Ministerin im Sahel: Wie weiter nach dem Putsch im Niger?

    Ministerin Schulze im Sahel:Wie weiter nach dem Putsch im Niger?

    Ines Trams
    von Ines Trams
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    Der Besuch von Ministerin Schulze in Mauretanien und Nigeria steht unter dem Vorzeichen der Niger-Krise. Gibt es einen friedlichen Lösungsweg? Und wie geht es weiter in der Region?

    Entwicklungsministerin Svenja Schulze während eines Gesprächs mit Ecowas-Präsident Omar Touray in Nigeria.
    Entwicklungsministerin Svenja Schulze während eines Gesprächs mit Ecowas-Präsident Omar Touray in Nigeria.
    Quelle: Leon Kuegeler/Photothek.de

    Im prasselnden Regen landet Entwicklungsministerin Svenja Schulze in Abuja, es ist Regenzeit in Nigeria. Voll Spannung ist sie hierhergekommen, um von Omar Touray, dem Präsidenten der westafrikanischen Staatenunion Ecowas, aus erster Hand zu hören, wie es um die Verhandlungen mit den Putschisten in Niger steht. Und wie ein Weg zurück zu demokratischen Strukturen aussehen könnte.

    Schulze: "Friedliche Lösung" wichtig

    Doch nach dem Gespräch kann die deutsche Ministerin eher wenig berichten. Touray habe ihr "einen guten Einblick" über die "Situation im Moment" gegeben, etwa, wie sich die Sanktionen auf die Bevölkerung im Niger auswirkten. Man sei sich einig gewesen, dass im Zentrum eine friedliche Lösung stehen müsse.
    Die Gespräche der Ecowas mit den Putschisten gestalten sich schwierig, alles ist im Fluss, wenig soll nach außen dringen. Schulze ihrerseits habe zugesagt, Ecowas weiter zu unterstützen, hieß es. Direkt nach dem Putsch hatte das Geber-Bündnis für die Region, die Sahel-Allianz - deren Präsidentin Schulze derzeit ist - die Entwicklungshilfe für Niger komplett eingefroren. Wie man hört, auf Bitten der Ecowas.
    Ministerin Svenja Schulze war vor ihrem Besuch in Nigeria in Mauretanien:

    Ecowas-Staaten in der Zwickmühle

    Die westafrikanische Staatengemeinschaft unter der Leitung von Nigeria ist in einer Zwickmühle. Auch aus ureigenem Interesse am eigenen politischen Überleben wollen die Teilnehmerstaaten der Reihe von Putschen in der Region nicht weiter tatenlos zusehen. Die Drohkulisse einer militärischen Intervention - sollte Niger nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung zurückkehren - bleibt bestehen. Doch nicht einmal in Nigeria stößt das auf ungeteilte Zustimmung.
    Alle wissen: Eine kriegerische Auseinandersetzung würde die Instabilität in der Region enorm verschärfen, nicht zuletzt wegen neuer Flüchtlingsströme, die kaum vorherzusagen sind. Auch die Sanktionen gegen den Niger - Nigeria hat beispielsweise die Stromlieferungen eingestellt - sind nicht ohne Risiko. Sie erhöhen das Leid der Menschen in Niger und könnten sie in die Arme der Putschisten treiben.
    ZDF-Reporter Jan Fritsche zur Lage im Niger:

    Mauretanien - der neue Stabilitätsanker im Sahel?

    Vor der Visite in Nigeria war Ministerin Schulze in Mauretanien - ein seit langem geplanter Besuch. Nach dem Putsch im Niger stand die Reise nun ganz unter neuen Vorzeichen. Wie geht es jetzt weiter im Sahel? Was kann die deutsche Rolle sein? Und: Ist Mauretanien der neue Partner für Europa, dem im Sahel die Verbündeten wegbrechen?
    Nachdem die Junta im westafrikanischen Mali klar gemacht hatte, man wolle die internationalen Truppen nicht mehr im Land haben, hatte Europa, auch Deutschland, Niger in den letzten Monaten als neuen Stabilitätsanker hochstilisiert. Eine große Fehleinschätzung, auch der deutschen Regierung. Eine neue Fehleinschätzung will man vermeiden.
    ZDF-Hauptstadtkorrespondent Andreas Kynast sieht die Sahel-Strategie der Regierung "in Trümmern":

    Letzte verbleibende Demokratie im Sahel

    Doch man sieht sich gezwungen, auf die letzte verbleibende Demokratie im Sahel zu setzen. Es gilt schließlich, Terror abzuwehren und Migrationsrouten einzudämmen. Und das kleine Mauretanien nimmt viele Geflüchtete auf - 180.000 sind es bereits, sie dürfen arbeiten und werden ansatzweise integriert. 70 Prozent von ihnen bleiben in Mauretanien. Das ist Deutschland wichtig.
    Aber - wäre hier nicht ein ähnliches Szenario wie im Niger denkbar? Auf diese Frage des ZDF antwortet Wirtschaftsminister Abdessalam Saleh "Wir sind ein stabiles Land mit einer gefestigten demokratischen Kultur." Richtig ist, dass die Regierung eine gewisse politische Stabilität hergestellt hat in dieser heterogenen Gesellschaft mit ihren vielen Ethnien und Stämmen. Doch auch im Niger hat niemand den Putsch kommen sehen.
    Wird Russland von den politischen Turbulenzen im Sahel profitieren?

    Schulze will Hilfsangebote ausbauen

    Auf die Frage, wie die deutsche Regierung eine erneute Fehleinschätzung vermeiden könne, woher Schulze den Optimismus nehme, auf Mauretanien zu setzen, antwortete sie zurückhaltend bis vorsichtig. Die Sahelzone sei eine sehr instabile Region. Umso wichtiger sei es, jetzt erst recht Präsenz zu zeigen und Hilfsangebote auszubauen. Das Wort Stabilitätsanker nimmt sie nicht mehr in dem Mund.
    Partnerschaftlichkeit - der neue Plan für den Sahel? Klar scheint für Schulze, die Region zu stabilisieren, sei jede Anstrengung wert: Arbeitsplätze schaffen, Perspektiven für die vielen jungen Menschen, Staatlichkeit herstellen in Regionen, wo es keine staatlichen Strukturen gibt.

    Die Lösungen, die müssen hier aus der Region kommen.

    Svenja Schulze, Entwicklungsministerin

    "Und das, was wir tun, ist, partnerschaftlich hier zusammenzuarbeiten, immer wieder zu helfen, diese Region zu stabilisieren. Und das gelingt in vielen Fällen, aber das gelingt auch nicht immer." Es klingt ein bisschen, als greife man nach einem letzten Strohhalm. Der Sahel wird lange eine Unruhe-Region bleiben. Auch die Ministerin weiß aus der jüngsten Vergangenheit: Für alle Unterstützungsversuche gibt es keine Garantie.

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    Autos auf einer Straße in Nigers Hauptstadt Niamey. Archivbild; 07.08.2023; Niamey, Niger

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