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Exil-Journalist zu Nawalny-Haft:Urteil gegen "ganze russische Gesellschaft"
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Der russische Exil-Journalist Kirill Martynov spricht im ZDF heute journal über das neue Urteil gegen Kremlkritiker Nawalny. Die Repressionen im Land seien "wie zu Zeiten Stalins".
Kirill Martynov ist Chefredakteur der russischen Tageszeitung "Novaja gaseta Europe". Doch arbeiten können er und seine Redaktion nur noch aus dem Exil, die Zeitung erscheint noch online. Zu unsicher ist die Lage in Russland, zu hart die Repressionen des Putin-Regimes gegen Oppositionelle und Andersdenkende. Das zeigte sich erst heute wieder am Urteil gegen Alexej Nawalny, der in Russland zu weiteren 19 Jahren Haft verurteilt wurde.
Im ZDF heute journal ordnet Kirill Martynov das Gerichtsverfahren gegen Alexej Nawalny ein und spricht über die Folgen für die russische Gesellschaft.
Sehen Sie oben das ganze Interview im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Martynov darüber, ...
... was das Urteil gegen Nawalny mit ihm persönlich macht
Kirill Martynov: Ich glaube, dieses Urteil ist nicht nur ein Urteil gegen Nawalny, sondern gegen die ganze russische Gesellschaft - die bürgerliche Gesellschaft, die versucht, unabhängig von der Regierung zu sein und die versucht, eigene Meinungen und Werte zu haben. Was, glaube ich, nah dran ist an europäischen Werten.
Und die Regierung erklärt einen zum Terroristen oder Extremisten. Nur weil man Präsident Putin kritisiert und glaubt, man hätte politische Rechte in Russland. Und das war das eigentliche Verbrechen von Nawalny.
... ob er im Exil Angst vor dem langen Arm des russischen Staates hat
Martynov: Ich habe keine Angst und ich hoffe, dass die Menschen, die gegen Putin und seine Regierung und seinen schrecklichen Krieg sind, auch nicht ängstlich sind.
Aber ich verstehe, dass viele Menschen, die in Russland leben müssen, möglicherweise verängstigt sind wegen dieser Sache. Weil sie ihren Mund nicht aufmachen können gegen Putin, gegen seine Regierung oder dessen kriminellen Krieg. Und das ist ja letztlich das Ziel dieser Verurteilung. Wie zu Zeiten Stalins.
... was Nawalny durch sein Vorbild aus der Haft erreichen kann
Martynov: Er hat keine Angst. Das Wichtigste an diesem moralischen Wert ist, keine Angst vor Präsident Putin zu haben. Ich kann es nicht direkt vergleichen, aber es ist wahrscheinlich die gleiche Wahl, die die Ukrainer ergriffen haben, während dieser kriminellen Aggression durch die Russische Föderation und Präsident Putin. Sie haben gesagt, sie haben keine Angst vor der russischen Aggression.
Das war die moralische Bedeutung seiner Wahl, die er getroffen hat.
... was aus einem Russland ohne Putin werden könnte
Martynov: Wir kennen ja die Geschichte und die Geschichte sagt uns, dass nach dem Tode Stalins kein Wunder geschah. Die UdSSR wurde nicht plötzlich ein besserer Ort oder veränderte sich nicht völlig. Sie haben das kommunistische Regime nicht verlassen. Aber gleichzeitig wurden viele politische Gefangene freigelassen. Die Repression wurde milder und es wurde ein Land, das verschiedene Schritte zur Normalisierung ergriffen hat.
Und man muss realistisch sagen, dass jede Regierung nach Putin ein paar Schritte ergreifen muss, um ihre Beziehung zum Rest der Welt und zu Europa zu normalisieren. Das könnte also passieren, noch während der Lebenszeit unserer Generation. Denn Diktatoren können nicht so lange überleben. Deutschland und Russland wissen das ganz genau.
Quelle: ZDF
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