden als bei der Wahl. Das bestätigt auch Analyst Lucas Holtz von der Denkfabrik Third Way. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass die tatsächliche Unterstützung für RFK weitaus geringer sein wird, sobald die Wähler mehr über ihn wissen."
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In einer Umfrage ohne echte Auswirkungen lässt sich der Unmut leichter ausdrücken als am Wahltag. Dann müssen sich die Wähler*innen entscheiden, ob sie ihre Stimme einem Kandidaten ohne reelle Chance wie Kennedy geben, überhaupt nicht an die Urne gehen - oder zähneknirschend doch Biden oder Trump wählen.
Sind Biden und Trump wegen Kennedy besorgt?
In den vergangenen Wochen ist die Aufmerksamkeit für RKF Jr. gestiegen. Zum einen, weil ein anderes unabhängiges Projekt, No Labels, hingeschmissen hat. Zum anderen, weil nun sicher ist, dass er in Swing States wie Michigan auf dem Stimmzettel steht. Dass Kennedy relevanter geworden ist, merkt man auch an den Reaktionen von Biden und Trump.
Dabei passiert etwas Spannendes: Trump, seine Kampagne und die Republikaner versuchen, RFK Jr. als radikalen Demokraten oder Linken darzustellen. Gleichzeitig versuchten Joe Biden und seine Kampagne, ihn in die Nähe von Trump rücken, als verkappten Republikaner zu zeichnen, mit Hang zu Verschwörungen.
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Der Wahlkampf in den USA hat gerade erst begonnen
Die Kampagnen laufen sich gerade erst warm. Wem Kennedys Kandidatur mehr schaden wird, ist aktuell unklar. Für viele Wähler*innen scheint er eine echte Alternative, gleichzeitig haben sich seine Beliebtheitswerte in den vergangenen Wochen verschlechtert.
Was halten die Befragten von Kennedy?
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